Cover des Buches Die schlafende Stadt (ISBN: 9783942167703)
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Rezension zu Die schlafende Stadt von Andreas Steiner

Rezension zu "Die schlafende Stadt" von Andreas Steiner

von juergen_eglseer vor 11 Jahren

Rezension

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juergen_eglseervor 11 Jahren
Man ist grundsätzlich schon erstaunt, wenn ein dem Rezensent unbekannter (Neu?)-Autor mit einem Buch aufwartet, das äusserlich von höchster Qualität erscheint. Gut gebunden, schönes Titelbild, Schutzumschlag, komplett illustriert - eine aufwändige Produktion, die man zumindest für Neuautoren nicht unbedingt erwartet. Angesichts der herausragenden Qualität des Buches an sich, stellt sich dem Rezensenten nun die bange Frage, ob auch der Inhalt dem äusseren Schein gerecht wird, oder ob man hier bitter entäuscht wird. Andreas Steiner hat vordergründig einen Mystery-Roman mit satten Fantasy-Elementen geschrieben. In einer dystopisch erscheinenden Stadt auf einer namenlosen Insel vegetieren die dort lebenden Menschen in einem für sie engst abgesteckten Lebensrahmen vor sich hin. Jedem ist ein Beruf zugewiesen, jedem ist der Tagesablauf vorgeschrieben - wobei "Tag" hier der falsche Ausdruck ist, denn das Leben findet ausschliesslich Nachts statt. Darius ist Astronom und muss neben der Pflege der entsprechenden Instrumente auch hier und da einen Auftrag zur Berechnung diverser Sternkonstellationen durchführen. Begleitet wird er von Beda, einem nicht sehr redseligem Faktotum, der im Laufe des Romanes mehr als Wächter denn als Assistent erscheint. Darius macht sich bis zu einem bestimmten Augenblick - wie alle Menschen auf der Insel - keine Gedanken über seine Situation und über seine Stellung. Doch dan durchbricht etwas seine starre Schale und er beginnt, über sich selbst als Person nachzudenken und sich seiner selbst bewußt zu werden. Wer ist er eigentlich? Was stellt die Insel dar? Durch seine neugierigen Wanderungen durch die Stadt macht er zwei gegensätzliche Organisationen, die im Hintergrund die Fäden in der Hand halten, auf sich aufmerksam. Beide wollen den frisch "erwachten" Darius für sich gewinnen - oder vernichten, falls dieser nicht einwilligt. Und so beginnt Darius den Weg zur Wahrheit auf einem sehr schmalen Grat zwischen Licht und Dunkel. Was macht das Buch angesichts einer grundsätzlich klassisch erzählten Erweckungsgeschichte so interessant? Steiner erzählt nicht nur die Geschichte von Darius, sondern schildert auch die Erlebnisse verschiedenster Persönlichkeiten und Familien. Beginnend vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart kann man die einzelnen Stammbaumzweige der Protagonisten szenenhaft begleiten. Beginnt man das Buch, wird man angesichts der nur auf den ersten Blick in sich abgeschlossenen Episoden vielleicht müde, oder auch verwirrt- doch man sollte trotz vielfältiger Informationen und Erzählungen hier weiterlesen, denn der eigentliche Aha-Effekt kommt dann langsam im mittigen Bereich von "Die schlafende Stadt". Was erst langsam erkennbar wird - alles hängt miteinander zusammen! Andreas Steiner hat mit seinem Roman eine höchst miteinander verflochtene Familien-Geschichte mit phantastischen Elementen geschrieben - ein Umstand der mich als Leser höchst beglückt, denn nur die wenigsten Autoren schaffen derart auf diesem logischen und intelektuellen Niveau. Zusätzlich kann Andreas Steiner mit einem schriftstellerischen Talent punkten, das mich zudem erfreut. Die einzelnen, in den verschiedensten Zeitebenen angesiedelten Episoden sind jeweils überzeugend in ihrer Sprache und in ihrer Ausdrucksweise. Die Protagonisten werden lebendig und mitreissend geschildert, die Spannung insgesamt steigt im Laufe des Romans parallel mit dem Erkennen der Vernetzung der Erzählebenen. Angesichts der eigentlich nur positiven Gesichtspunkte und dem bisherigen, das ich in diesem Jahr lesen durfte, steht Andreas Steiner in der Rangfolge "Bestes Buch des Jahres" mit Sicherheit auf einem der Spitzenplätze. Es ist anspruchsvoll, durchdacht, gut geschrieben, mitreissend. Eine absolute Empfehlung!
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