Andrew Roberts hat mit "Feuersturm" eine weitere Darstellung des Zweiten Weltkriegs vorgelegt, die ich wahrscheinlich niemals gekauft hätte, aber bei meiner letzten Bestellung bei der Landesbildungszentrale war noch Luft, also habe ich mir dieses Buch mitliefern lassen. Und aufgrund einer Flaute auf dem Büchermarkt (zugeggebnermaßen subjektiv empfunden) habe ich das "Werk" nun gelesen, das Urteil ist etwas zwiespältig. Insgesamt gesehen bietet die Darstellung eine brauchbare Übersicht über den Kriegsverlauf an den verschiedenen Fronten in Europa, Asien und Afrika, aber auch nicht mehr. Und das liefern zahlreiche andere Darstellungen zum Zweiten Weltkrieg auch, nur sind die, zumindest die mir bekannten, wissenschaftlich solider. An einigen Stellen betreibt Roberts einen wahren Heldenkult, was die Taten einzelner Soldaten betrifft, eine Art zu schreiben, über die die Wissenschaft eigentlich hinaus sein sollte. Zudem weist er ständig auf die Verstrickung insbesondere der deutschen Generäle in die Verbrechen des Nationalsozialismus hin, kann sich dann aber einer deutlichen Bewunderung ihrer taktischen Leistungen nicht entziehen. Und dass Hiltler böse war, muss man auch nicht bei jeder Gelegenheit erneut betonen, wem das nicht klar ist, der muss ein Neonazi sein. Störend sind auch zahlreich eingebundene Anekdötchen, die für die historische Erkenntnis unheimlich wichtig sind, so etwa die Tatsache, dass Hitlers Freude über Siege im Westen getrübt wurde durch einen Diener, der ihm persönliche Gegenstände gestohlen habe. Ja, wenn das die Geschichtsschreibung nicht revolutioniert, was dann? Im Abschlusskapitel stellt sich Andrews dann die Frage, warum die Achsenmächte den Krieg verloren haben. Die verblüffende Antwort: weil Hitler Nazi war. Für diese Erkenntnis musste ich nun 786 Seiten darstellenden Text lesen und gelegentlich im Anhang suchen, weil der Autor die Unsitte hat, immer Historiker zu zitieren, aber diese nicht mit Namen zu nennen (Ein Historiker führt aus....), meiner Meinung nach eine Respektlosigkeit gegenüber den Kollegen der Fachzunft. Man fragt sich, warum der renommierte Beck-Verlag so ein banales Werk ins Programm aufgenommen hat und warum es dann auch noch über die Landesbildungszentralen weitergegeben wird. Wer sich ernsthaft mit dem Zweiten Weltkrieg beschäftigen möchte, sollte auf die Bände der Darstellung "Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg", die vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt Freiburg herausgegeben wurde, zurückgreifen, die zumindest teilweise auch als Taschenbuch relativ preisgünstig erhältlich ist und die ein Lehrstück für fundierte, wissenschaftliche Geschichtsschreibung zum Thema Zweiter Weltkrieg darstellten Hätte ich tatsächlich fast 40 € für die bisher nur gebunden erhältliche Ausgabe von "Feuersturm" ausgegeben, hätte ich mich geärgert, die 2 € Selbstkostenanteil bei der Bildungszentrale sind demgegenüber angemessen und zu verschmerzen.
Andrew Roberts
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Andrew Roberts
Feuersturm
Napoleon: A Life
Leadership in War: Lessons from Those Who Made History
Napoleon: A Life by Andrew Roberts (2014-11-04)
Napoleon and Wellington
The Storm of War: A New History of the Second World War
Uganda
Neue Rezensionen zu Andrew Roberts
Bereits 2009 erschien die englische Version dieses Buches des Historikers Andrew Roberts. Nun endlich die deutsche Ausgabe „Feuersturm“, erschienen im Verlag C.H. Beck. Nachdem ich bereits etliche Bücher über diese Zeit lesen durfte, war ich gespannt auf Andrews Werk, um einen anderen Blickwinkel auf das Geschehen zu bekommen. Und was soll ich sagen? Es ist ihm hervorragend gelungen, eine gut zu lesende Zusammenfassung darzustellen.
Andrews gelingt es die großen Zusammenhänge plausibel hervorzuholen und verständlich abzuleiten, die Entwicklung und der Verlauf des Krieges werden ebenso erläutert, wie die getroffenen Entscheidungen – hier geht er sehr ins Detail und erklärt genau wer was ausgelöst hat. Somit ist der Verlauf des Krieges gut nachzuvollziehen, militärische Strategien werden analysiert und Beweggründe dargestellt.
Der Autor bedient sich auch etlicher Zeitzeugenberichte (Tagebücher, …), um das Grauen nachvollziehbar darstellbar zu machen – wenn ihm dies auch sicherlich nur ansatzweise gelingen kann. Etliche Zitate der obersten Führungsriege sind ebenfalls nachzulesen, sowie Befehle und Pläne. Positiv finde ich, dass nicht nur die Gräuel des NS-Regimes ausgeführt wurde, sondern die aller kriegsführenden Nationen (beispielsweise Japan). Hier geht der Autor sehr ins Detail. Natürlich darf auch alles rund um den Holocaust nicht fehlen oder das Grauen des Russlandfeldzuges. Roberts stellt klar, dass hochtitulierte Offiziere sehr wohl wussten, worauf sie sich einließen – auch wenn diese im Nachhinein alles gerne anders darstellten.
Doch Roberts zeigt auch auf, welche Fehlentscheidungen getroffen wurden (nicht nur jene Hitlers). Dass anfangs Hitlers Truppen durch diverse Überraschungsangriffe punkten konnten und so eine militärische Überlegenheit aufzeigten, bringt ihnen das Lob des Autors ein. Doch der weitere Verlauf, der Größenwahn Hitlers, bis hin zu planlosem Dahingemetzel kritisiert der Autor massiv. Interessant auch, dass der Autor Szenarien aufzeigt, wenn gewisse Entscheidungen anders gefallen wären.
Ich finde das Buch sehr gelungen, man erhält ordentlich zusammengefasst ein Werk, welches das gesamte Spektrum rund um den Zweiten Weltkrieg abdeckt. Es bleibt jedem selbst überlassen, welche Schlüsse man daraus für unser heutiges Europa zieht. Der Krieg liegt lange zurück, doch manches Mal scheint es, gewisse Dinge wiederholen sich. 5 Sterne
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