Das ist keine einfache Aufgabe für mich, zu diesem Buch eine Rezension zu schreiben. War es ein schlechtes Buch? Nein, auf gar keinen Fall. War der Schreibstil schlecht? Das schon mal gar nicht, der Schreibstil war für mich sogar das beste an dem Buch, allerdings auch eines der Probleme, die ich beim Lesen hatte. So gut der Schreibstil auch war, er wirkte auf mich derart antiquiert, dass ich Mühe hatte, mir immer vor Augen zu halten, dass die Handlung NICHT 1900-1920 spielt.
Die Handlung.... wir begleiten Lewis als jungen Studenten bis etwa zu seinem 40. Lebensjahr. Einen Entwicklungsroman kann ich es allerdings nicht nennen, denn er wird nur einfach älter, von Entwicklung keine Spur. Lamoyant spult er seinen langweiligen Alltag ab, es gibt keine erkennbaren Höhen, eher Tiefen. Er versucht so sehr tugendhaft zu sein, dass ich vor Langeweile fast gestorben bin beim Lesen. Dieser Mann und sein Leben, sein Umfeld, das alles ist so trostlos und einsam und ermüdend... für mich war es eine Qual.
Aber da war eben dieser sehr aussergewöhnliche Schreibstil, der mich bis zum Schluß aushalten ließ. Hat es sich dann wenigstens gelohnt? Für mich leider nicht, ich habe mich beim Lesen nicht wohlgefühlt, mein Interesse für den Protagonisten nahm immer mehr ab und das Ende hat bei mir nur ein Schulterzucken ausgelöst.
Das Nachwort wirft etwas Licht auf die Autorin, die das Buch in den 80er Jahren als ältere Frau schrieb, und man versteht ein wenig mehr, warum die Handlung so ist, wie sie ist.
Ein Buch über Einsamkeit und Isolation, das mich leider nicht überzeugen konnte, toll übersetzt von Wibke Kuhn.
Anita Brookner
Lebenslauf
Alle Bücher von Anita Brookner
Hotel du Lac
Ein Start ins Leben
Seht mich an
Ein tugendhafter Mann
Eine Mesalliance
Eine Mesalliance
Kurzes Leben
Hotel du Lac (English Edition)
Neue Rezensionen zu Anita Brookner
In „Ein tugendhafter Mann“ erzählt Anita Brookner von Lewis Percy, der sich für seine Promotion mit Helden in der Literatur des 19. Jahrhunderts beschäftigt. Dadurch hängt er längst vergangenen Tugenden und Idealbildern nach, was sich natürlich auch auf seine Beziehungen zu Frauen auswirkt. Sehr ruhig und etwas behäbig führt mich die Autorin in diese Welt und der sehr ruhige Ton bleibt bis zum Ende bestehen. Durch die eleganten Sätze strahlt oft ein melancholischer Unterton, der Lewis perfekt gerecht wird. Und zwischenzeitlich blitzt auch ein wenig Witz auf, insbesondere in Verbindung mit den sehr gelungenen Charakteren.
Lewis ist zurückhaltend, nachdenklich und unauffällig – ganz anders als die Männer in den Heldengeschichten, über die er so viel weiß. Die Geschichte beginnt 1959, der Roman selbst erschien erstmals Ende der 1980er (auf Deutsch allerdings erst jetzt). Dennoch wirkt der Roman noch älter, sicher bedingt durch Brookners Sprache, die literarisch, aber eben auch etwas antiquiert wirkt. Tatsächlich hätte ich eher darauf getippt, dass auch die Geschichte in den 1950ern entstanden ist.
„Ein tugendhafter Mann“ ist kein Roman für zwischendurch, der sich mal so eben weglesen lässt. Es ist ein Buch, in das man sich reinlesen muss. Fahrt nimmt der Roman selten auf. Ich habe mir Zeit genommen, mich auf die zurückgenommene, feine Sprache und die oft recht langen Dialoge eingelassen. Und natürlich war ich neugierig, wie Lewis Geschichte endet. Zumal Volker Weidermann im Nachwort schreibt, dass Ein tugendhafter Mann mit einem „der überraschendsten Enden der Literaturgeschichte“ (Zitat Seite 394) endet. Natürlich werde ich das Ende nicht verraten, aber auch ich habe das nicht kommen sehen und fand den Abschluss sehr gelungen.
Dieses Buch von Anita Brookner erschien im Original unter dem Titel „Lewis Percy“ bereits 1989 und ist nicht nur dadurch, dass es 35 Jahre alt ist, sondern auch durch die Erzählzeit etwas aus der Zeit gefallen und wirkt ein bisschen altmodisch. Der ungewöhnlich elegante Schreibstil der Autorin trägt noch dazu bei, dieses Gefühl zu bestärken, ist aber auch ein ganz spezielles Lesevergnügen. Jedes Kapitel betrachtet einen neuen Lebensabschnitt oder wichtige Ereignisse im Leben des einsamen Lewis Percy. Die Tugendhaftigkeit und Langeweile seines Lebens wird hervorragend beschrieben. Für mich war die erste Hälfte tatsächlich etwas langatmig, da hat das langweilige Leben von Lewis auch auf den Leser abgefärbt. Nichtsdestotrotz ist das Buch eine sehr gelungene Charakterstudie von einem Mann, der besser sein will, als er sich traut zu sein. Seine Gedanken und Handlungsweisen fand ich ebenso gut getroffen wie die übrigen Charaktere, was an der feinen Beobachtungsgabe der Autorin und vielen glaubhaften Details liegt. Die zweite Hälfte hat mir deutlich besser gefallen und das Ende, das sehr überraschend kommt, ist vielversprechend.
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Anita Brookner wurde am 16. Juli 1928 in London (Großbritannien) geboren.
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