Rezension zu "Wie man die lebenswerteste Stadt der Welt überlebt" von Andreas Rainer
Angeblich soll Wien die lebenswerteste Stadt der Welt sein. Wer legt denn so etwas fest? Denkt man nur ein wenig über solche Behauptungen nach, dann erschließt sich ihre inhaltliche Leere recht schnell. Woher soll ein Nicht-Wiener einschätzen, ob Wien eine lebenswerte Stadt ist, wenn er dort nicht lebt? Es ist einfach Blödsinn oder Marketing, was so ziemlich das Gleiche ist. Und dann der Untertitel: Wie man die lebenswerteste Stadt der Welt überlebt. Du meine Güte, was für ein Schmarrn. Es gibt Schlimmeres.
Was man allerdings mit diesem Büchlein geliefert bekommt, ist ein wenig der Gemütszustand einiger (oder vieler, wer weiß das schon?) Wiener. Irgendeine pathologische Mischung aus Arroganz, Genervtheit und wer weiß was sonst noch. Man ist dann wenigstens nicht mehr überrascht, wenn man als Besucher davon betroffen ist. Die sind halt so, die lieben Wiener.
Man kann über den eigenwilligen Charme schon lachen, der aus diesem Text hervorquillt. Und über eine gewisse Schlagfertigkeit mancher Wiener Zeitgenossen. Ob das typisch ist? Wer weiß das schon? Lustig ist es auf alle Fälle. Wenn man nicht gerade zum unmittelbaren Ziel solcher Ausfälle wird. Denn wer will schon auf die Frage, wo denn der Hauptbahnhof sein, die dämliche Antwort bekommen, dass hier nicht ist.
Vielleicht ist Wien einfach nur eine Stadt kollektiv überreizter Gestalten, die bloß ihre Ruhe von den anderen haben wollen, ihnen aber nicht aus dem Wege gehen können. Der menschliche Irrsinn scheint allgegenwärtig zu sein und führt in Wien zu einer speziellen sarkastischen Ausprägung, die mancher offenbar für eine kulturelle Besonderheit hält.
Ich habe zwar oft grinsen müssen, aber sympathischer ist mir der angeblich typische Wiener nicht geworden.