Cover des Buches Die Zeit der Verachtung (ISBN: 9783423247269)
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Rezension zu Die Zeit der Verachtung von Andrzej Sapkowski

Rezension zu "Die Zeit der Verachtung" von Andrzej Sapkowski

von sabisteb vor 14 Jahren

Rezension

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sabistebvor 14 Jahren
Die Zeit des Krieges ist eine Zeit der Verachtung. Man verachtet andere für deren Taten, man verachtet sich selber für Dinge die man getan oder unterlassen hat und man wird von anderen verachtet für das, was der Krieg aus einem gemacht hat. Nilfgaard rüstet zum Krieg und erobert ein kleines Königreich nach dem anderen. Auch vor der Loyalität der Zauberer macht der Herrscher von Nilfgaard nicht halt, der auf der Suche nach Ciri ist. Denn nur das Löwenjunge, kann ihm die Legitimation verschaffen über diese neu eroberten Länder zu herrschen. Doch das Löwenjunge Ciri entpuppt sich als Falke, schnell, gefährlich, wendig und grausam. Und so kommt es zu einem Verrat in den Geralt nichtsahnend hineinstolpert. Ciri ist mit Yeneffer auf dem Weg zum Konvent der Zauberer auf der Insel Thanned. Dort will Yennefer sie in die Zauberinnenschule geben, damit aus Ciri eine richtige Zauberin wird. Ciri jedoch vermisst Geralt und fühlt sich eingeengt. So entwischt sie Yeneffer und schlägt sich, verfolgt von der wilden Jagd, zu ihrem Ziehvater durch. Dies gibt Yennefer und Geralt endlich die Gelegenheit sich auszusprechen, denn noch immer lieben sich die beiden, sind aber beide zu stur sich das einzugestehen. So macht Yennefer den ersten Schritt und nimmt Geralt auf eine Zaubererfeierlichkeit mit und stellt ihn allen somit offiziell als ihren Partner vor. Wer hätte ahnen können, dass dadurch so viele schreckliche Dinge ihren Lauf nehmen würden. "Doch die Weltgeschichte verlief so, wie sie verlaufen ist [...] und das ausschließlich aus dem Grunde, dass der Hexer Skrupel hatte. Als er gegen Morgen erwachte und ein Bedürfnis verspürte, tat er nicht, was jeder getan hätte [...] er ging nicht auf den Balkon, um in den Blumenkübel mit Kapuzinerkresse zu pinkeln (S: 106f)". Die Elfen, von den Menschen aus ihrem angestammten Gebiet verdrängt gingen ja bereits in Band ein zum Guerillakrieg über. Nun haben sie sich den Nilfgaarden angeschlossen, um von ihnen, nach Ende des Krieges, ein eigenes Königreich zu erhalten. Diese politische Intrigen und Ränkespiele werden von düsteren Prophezeiungen über Ciris Schicksal überschattet. "Zu sagen ich hätte sie gekannt, wäre eine Übertreibung. Ich glaube, außer dem Hexer und der Zauberin kannte sie niemand wirklich. Als ich sie zum ersten Mal sah, machte sie überhaupt keinen großen Eindruck auf mich, selbst unter den ziemlich unheimlichen Begleitumständen." (Rittersporn über Ciri S. 62) Ciri scheint von einer Massenmörderin Namens Falka abzustammen, die ganze Städte in Schutt und Asche legte und kurz vor ihrem Tod eine fürchterliche Prophezeiung machte "Aus dem geschändeten Älteren Blute wird er geboren werden, der die Völker und die Welten vernichtet. Tod, Tod und Rache Euch allen und euren Kindeskindern." (S. 344) Als es auf Thanned zum Umsturz kommt kann Ciri durch ein defektes Dimensionenportal flüchten und findet sich einsam und allein in der Wüste wieder, nur mit der Standardausrüstung einer Dame "Leider sah die Standardausrüstung einer Dame die Situation nicht vor, in der sie sich jetzt befand. Der Beutel enthielt einen Schildpattkamm, eine kombinierte Nagelschere und "Feile, [...] einen Tampon [...] und Salbe für die Hände." (S. 313) und einem jungen Einhorn, das sie "Pferdchen" tauft. Nach dem, was Ciri letztendlich erlebt und durchgemacht hat, nach dem Verlust ihrer Blutunschuld und dem forcierten Ende ihrer kurzen Kindheit, wird sie ein Kind der Verachtung. "Sie waren Kinder der Verachtung. Und nichts als Verachtung hatten sie für die anderen übrig. Für sie zählte nur die Kraft. Die Geschicklichkeit mit der Waffe, die sie sich auf der Landstraße rasch angeeignet hatten. Entschlossenheit. Ein schnelles Pferd und ein scharfes Schwert." (S. 395f) Meine Lieblingsszene ist die Zaubererparty zu der Yeneffer Geralt mitschleppt. Er [Geralt] nörgelte weiter. Er hatte einfach Lust, ein bisschen zu nörgeln. "Es gibt keine Musik. Es zieht wie Hechtsuppe. Man kann sich nirgends setzen. Werden wir im stehen essen und trinken?" Die Zauberin betrachtete ihn mit einem schmachtenden, veilchenblauen Blick. "Natürlich" sagte sie unerwartet ruhig, "Wir werden im Stehen essen. Du solltest auch wissen, dass ein längerer Aufenthalten bei den Tischen mit den Speisen als Taktlos gilt." [...] Zu alle Übel zog jeder Aufenthalt an einem Tisch mit Speisen gesellschaftliche Verpflichtungen nach sich. [...] Auf das obligatorische Vortäuschen eines Kusses auf die Wange und einen unangenehm weichen Händedruck, ein geheucheltes Lächeln und erst recht geheuchelte, aber gut erfundene Komplimente folgte ein kurzes und langweiliges Gespräch über nichts. (S. 133ff) Geralts Fazit dieser Party "Auf mich haben sich Spione gestürzt, mich haben aussterbende Echsen und Hermeline angefallen. Ich bin mit nicht existierendem Kaviar gefüttert worden. Nymphomaninnen, die sich nichts aus Männern machen, haben meine Männlichkeit in Zweifel gezogen, mit Vergewaltigung auf einem Igel gedroht, mich mit Schwangerschaft, was sag ich, sogar mit einem Orgasmus geängstigt, und zwar einen ohne die zugehörigen rituellen Bewegungen. Brrr". (S. 160) Yennerfer tröstet ihn natürlich darüber hinweg "Aus einem Fenster im linken Flügel von Aretusa schrie jemand, dass er schlafen wolle, und verlangte fluchend Ruhe. Aus einem Fenster auf der anderen Seite applaudierte [...] jemand enthusiastisch und gratulierte." (S. 184) Auch sehr nett: "Es ist vorgekommen, dass die Beratungen der Zauberer ziemlich stürmisch waren und es zu ziemlich aktivem Meinungsaustausch kam. Während eines solchen Austausches hat ein Kugelblitz Kleid und Frisur von Nina Fioravanti beschädigt. Nina hat ein Jahr Arbeit daran gesetzt, die Mauern von Garstang mit einer unglaublich starken Aura und antimagischen Blockade zu belegen. Seitherhat in Garstang kein Zauberspruch mehr gewirkt, und die Diskussionen verlaufen ruhiger." (S. 171) Die netten Seitenhiebe auf die Realität fehlen auch diesmal nicht, wie das jährliche Bardenturnier auf Schloss Vartburg (S. 188 ) Insgesamt eine wirklich sehr gute Fortsetzung voller politischer Intrigen und Rängespiele. Ich hätte ein Glossar gebrauchen können, welcher Zauberer welchem König dient und auch eine Karte der Länder wäre hilfreich gewesen, aber da kann man dem Verlag keinen Vorwurf machen, denn diese gibt es nicht einmal im polnischen Original.
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