Berlin von Andris Kuprišs beinhaltet 21 Kurzgeschichten sowie eine Novelle, kurze, alltägliche Situationen, die womöglich doch nicht so gewöhnlich sind, wie man auf den ersten Blick denkt.
Was alle Geschichten gemeinsam haben: Den gut zu lesenden, aber nicht plumpen Schreibstil sowie einen starken Hang zur Melancholie.
Zum Schreibstil: Die Worte sind einfach gehalten, leicht verständlich, aber da gibt es auch diese eine Kurzgeschichte, die es schafft, bloß aus einem einzigen Satz zu bestehen. Manches wirkt eher wie Gedanken, wie Sätze im Kopf eines Menschen, der nun eben sehr lang & ausschweifend denkt. Manch eine Person mag bezweifeln, dass ein Mensch so denken kann, doch aus eigener Erfahrung muss ich, kann ich sagen, doch, das funktioniert. Vielleicht auch dadurch, durch dieses viele, schwere Denken, herrscht im ganzen Buch eine gewisse Melancholie, eine Schwere, eine mal mehr mal weniger wage Düsternis, die das gesamte Schriftstück zu einem macht, welches man definitiv nicht einfach zwischendurch als nette Unterhaltung lesen sollte. Manche Geschichten vertragen auch durchaus einen zweite Leserunde, um in ihrer ganzen Weise wirken zu können.
Für mich war das Buch eine emotional durchwachsene Sache: Mit manchen Geschichten konnte ich mich sofort identifizieren, da war ich direkt drin. Bei anderen kam dagegen auch nach dem dritten Mal lesen nicht wirklich etwas an, mag es sein, dass ich es einfach nicht richtig interpretieren konnte oder wollte. Vielleicht fehlt mir da ein gewisser Blickwinkel, gerade bei Kurzgeschichten ist es ja bisweilen wie mit einem Gemälde: Die einen haben da ein Auge für, manche können mit bestimmten Stilrichtungen einfach nichts anfangen.
Wem kurze Geschichten mit Hang zur Melancholie & nötigen Gedankenspielen gefallen, sollte mit diesem Werk gut bedient sein.