Andrei Mihailescu

 4,1 Sterne bei 18 Bewertungen
Autorenbild von Andrei Mihailescu (©Privat / Quelle: Autor)

Lebenslauf

Andrei Mihailescu, geboren 1965 in Bukarest, floh 1981 mit seiner Familie aus Rumänien in die Schweiz, wo er später Informatik, Politikwissenschaften und Ethnologie studierte. Sein erster Roman "Guter Mann im Mittelfeld" wurde 2014 mit einem Werkpreis des Kantons Zürich ausgezeichnet und erscheint im August 2015 bei Nagel&Kimche. Mihailescu lebt in der Nähe von Zürich und arbeitet als Informatiker.

Alle Bücher von Andrei Mihailescu

Cover des Buches Guter Mann im Mittelfeld (ISBN: 9783312006694)

Guter Mann im Mittelfeld

 (18)
Erschienen am 24.08.2015

Neue Rezensionen zu Andrei Mihailescu

Cover des Buches Guter Mann im Mittelfeld (ISBN: 9783312006694)
Angelsammys avatar

Rezension zu "Guter Mann im Mittelfeld" von Andrei Mihailescu

Der Schatten hat tausend blaue Augen ...
Angelsammyvor 2 Jahren

Ich hatte vor circa drei Monaten dieses Buch schon einmal rezensiert, es nun aber noch einmal gelesen. Deswegen habe ich die alte Rezension gelöscht und veröffentliche nun eine revidierte. 


Es ist äußerst spannend sowie fesselnd, über Rumänien und die unheimliche Securitate zu schreiben. Deswegen ist dieser Komplex auch einer meiner bevorzugten Themen meines eigenen schriftstellerischen Schaffens. Andrei Mihailescu weiss, einen zu inspirieren, auf eine faszinierende und düstere Weise. 


Der DSS (Departament Securitatii Statului). Es heißt, dass auf fünfzig Rumänen ein Securist (Secu) kam. Wenn man die Einwohnerzahl Rumäniens von 1980 zugrunde legt, ist die Zahl leicht auszurechnen. Geschweige die endlose Schar an informellen Mitarbeitern, von denen allerdings viele zur Mitarbeit gezwungen worden sind 


Bukarest 1980: Journalist Ștefan Irimescu ist in seinen Dreißigern, Single und lebt bei seiner Mutter. Das goldene Jahrzehnt Rumäniens ist vorbei und Land wie Leuten geht es immer schlechter, nur nicht der kommunistischen Nomenklatur, natürlich unter seiner Hoheit Fürst Nicolae Ceaușescu und Fürstin Elena.


Ștefan arbeitet für eine renommierte Zeitung und sein Chefredakteur steht hinter ihm – zunächst. Aber die Dinge wenden sich zu seinen Ungunsten..


Verstrickt in einem immer erstickenderen Netz der berechtigten Paranoia, kann man sich wohl zurecht immer und überall beobachtet und verfolgt wähnen. Augen all überall. 


Natürlich ist bei dieser Zeitung auch ein Secu nebst eigenen Büro vertreten, der ein scharfes Auge auf alles Unbotmäßige hat. Of! 


Ștefan, der in sich einen Rebell verborgen hat, wagt es, kritische Leserbriefe nicht an jenen Offizier weiterzugeben, wie es eigentlich vorgesehen ist. Das ist seine Art des Widerstands, um zumindest etwas Widerstand gegen das System zu leisten. 


Allerdings zeitigt das äußerst bittere Folgen für ihn, denn er wird für eine Woche verschleppt, festgesetzt im Gefängnis und von dem DSS gefoltert. 


Als er freikommt, lernt er durch Zufall lernt er die Architektin Raluca kennen. Sie bringt den Verletzten ins Hospital. 




Sie lernen sich näher kennen und beginnen eine Affäre. Ilie Stancu ist Ralucas Ehemann, aus der Provinz und ein aufstrebender Parteisekretär.


Dieser hat ohnehin Minderwertigkeitskomplexe seiner gebildeten und urbanen Frau gegenüber und kaschiert das dadurch, daß er sie verspottet und fordert, dass sie nach der Geburt des Sohnes zu Hause zu sein hätte. Sie verhielte sich im Namen des Sozialismus für eine Frau unangemessen. Sie habe gefälligst noch die Quote zu erfüllen und vier weitere Kinder zu bekommen.


Er erfährt jedoch und dennoch von jener Affäre seiner Frau mit Ștefan. Er zieht die Scheidung durch. Ein Freund von dem DSS  macht ihm ein verführerisches Angebot, wie er an Ștefan Vergeltung üben kann. Der tiefe Fall Ștefans und Ralucas hat damit gerade erst begonnen ...


2015 wurde dieses Debüt von Andrei Mihailescu veröffentlicht. Er ist 1965 in Bukarest geboren und floh 1981, mit seiner Familie, in die Schweiz. 


Er hat Informatik, Politikwissenschaften und Ethnologie studiert. 


Er schafft es hier, die Beklemmung und Bedrückende jener Epoche exzellent und sehr authentisch wiederzugeben. Es passt, gerade jetzt in diesen Tagen dieses Buch gelesen zu haben, weil sich nun die ( unvollendete ), verratene Revolution von Spätdezember 1989 zum 32. Mal gejährt hatte, was Ceaușescus Sturz und Exekution nach sich zog. 


Anfang der 80er Jahre erkannte der im Größenwahn gefangene "Vater" des Landes offenbar nicht, wie er das Volk ausblutete. Kaum noch Lebensmittel, die für alle ausreichten, stundenlanges Anstehen, Schwierigkeiten mit Wärme und Strom. 


Und dann überall die unerbittlichen Machtstrukturen, auf die der Diktator noch zählen konnte. Der offizielle DSS ( Securitate ) mit seinen nicht wenigen Mitarbeitern und den bereits zahllosen Spitzeln im ganzen Land. Kein Wunder, dass das dazu führte, dass alles in Auflösung begriffen war, eine auszehrende Krankheit namens Regime. 


Und dann das Eingesperrtwerden wegen kleinster Kleinigkeiten, Denunziation, Folter der psychischen und körperlichen Art. Quälende Verhöre, bei denen die betreffende Person nur verlieren konnte. Grausam und inhuman. Nach wie vor steht eine Aufarbeitung dieser Jahrzehnte aus. Lieber wird verdrängt und vergessen, inklusive der verratenen Revolution, über die man ebensowenig sprechen will. Sogar Schreibmaschinen mussten registriert werden, sonst galten sie als illegal und waren mit Gefängnisstrafe zu ahnden.


Dieses Überwachungsapparat und der staatliche Terror hat für immer kollektiv etwas zerstört, das nie mehr heilen kann. Es ist in die Seelen der Menschen damals gedrungen und hat sie im Grunde zerschmettert. Kein Wunder, wenn man dann sogar Angst vor dem eigenen Schatten bekam und absolut niemandem traute. Absolut nachvollziehbar. 


Das Buch ist packend und wühlt auf, ist emotional und weist ein unerwartetes Ende auf. Ich mag Ștefan und Raluca sehr. Secus wurden auch das blaue Auge genannt – wegen der blauen Aufnäher auf dem Kragenspiegel und der blauen Umrandung der cascheta (Offiziersmütze).


Andrei Mihailescu schreibt in einem fließenden und becircenden Schreibstil, der durchaus sehr einnimmt. Ein äußerst wichtiges Buch, weil viele über diese Zeit kaum etwas wissen oder über Rumänien wissen. Was schade ist, denn das Land hat viele faszinierende Facetten. Aber leider ist ein Teil des Westens noch zu sehr von sich selbst eingenommen, arrogant und paternalistisch. Zu sehr kreist der westliche Blick um den eigenen, egozentrischen Bauchnabel. Dafür ist aber ein anderer Teil des Westens umso engagierter, wissbegieriger und schaut weit über den eigenen ach so harmonischen Tellerrand hinaus. Wird endlich Zeit, dass ärgerliche Vorurteile, die nicht nur über Rumänien kursieren, sondern insgesamt über Südosteuropa passé sein werden. 


Mulțumesc! An Andrei Mihailescu, daß er dieses Buch geschrieben hat. Wäre das schön, das Buch in Rumänisch lesen zu können.

Cover des Buches Guter Mann im Mittelfeld (ISBN: 9783312006694)
silvie1111s avatar

Rezension zu "Guter Mann im Mittelfeld" von Andrei Mihailescu

Starkes Buch mit Sogwirkung
silvie1111vor 2 Jahren

Da ich selbst über die Securitate schreibe, bin ich zufällig über dieses Buch gestolpert. Bereits nach den ersten Zeilen entfaltet dieses Buch eine Sogwirkung. Die Handlung nimmt einen immer mehr in den Bann, entfaltet sich zu Anfang schön und reißt einen dann mit, sodass ich den Mittelteil (200 Seiten) an einem Tag gelesen habe. Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet, sehr authentisch rumänisch in ihren Dialogen (mai, bai, ma, etc. Herrlich! So muss das!) Die Sprünge in der Handlung sind meiner Meinung nach genau richtig gewählt und die Amtosphäre ist einfach nur richtig gekonnt umgesetzt worden. Ich bin sehr gespannt auf ein neues Buch des Autors und werde es mir sofort holen, wenn es erscheint.

Cover des Buches Guter Mann im Mittelfeld (ISBN: 9783312006694)
Carigoss avatar

Rezension zu "Guter Mann im Mittelfeld" von Andrei Mihailescu

Leider war ich nicht die richtige Adressatin
Carigosvor 7 Jahren

Bei einer Lovelybooksaktion habe ich dieses optisch sehr ansprechende Buch bekommen. Leider muss ich gestehen, dass ich nur bis S. 40 vorgedrungen bin und mich trotz mehrerer Anläufe nicht weiter zur Lektüre motivieren konnte.

Meine Absicht war es, über dieses Buch ein wenig mehr über das kommunistische Regime und die Umstände in Rumänien zu erfahren, weil da ein schwarzes, geschichtliches Loch in meiner Allgemeinbildung klafft. Eine gute Freundin ist zu dieser Zeit dort aufgewachsen und es wäre mir ein Anliegen gewesen, mich mit ihr darüber zu unterhalten.

Mir ist klar geworden, dass dieses Buch etwas für Menschen ist, die entweder über die nötigen Vorkenntnisse oder - noch besser - über eigene Erfahrungen in dieser Zeit verfügen. Viele politischen Feinheiten konnte ich nicht nachvollziehen und kam etwas durcheinander, was aber sicher nicht am wirklich guten Schreibstil lag. Etwas verwirrend war jedoch der Zeitsprung zu Anfang.

Ja, es stimmt mich traurig, dass ich nichts mit dem Buch anfangen konnte, da ich nach den paar Zeilen trotzdem der Überzeugung bin, dass der Autor sehr viel Persönliches und Herzblut mit einfließen hat lassen.

Fazit: Für andere kann dieses Buch eine Perle sein - aber für mich im Hier und Jetzt bedauerlicherweise nicht.

Gespräche aus der Community

Starte mit "Neu" die erste Leserunde, Buchverlosung oder das erste Thema.

Community-Statistik

in 30 Bibliotheken

auf 4 Merkzettel

von 2 Leser*innen aktuell gelesen

von 4 Leser*innen gefolgt

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks