Jason Bourne hat einen würdigen Nachfolger!
David Trevellyan, britischer Royal Navy Agent und notorischer Einzelgänger, wird zufällig in einen Mordfall an einem Landstreicher in New York hineingezogen - zuerst als Verdächtiger, dann, nachdem er der Polizeihaft entkommt und den echten Mörder aufspürt, als Verbündeter wider Willen. Doch bald wird klar, dass dieser Mordfall nur ein winziges Puzzlestück in einem viel größeren Bild ist, bei dem wirklich überhaupt nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint - und auch nicht auf den zweiten.
Die Story beginnt langsam, geradezu unmerklich und entwickelt dann ganz plötzlich eine atemberaubende Geschwindigkeit und Spannung, der man sich kaum entziehen kann.
Der lakonische ICH-Protagonist ist ein kühler Beobachter, zynisch, scharfsinnig und einfach göttlich zu lesen. David Trevellyan agiert professionell und absolut glaubwürdig, ohne endlose innere Monologe, in denen er sich selbst und sein Tun hinterfragt. Das macht Spaß und hält das Tempo hoch.
Die Story selbst entwickelt sich facettenreich und mit unerwarteten Wendungen, ist bevölkert mit farbigen Nebendarstellern und läßt nach jedem Abschnitt die Frage offen: Wie geht es weiter?
Als Leser stürzt mich die Lektüre stets in ein Wechselbad der Gefühle - nach Abschnitten unglaublicher Geschwindigkeit und nervenzerreißender Spannung wiege ich mich in Sicherheit, wenn der Erzähler auf einen leichteren Plauderton zurückfällt, Humor durchscheint und sein unerschütterliches Selbstvertrauen, dem man immer wieder vertrauen will, weil Trevellyan einfach clever ist, sich seiner Haut zu wehren weiß und selbst in aussichtslos erscheinenden Situationen noch die Nerven behält ... aber auch er stößt an seine Grenzen, und der Sturz (mit ihm) ist dann umso tiefer. An diesem Punkt zeigt sich, dass das Buch auch seine Noir-Momente hat. Was ihm eine sehr unmittelbare und glaubwürdige Qualität verleiht.
Ein sehr schönes Element ist die Gestaltung der Kapitel dahingehend, daß sie stets mit einer allgemeinen Beobachtung Trevellyans beginnen - z.B. einer Erinnerung aus seiner Kindheit, oder einer Episode aus seiner Vergangenheit, die dann mit einer Schlußfolgerung endet, welche wiederum den Auftakt für die nächste Episode in der Geschichte bildet und damit bereits auf der ersten halben Seite eines Kapitels Lust auf mehr macht.
Einziges winziges Manko sind die z.T. ausschweifenden Beschreibungen in den ruhigen Sequenzen, wenn Trevellyan z.B. einen neuen Raum betritt und erstmal jedes Detail aufnimmt. Aber die fallen kaum noch ins Gewicht, wenn die Action losbricht - die ist dann atemberaubend.
Das Buch ist ein echtes Highlight, das heraussticht aus der Masse amerikanischer Thriller, die ja doch irgendwie meist demselben Strickmuster folgen. Even ist toll. Ein Abenteuer, das einen nicht mehr losläßt, wenn man sich mal darauf eingelassen hat.