André Postert

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Lebenslauf

André Postert, Dr. phil., Jg. 1983, hat Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Duisburg-Essen studiert und 2013 am Lehrstuhl von Wilfried Loth seine Promotion abgeschlossen. Während seines Studiums war er als wissenschaftliche Hilfskraft tätig, ab 2014 als Lehrbeauftragter für Neuere Geschichte an der Universität Düsseldorf und freier Mitarbeiter am NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln. Seit 2014 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hannah-Arendt-Institut in Dresden. Seine Forschungsschwerpunkte: Mentalitätsgeschichte, Konservatismus/Konservative Revolution, Opposition und Widerstand, Jugendorganisationen in der NS-Diktatur. 

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von André Postert

Cover des Buches Hitlerjunge Schall (ISBN: 9783423281058)

Hitlerjunge Schall

 (1)
Erschienen am 23.09.2016
Cover des Buches Kinderspiel, Glücksspiel, Kriegsspiel (ISBN: 9783423289801)

Kinderspiel, Glücksspiel, Kriegsspiel

 (1)
Erschienen am 30.11.2018

Neue Rezensionen zu André Postert

Cover des Buches Kinderspiel, Glücksspiel, Kriegsspiel (ISBN: 9783423289801)
M

Rezension zu "Kinderspiel, Glücksspiel, Kriegsspiel" von André Postert

Interessante Reise durch gesellschaftliche Symbole
M.Lehmann-Papevor 5 Jahren

Interessante Reise durch gesellschaftliche Symbole

Bisher war es eine Domäne von Neil McGregor, sich der Welkt, der Kultur, den gesellschaftlichen Facetten durch die Betrachtung von Objekten zu nähern, angeführt von dessen „Geschichte der Welt in 100 Objekten“.

In ähnlicher Weise, mit allerdings etwas anderer Zielrichtung, nähert sich nun André Postert über „Spiel-Objekte“ dem, was kulturell hinter diesen steht und wie sich gesellschaftliche Entwicklungen in diesen „Spiel-Sachen“ intensiv ausdrücken.

„Spielsachen zeugen von vergangenen Zeiten und sogar von fremden Kulturen“, seien es Holzeisenbahnen als technische Heranführung an den „Fortschritt“ und das „Verkehrswesen“ in der „großen Welt“, sei es, makaber, aber ebenso ausdrucksstark, jene „kleinste Guillotinen“, mit denen zu Zeiten der französischen Revolution „gespielt wurde“, zum „Köpfen von Püppchen“. Was bereits den roten Faden und den Kern des Buches mit aufzeigt, denn ob es Figuren von Napoleon dem I., Friedrich dem Großen (aus Zinn) oder eben erwähnte Hinrichtungsmaschine war, oft und oft bilden sich in den Spielzeugen die Linien der Historie selbst ab. Neben der zweiten, wichtigen Funktion von Spielen, der Erprobung der „Wirkmächtigkeit“ der eigenen Kräfte. Eine Form des Spiels, die dabei dann die Altersgrenzen durchbricht.

Dann stehen Rätsel, Bingo, Poker, Glücksspiel und anderes im Raum, um auf spielerische Art und Weise die Kräfte zu messen und die eigenen Emotionen (weitgehend) unverfänglich erproben zu können bis hin zum sportlichen Wettkampfspiel, das in jungen Jahren zum Spaß, in älteren Jahren dann aber mit ernst vollzogen wird. Bis dahin, dass am Ende keiner den „schwarzen Peter“ gezogen haben möchte.

Kleine Objekte, Spiel-Sachen einerseits, Spielregeln und sich durchziehende Spielfreude auch im erwachsenen Leben, selbst wenn man um die eigenen Spiele gar nicht so genau Bescheid wissen sollte, all das breitet Postert sprachlich flüssig zu lesen und fundiert in der Sachkenntnis vor den Augen des Lesers aus und sorgt für vielfache „Aha-Erlebnisse“. Vornehmlich für den betrachteten Zeitraum von 1900 bis 1945, in der das Spielzeug vielfache Veränderungen erfuhr und gerade vor, während und nach der Zeit des dritten Reiches seine politischen und gesellschaftlichen Bindungen eindrucksvoll vor Augen führt.

„Spiele des Krieges“ (Schneemann mit Pickelhaube, Steiff-Soldaten, die Kriegsgefangene abführen etc.), die schon im ersten Weltkrieg weit verbreitet waren und „Heldentum“ vermitteln sollten, Glücksspiele zu allen Zeiten, aber auch Spiel und Spielzeug im erotischen Bereich (mit vielfachen kreativen Ideen durch die Zeiten hindurch) bis hin zu einem intensiven Blick auf rassistische „Spiel-Tendenzen“ und die Wichtigkeit des „Spiels“ für die betroffenen des Holocaust setzen eine ernste Note und betonen die Symbolkraft der Spiele zu konkreten Zeiten in konkreten gesellschaftlichen Dispositionen.

Insgesamt eine informative, teils auch betroffen machende, immer aber auf den Punkt geschriebene Lektüre, die in interessanter Weise den Blick auf das „Spielen an sich“ nachhaltig verändert und vertieft.

Cover des Buches Hitlerjunge Schall (ISBN: 9783423281058)
M

Rezension zu "Hitlerjunge Schall" von André Postert

Sorgsam aufbereitete Innenschau
M.Lehmann-Papevor 8 Jahren

Sorgsam aufbereitete Innenschau

Letztlich stellt der Inhalt des Buches eine fast einmalige Möglichkeit dar, sich in das Werden eines ganzen Denkgebäudes einzulesen, zu verstehen, welches Klima ab Mitte der zwanziger Jahre in Deutschland herrschte und wie es geschehen konnte, dass Menschen nicht nur „irgendwie“ Hitler als Politiker hinnahmen, sondern tatsächlich in der Breite der Bevölkerung mit Begeisterung, mit „heiligem Ernst“ sich der „Sache“ verschrieben haben.

„10. Dezember 1930: Das NSDAP Programm ist im Haus“.

Und im Vorfeld je kurze, knappe Tagebuchaufzeichnungen voller Begeisterung über das Sein in der Gruppe, die Wanderungen, die Zeltlager zunächst in einer Vereinigung der „Deutschen Freischar“, dann bald in der sich gründenden Hitlerjugend.

Wobei es zunächst durchaus Verständnis beim Leser hervorruft, diese Freude an der Gemeinschaft, der Gruppe, dem Zelten, den Ausflügen, denn am Ort selbst, der kleinen Stadt, dürfte ansonsten für junge Menschen nicht viel Unterhaltung geboten worden sein.

Und selbst die Anfänge der HJ, die „Wehrlager“, Aufmärsche mit der SA gemeinsam, die Fackelzüge, „Kneipen“, die Masse an Gleichgesinnten, zudem die politischen Schulungsveranstaltungen, die Vorträge vieler Politiker, all das ist dem Leser überaus verständlich, wenn man sich nur ein wenig in das junge Leben des Franz Albrecht Schall einfühlt.

„Viel Begeisterung und geschäftiges Treiben. Am ersten Abend großartiger Fackelzug durch die Stadt“.

In einem Kontext des nationalen Denkens. Bei allem pubertären Streit mit den Eltern, bei dem dennoch der Vater trotz intellektueller Distanz zu den groben Formen des Auftretens der „Braunhemden“ im Kern dennoch Sympathie hegt. Auch Teile der Korrespondenz des Vaters Schall mit dessen Schulfreund Hermann Hesse legt Postert mit vor und entfaltet so in den Kommentierungen, der Hinführung und der Zwischenbemerkungen nicht nur eine klare Darstellung von Franz Albrecht Schall, sondern auch der Atmosphäre der Zeit, dem nationalen Denken, der Begeisterung für einen „Helden“.

„Hitler erscheint. Stürmische Heil-Rufe der gesamten versammelten SA brausen auf. Langsam geht er mit erhobener Hand die Böschung entlang. Ein tiefer Ernst liegt auf seinem Gesicht“.

Inszenierung, „Rundum-Angebote“ für die Jugend, Gruppengefühl, Indoktrination, der Rausch der Masse, all das schildert Schall knapp, aber mit spürbarer Begeisterung. Die sich steigert und steigert für den Träger des „Ehrenzeichens in Gold“, der sich, im Verlauf seiner Aufzeichnung überdeutlich zu erkennen, von einem „verführten Jugendlichen“ in einen überzeugten, teils fanatischen Parteigänger entwickelt, der die Inhalte der Propaganda vom „Auserwählten Heilsbringer Hitler“ bis hin zum fanatischen Antisemitismus sich auf die Fahnen schreibt.

Viel Informationen liefert Postert dabei zusätzlich. Kurze biographische Hinweise zu den vielfachen Personen, die Schall hört, trifft, die Einfluss nehmen, ausführliche Darlegungen zu den einzelnen Phasen der Entwicklung (Hineinkommen in die HJ, Parteigenosse werden, „erwachsen werden“ in der Partei, die Studienzeit in Jena.

Als Lehrer an den „Adolf-Hitler-Schulen“ gibt Schall danach überzeugt weiter, was ihm selber umfassend und geschickt nahegebracht wurde. Woran auch die Inhaftierung des Vaters durch die Gestapo nichts ändern wird, die Familie hat sich längt über die politischen Fragen zertrennt, alle drei Söhne sind längst ganz und gar auf der Seite der „neuen Ordnung“.

Da klingt es wie Hohn, wenn der Sohn schreibt: „Ich habe immer gehofft, dass Du Dich überzeugen ließest“ und mit „Heil Hitler!“ den Brief ins Gefängnis an den Vater abschließt.

Ein intensives Zeitdokument, dass von den Anfängen an eine innere Entwicklung sorgfältig nachzeichnet und kommentiert, die wie ein Paradebeispiel für die innere Atmosphäre zwischen 1928 und 1945 vor Augen steht. Inklusive einer „Nachlese“ über das „schnelle (Um-) Orientieren im Deutschland nach dem Krieg. Bis hin zu den Schwierigkeiten der inneren Annäherung mit seinem eigenen Sohn. Eine Zeit, die Postert ebenso sorgfältig zusammenfasst, wie er das gesamte Buch kommentierend begleitet und damit auch einen detaillierten Abriss der Geschichte der HJ vorlegt.

Eine sehr zu empfehlende, intensive Lektüre.

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