Rezension zu "George Soros" von Andreas von Rétyi
Gewöhnliche Menschen wissen wahrscheinlich nicht, was ein Philanthrop ist. Vielleicht gehört der Autor dieses weitschweifigen und nicht durchgängig leicht lesbaren Buches auch dazu. Das hindert ihn aber keineswegs daran, die Figur, die im Mittelpunkt seiner Ausführungen steht, immer wieder so zu bezeichnen, um gleichzeitig ein Argument nach dem anderen anzuführen, das beweisen soll, dass dieser Mensch alles andere, aber kein Philanthrop ist. Ich muss gestehen, dass mir das irgendwann auf die Nerven gegangen ist. Man kann sich einfach informieren, um dann zu lernen, dass ein Philanthrop ein Mensch ist, den durchgängiges menschenfreundliches Denken und Verhalten auszeichnet. Wer es noch hochtrabender möchte, der wird finden, dass sich solche Personen durch "eine die gesamte Menschheit umfassende Liebe" auszeichnen (Wikipedia).
George Soros, Multimilliardär, Hedgefondmanager und politischer Strippenzieher ist das komplette Gegenteil eines Philanthropen. Und genau so wird vom Autor dieses Buches dargestellt: kalt, amoralisch, heuchlerisch, durchtrieben und nur auf seine Macht und die Durchsetzung seiner Ziele orientiert. Dass dieser Mann sich gerne anders sieht, ist nicht untypisch für solche Menschen. Soros hält sich bekanntermaßen für eine Art Messias, der mit seiner Open Society Foundation seinen göttlichen Willen durchsetzen will.
Es gibt über Soros eine Anzahl von Büchern, die vor allem seine Rolle als Hedgefondmanager durchleuchten und sich mit seiner Persönlichkeit befassen. Eher selten sind dagegen Darstellungen, die sein Netzwerk von NGOs und deren Rolle bei der Inszenierung von "Revolutionen" und Umstürzen, wie die "Farbenrevolutionen", den Putsch in der Ukraine oder den sogenannten "Arabischen Frühling" durchleuchten. Noch interessanter ist die Frage, ob (und wenn ja was) Soros mit der massenhaften illegalen Migration nach Europa zu tun hat. Leider ist die Faktenlage dazu sehr dünn, und auch der Autor tut gelegentlich nur so, als ob er mehr wüßte.
Das Buch beginnt mit der Darstellung von Soros Jugend und seiner Flucht aus Ungarn nach England. Bereits da versucht der Autor ihm seelische Kälte zu unterstellen, weil er sehr rational und nur auf sein eigenes Schicksal bedacht handelte. Dann kommt er zum Wirken von Soros auf den Finanzmärkten. Leider besitzt der Autor nicht an jeder Stelle den nötigen Durchblick, um die Vorgänge richtig zu bewerten. Vielmehr geht es ihm eigentlich nur darum, Soros eine tiefsitzende Doppelmoral zu beweisen. Dazu pickt er sich die für ihn nötigen Puzzleteile aus einem viel komplexeren Bild heraus, anstatt zu versuchen, das ganze Bild zu erläutern. Für Leser, die eine solche Vereinfachung mögen, ist dies sicher ein guter Lesestoff, wäre da nicht noch der verschwommene Schreibstil des Autors und die oft anzutreffende unnötige Polemik, die fehlende Fakten und sachlich geschilderte Zusammenhänge ersetzt.
Der Text liest sich nicht immer besonders angenehm, weil der Autor sich sehr oft in Details verstrickt, die nur noch sehr weitläufig mit Soros zu tun haben und auch vom eigentlichen Thema des jeweiligen Abschnitts weit abkommen. Sehr oft bezieht sich der Autor auf andere Publikationen, also auf zweitrangige Quellen. Ich hätte mir ein Buch über Soros gewünscht, das dessen diabolischer Intelligenz gerecht wird und seine Fähigkeit, ökonomische Ungleichgewichte aufzuspüren und auszunutzen, in ihrer ganzen Komplexität schildert. Vielleicht müssen Bücher wie dieses hier auch einfach zu schnell erscheinen. Wer jedoch über Soros ein ernstzunehmendes Buch verfassen will, der muss sich in seine Denkweise und seine Welt hineinversetzen können. Leider hatte ich recht oft den Eindruck, dass der Autor damit etwas überfordert war.
Er transportiert darüber hinaus unterschwellig Ansichten, die perfekt in die sogenannte Mainstream-Propagandamaschine passen, zu der sich der Autor selbst eigentlich bestimmt nicht zählt. Es sind nicht die bösen Spekulanten, die ganze Volkswirtschaften in den Abgrund stürzen, wie der Autor behauptet, sondern politische Eliten, die gottgleich glauben, überall eingreifen und die Dinge nach ihren jeweiligen Ideologien oder Vorstellungen ordnen zu können. Das Paradebeispiel dafür ist die Erschaffung des Euro. Spekulanten treten erst dann auf den Plan, wenn für sie klar ist, dass sie aus einer so verursachten Situation Kapital schlagen können. Soros hätte beispielsweise niemals seine berühmte Wette gegen das britische Pfund gewinnen können, wenn die britische Regierung und die Bank of England damals nicht die Situation ihrer Währung dramatisch falsch eingeschätzt und dies auch noch mit viel Geld verteidigt hätten. Dass sie hinterher anderen die Schuld für ihr Versagen geben, kann man zwar verstehen, sollte es aber richtig einordnen können.
Etwas völlig anderes ist es hingegen, wenn ein Spekulant wie Soros sein Kapital dazu nutzt, um eine Veränderung innerhalb eines Landes oder einer Staatengruppe durch die Erzeugung von Unruhen und Chaos zu erzwingen und dann daraus auch noch einen finanziellen Gewinn presst. Und genau das tut Soros. Der Autor unterstellt ihm eine direkte Zusammenarbeit mit amerikanischen Geheimdiensten und versucht dies in seinem Buch auch zu belegen. Wie er dabei richtig bemerkt, ist Soros aber nicht irgendein Agent, sondern er verfolgt eigenständige Ziele, für die er die Dienste ausnutzt. Dabei geht es insbesondere immer wieder um die Inszenierung von sogenannten Bürgerbewegungen, die das Ziel haben, eine gewählte Regierung zu diskreditieren und Unruhe zu erzeugen. Gleichzeitig wird von außen politischer Druck erzeugt, bis schließlich eine instabile Situation entstanden ist, die man für einen Umsturz nutzen kann. Dieses Muster kann man überall dort beobachten, wo in den letzten Jahre mißliebige Regime oder Regierungen zu Fall gebracht wurden. Der Autor widmet diesen Vorgängen mehrere Kapitel. Inwieweit Soros dabei tatsächlich direkt oder indirekt seine Hände im Spiel hatte, erfährt man hingegen nicht wirklich. Wie auch? Es kann ihm nicht daran liegen, dass so etwas offenkundig wird.
Ein typisches Beispiel für den Stil und die Verfahrensweise des Autors liefert das letzte Kapitel, in dem es um die sogenannte Flüchtlingskrise geht. Nachdem man es gelesen hat, weiß man in Wirklichkeit auch nicht mehr als vorher. Zwar macht der Autor mehrfach schwammige Andeutungen, dass diese Völkerwanderung ebenso eine Inszenierung wäre, bleibt dann aber dabei auch stecken. Was Soros damit zu tun hat oder haben soll, weiß man auch nicht so genau. Aber bestimmt hat er auch da seine Finger im Spiel. Hat er schließlich immer. Diese Migrationswelle destabilisiert Europa. Und man kann sie auch als einen messianischen Versuch einer Neukonstruktion eines ganzen Kontinents ansehen. Ins Konzept einer "offenen Gesellschaft" nach dem Verständnis des George Soros würde das sehr gut passen.
Mir hat dieses Buch nicht besonders gefallen. Andererseits öffnet es vielleicht manchem Leser, der sich noch nicht mit Soros beschäftigt hat, die Augen und zeigt ihm, welche diabolischen Methoden Soros anzuwenden bereit ist, wenn er seine Vorstellungen durchsetzen will.