Nach dem Tod ihres Vaters Raymond erfahren die Quinlan Geschwister Aaaron, Bridge und Franny, dass dieser äußerst wohlhabend war. Um ihr Erbe anzutreten, müssen sie jedoch eine wichtige Bedingung erfüllen und zwar gemeinsam einen Monat in einem Haus in der kanadischen Wildnis verbringen. Eine Limousine mit verdunkelten Fenstern bringt sie zusammen mit ihrer Mutter an ihren Bestimmungsort: ein luxuriöses Anwesen im Nirgendwo. Umgeben von dichtem Wald, weit entfernt von jeder menschlichen Siedlung.
Zu Lebzeiten standen sie ihrem Vater nicht besonders nahe. Sie wussten nicht einmal, womit genau er sich seinen Lebensunterhalt verdiente. Man vermutete, dass er irgendeine wissenschaftliche Tätigkeit für die Regierung ausübte. Jedenfalls muss es etwas Wichtiges gewesen sein, wie sonst hätte er sich dieses riesige Grundstück mit dem beeindruckenden Gebäude darauf leisten können? Die architektonische Konstruktion ähnelt eher einem Hotel oder einem Tagungsort, als dem Domizil einer einzigen Familie.
Hier also sollen sie einen Monat lang leben. Die ehemalige Drogensüchtige Franny, die junge Bridge, eine Jugendliche für die ihr älterer Bruder Aaron fast so etwas wie eine Vaterfigur ist, eben dieser Aaron, ein gestresster Chirurg sowie ihre Mutter.
Hunger oder Durst brauchen sie nicht zu fürchten, denn der Kühlschrank ist gefüllt und geheimnisvolle Angestellte sorgen für Nachschub.
Beim Erkunden ihrer neuen Heimat fällt ihnen auf, dass das Gebiet von Elektrozäunen umgeben ist. Obwohl man ihnen nach ihrer Ankunft sagte, sie könnten jederzeit aussteigen, was allerdings den Verlust ihres Vermögensanteils zur Folge hätte.
Und dann ein noch größerer Schock: Eine neue Limousine bringt vier weitere Menschen. Sie behaupten ebenfalls die Nachkommen Raymond Quinlans zu sein. War ihr Vater Bigamist oder hatte er sogar ein noch schlimmeres Geheimnis?
Nun muss der Nachlass in acht, statt vorher nur vier geteilt werden, aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb sich Konflikte zwischen den Geschwistern auftun und als klar wird, dass sie keineswegs allein sind, ein unheimliches verunstaltetes Wesen geistert im Wald umher, liegen bald die Nerven blank.
Ich mochte die frühen Romane Andrew Pypers wie „Die Nachhilfestunde“ oder „Die Handelsmission“. Das waren intelligente Thriller mit einem gewissen Tiefgang. Dann schlug der Autor eine neue Richtung ein und wandte sich dem Übernatürlichen und dem Horror-Genre zu. Mit seinem neuesten Roman wagt sich Andrew Pyper nun in Science-Fiction-Gefilde vor. Was als eine Variation auf das alte „Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip“ beginnt, wandelt sich zu einem bizarren Mindfuck-Trip. Nach zwei Dritteln stellt eine unerwartete Wendung die gesamte Situation auf den Kopf und lässt einen die Handlung noch einmal in einem ganz anderen Licht sehen.
Wenn Menschen aus ihrem Alltagsleben gerissen und in eine neue Umgebung verfrachtet werden, wo sie auch noch geographisch isoliert sind und wo ihr ehemaliger sozialer Status keine Rolle mehr spielt, entstehen dadurch interessante Situationen. Voraussetzung dafür, dass so eine Erzählung funktioniert ist aber, dass die Figuren glaubwürdig, komplex und wenigstens einige von ihnen ein kleines bisschen sympathisch sind. Pypers Stärke lag bisher immer bei der Figurenzeichnung, aber diesmal gelingt es ihm nicht seine Charaktere fesselnd genug zu gestalten.
Da die Handlung aus der Sicht Aarons erzählt wird, bleiben dem Leser die Gedankengänge der anderen Personen verborgen. Als sich die Besetzung durch gewalttätige Todesfälle zu lichten beginnt, empfindet man dadurch kaum etwas für diese Menschen.
Die Science-Fiction-Idee, welche die gesamte Handlung zusammenhält ist nicht besonders originell, wobei mir klar ist, dass es heutzutage kaum noch so etwas, wie eine frische unverbrauchte Idee im SF-Genre gibt, aber dadurch dass der Verfasser seiner Geschichte auch noch eine politische Komponente beimischt, wobei er sich wenig überraschend linksliberal und dementsprechend gegen die Politik der derzeitigen US-Regierung positioniert, bricht er der schon bis dahin auf recht wackligen Beinen stehenden Story endgültig das Genick. Diese wirkt im Folgenden nur noch einseitig und überfrachtet.
Für einen herkömmlichen Gruselroman fehlt „The Homecoming“ wiederum einfach die Finesse. Pyper schafft es nicht eine bedrückende Atmosphäre der Angst aufzubauen und setzt stattdessen auf oberflächliche Schocks.
Mit „The Homecoming“ hat Andrew Pyper einen unausgegorenen SF/Horror-Hybrid geschaffen, dessen aufgesetzte politische Botschaft ein zusätzliches Ärgernis darstellt.