Rezension zu "Rohypnol" von Andrew Hutchinson
Der Erzähler dieses Romans ist Mitglied einer Gruppe von jungen Männern, die ihre Freizeit damit verbringen junge Frauen mittels des Betäubungsmittels Rohypnol zu vergewaltigen.
Die Opfer waren dran, jetzt reden die Täter. Ich hatte überlegt dieses Buch nicht zu rezensieren. Da mir das reallerdings wichtiger ist als das zensieren, habe ich mich entschlossen es doch zu tun.
Ausgesucht habe ich mir das Buch übrigens wegen den tollen Cover und natürlich in bester Katarina-Manier, ohne den Klappentext zu lesen. Erst wollte ich es zurück bringen, aber dann bildete es einen so schönen Kontrast zu Lucky von Alice Sebold. Denn beim Lesen des Tathergangs, aus Sebolds Feder, fragte ich mich so oft, was denkt sich dieser Mann eigentlich – woher kommt dieser Drang einen anderen Menschen zu erniedrigen. Rohypnol versprach also Antworten zu liefern.
Ich bin über dieses Buch geteilter Meinung. Einerseits ist es interessant und gut geschrieben. Andererseits fragte ich mich beim Lesen ständig: Wie kommt ein Mann um die 30 dazu sich in das kranke Gehirn eines minderjährigen Vergewaltigers hinein versetzen zu wollen und das dann auch noch ästhetisch verpackt dar zu bieten?!
Ich lese schon gerne mal auf der extremen Seite, spätestens seit Unfun ist das kein Geheimnis mehr. Während Falbakken seine Splatter-Prosa jedoch noch humorvoll und mit einem ironischen Augenzwinkern dar bringt, scheint dieses Buch es todernst zu meinen. Eine authentisch wirkende Geschichte mit Vergewaltigern als Helden, die, preisgekrönt, nun auch noch verfilmt werden soll – bin ich die einzige, der das sauer aufstößt?!
Der Autor gibt dann im Nachwort eine halbherzig gesellschaftskritische Erklärung für seine Themenwahl. Im Laufe des Buches hat mir das allerdings schmerzlich gefehlt. Die Täter kommen nicht ungeschoren davon – so viel verrate ich einfach mal, hoffe ich doch, das dieses Buch von niemandem sonst gelesen wird. Allerdings sind die Charaktere zu flach, um der Geschichte Tiefgang zu geben. Die Erniedrigungen junger Frauen an denen die Protagonisten beteiligt sind, scheinen diese völlig kalt zu lassen. Nicht eine einzige der Figuren hat genügend Mehrdimensionalität um ihre eigenen Handlungen zu hinterfragen. Diese Schwäche in den Charakteren versucht der Autor damit zu umgehen, dass er die Protagonisten in die Oberschicht verlegt – denn dort ist ein solches Verhalten an der Tagesordnung?!
Der soziale Stand der Protagonisten nimmt der Geschichte zusätzlich die Anbindung an die Realität. Als Mitglied der Mittelklasse fühlt man sich nicht angesprochen, wenn von Ober- oder Unterschicht die Rede ist – traut ihnen aber gleichsam viel an sozialem Fehlverhalten zu. So depersonalisiert der Autor das Problem, welches er eigentlich erörtern wollte. Und verfehlt somit seine Zielsetzung für den Roman völlig. Was zurück bleibt ist lediglich ein Buch in dem Vergewaltigungen vorgeführt werden, als wären sie ein neuer Jugendtrend.
Finger weg! Dieses Buch ist nichts als gute PR für Vergewaltiger. Sowas musst Du Dir nicht ins Regal stellen. Es reicht schon, dass ich das getan habe.