Der Südsudan, jüngster Staat der Welt mit blutiger Vergangenheit und ungewisser Zukunft, ist der Schauplatz des spannendenThrillers "Teuflische Saat". Die Suche nach einer seltenen Pflanze wird zu einer Reise zu Abgründen und tödlicher Gefahr.
Gabriel Cockburn ist ein Protagonist, der auch aus einem Roman von John Le Carré stammen könnte: Wissenschaftler am Botanischen Institut, nicht mehr jung, noch nicht alt, dessen Ehe ebenso eingefroren scheint wie seine Karierre. Ein unauffälliger Mann mit milder Midlife Crisis, der es im Triller “Teuflische Saat” des südafrikanischen Schriftstellers Andrew Brown nichtsdestotrotz schafft, das Interesse von Geheimdiensten, Militärs und Waffenhändlern auf sich zu ziehen, als er auf der Suche nach einer ganz bestimmten Pflanze in den Südsudan reist.
Denn gerade dort gilt es für den britischen Auslandsgeheimnis MI6 und einen hohen Luftwaffenoffizier, Beweismittel für eine Dronenoperation aus der Welt zu schaffen, die Großbritannien international kompromittieren könnte.
Cockburn betrachtet es schon als mittlere Krise, wenn er auf dem Weg ins Botanische Institut im heimischen Bristol an Verkehrsrowdies gerät. Beim Joggen hängt ihn seine herbe Ehefrau Jane locker ab. Ginge es nicht um den angestrebten Lehrstuhl und Professorentitel, nie wäre er auf die Idee gekommen, eine Forschungsreise nach Afrika zu unternehmen.
Und dann ausgerechnet in den Südsudan, den jüngsten unabhängigen Staat der Welt. Cockburn ist schon in der Hauptstadt Juba außerhalb seines Elements und erregr in dem von Gewalt und ethnischen Konflikten zerrissenen Land mehr Aufmerksamkeit, als ihm lieb sein kann. Denn wer reist schon in den Südsudan, ohne Mitarbeiter einer Hilfsorganisation, einer UN-Einrichtung oder Journalist zu sein? Cockburn mag sein Umfeld als höchst exotisch empfinden – für südsudanesischen Behörden, aber auch die örtlichen Expats ist er der Exot.
Die Suche nach der Pflanze führt Cockburn in den Norden, nahe der Grenze zum Sudan, von dem sich der Südsudan 2011 nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg abgespalten hat. Im ölreichen Bundesstaat Unity mag offiziell kein Krieg mehr herrschen, die Macht der Milizen ist ungebrochen, wie Cockburn auf die harte Tour lernen muss.
Als Übersetzerin auf der beschwerlichen Reise begleitet ihn die Südsudanesin Alek, die ihn mit spöttischer Distanz behandelt und, wie Gabriel zunehmend dämmert, auf der Reise ihre eigene Agenda verfolgt. Sie ist die eigentliche, die handelt – er der Fremde, der lange Zeit nur passiv folgt und verzweifelt versucht, sich aus dem unwirtlichen Land mit seiner extremen Armut, den schlechten Straßen undvöllig ungewohnten Verhältnissen einen Reim auf seine Umgebung zu machen.
Es gibt Länder, da liegen herbe Schönheit und das Grauen, Menschlichkeit und Gewalt eng nebeneinander. Länder wie Südsudan, Somalia oder der Ostkongo, wo jahrelange Gewalterfahrung Krieg und Brutaliät für die örtliche Bevölkerung zum Alltag gemacht hat. Länder, wo Neuankömmlinge aus der westlichen Wohlstandsgesellschaft entwder völlig verzweifeln oder für immer verändert werden.
Brown hat nicht nur einen spannenden Thriller über ein Land als Spielball der Mächte geschrieben, er zeichnet auch glaubwürdig und überzeugend die Entwicklung des leicht weltfremden Wissenschaftlern, der mit einem Übermaß an Realität weit außerhalb des bisher Gekannten konfrontiert wird.
Er hat ganz offensichtlich auch gründlich vor Ort recherchiert und zeigt ein Afrika weit entfernt von den Erfahrungen von Safari-Touristen. Der Lernprozess Cockburns ist auch eine Anklage gegen die Gleichgültigkeit, mit der die internationale Öffentlichkeit den Südsudan behandelt – nicht erst, seit der Konflikt in Syrien die Schlagzeilen bestimmt.
“Teuflische Saat” bietet weitaus mehr als spannende Unterhaltung. Das Buch zeigt – ohne den erhobenen pädagogischen Zeigefinge – ein realistisches Bild des Südsudan und des Konfliktpotentials durch Rohstoffe, historische Konflikte und Einflusssphären in einem Land, in dem traumatisierte Binnenflüchtlinge auch Jahre nach der Unabhängigkeit die Sicherheit von Flüchtlingslagern suchen.