Cover des Buches XX (ISBN: 9783855350315)
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Rezension zu XX von Angela Chadwick

Mehr Medienkritik als wissenschaftliche Spekulation

von MrsFraser vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Nicht so brisant und wagemutig wie erhofft. Mehr Medien- und Politikkritik als spannende These.

Rezension

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MrsFraservor 6 Jahren
Angela Chadwick wagt in ihrem Buch 'XX' (Was wäre wenn) eine mutige These: Was wäre, wenn es gelänge, aus der DNA zweier Frauen einen Embryo zu zeugen - wenn es also möglich wäre, dass zwei Frauen miteinander ein leibliches Kind bekommen könnten?

Laut Inhaltsangabe stehen die beiden Frauen, die an dieser umstrittenen Studie teilnehmen, plötzlich im Zentrum einer weltweiten Diskussion um die Zukunft der Menschheit, denn bei dieser neuen Methode der künstlichen Befruchtung können nur Mädchen gezeugt werden.

Wie so oft, ist hier die Inhaltsangabe mutiger als der Roman. Von einer 'weltweiten' Diskussion kann keine Rede sein. Eher geht es um eine provinzielle Auseinandersetzung zwischen Jules, dem ersten 'weiblichen Vater', und der verbohrten Männerwelt ihrer Heimatstadt. Dort muss sie sich einerseits auf ihrer Arbeitsstelle bei einer Tageszeitung gegen ihren ignoranten und frauenfeindlichen Chef durchsetzen und andererseits gegen den traditionsbewussten Lokalpolitiker, der die Kritik an der Studie zum Inhalt seines Wahlkampfes macht.

Jules beweist sich im Buch leider zunehmend als 'stereotype' Homosexuelle, die ihrer 'männlichen' Rolle in der Beziehung zu ihrer Partnerin Rosie von Tag zu Tag gerechter wird. Sei es durch distanzierte Emotionen gegenüber dem ungeborenen Kind, körperliche Auseinandersetzungen oder als konsequente Tonangeberin, was den Auftritt der beiden Frauen in der Öffentlichkeit angeht.

Vor allem der letzte Punkt rief bei vielen Lesern Unverständnis hervor, denn trotzdem Jules selbst Journalistin ist, sorgt ihre strikte Verweigerung von Kommentaren nur für eine schließlich Eskalation der Situation und ihr Verhalten scheint überzogen und ganz und gar nicht souverän.

Aspekte wie die Glaubhaftigkeit der Studie und ernstzunehmende wissenschaftliche Diagnosen werden im Buch vernachlässigt, offensichtlich geht es nur um die Reaktion der Medien und der Politik und den passenden Umgang damit. Das ist zwar etwas enttäuschend, aber nicht allzu verwunderlich, wenn man erfährt, dass die Autorin selbst als Journalistin gearbeitet hat und inzwischen die Presse- und Medienabteilung einer Universität für kreative Künste leitet. Den ihr bekannten Aspekt beleuchtet sie vielseitig und diskutiert ihn kontrovers. Die Botschaft des Buches 'Liebe liegt nicht in den Genen, sondern in unseren Entscheidungen' ist angemessen, wenn auch etwas aufgesetzt rübergebracht.

Ich, die ich selbst aus der wissenschaftlichen Ecke komme, habe hier den realistischen, qualifizierten Blick über den Tellerrand und tatsächliche globale Aspekte vermisst (z.B. auch in den sozialen Medien).


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