Cover des Buches Herbstvergessene (ISBN: 9783423247887)
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Rezension zu Herbstvergessene von Anja Jonuleit

Rezension zu "Herbstvergessene" von Anja Jonuleit

von olgica vor 13 Jahren

Rezension

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olgicavor 13 Jahren
Nebem dem "Warum?" ist das "Woher komme ich?" eine zentrale Frage die den Menschen schon immer beschäftigt hat. Nicht umsonst gibt es schon seit Jahrhunderten Stammbäume die sich mit der eigenen Familiengeschichte beschäftigen und Aufschluss über Vorfahren geben. Besonders beschäftigen kann einen dies, wenn man seine eigene Geschichte nicht oder nur lückenhaft kennt. Maja ist Anfang 40 und lebt glücklich mit ihrem Freund Wolf zusammen. Der Kontakt mit ihrer Mutter beschränkt sich auf je zwei lieblose Postkarten pro Jahr, zu Weihnachten und zum Geburtstag. Deswegen ist sie sehr überrascht, als ihre Mutter anruft und sie bittet zu ihr nach Wien zu kommen, da sie etwas wichtiges mit ihr besprechen muss. Doch als Maja in Österreich ankommt, lebt ihre Mutter nicht mehr, man fand sie tot unter ihrem Balkon. Im Gegensatz zur Polizei glaubt Maja nicht an einen Selbstmord und so begibt sie sich in der Wohnung ihrer Mutter auf die Suche nach etwas ungewöhnlichem. Dabei stößt sie schon bald auf ein Foto, das während des Krieges im Lebensbornheim Hohehorst aufgenommen wurde und laut Beschriftung ihre junge Großmutter und ihre Mutter als Baby zeigt. Doch dieses Kind kann unmöglich ihre Mutter sein. Maja beginnt nachzuforschen und entdeckt dabei immer mehr Dinge die ihrem Leben alles beständige nehmen und sie an allem zweifeln lassen. Anja Jonuleits fiktiver Roman über eine Frau auf der Suche nach ihrer Herkunft ist gespickt mit vielen Ereignissen und Tatsachen aus der deutschen Geschichte. Die sogenannten Lebensbornheime, staatlich geförderte Vereine, die im nationalsozialistischen Deutschen Reich von der SS getragen wurden, geben noch heute viel Ansatz zur Diskussion. Anfangs wurden darin nur ledige, schwangere Frauen aufgenommen, die ihre arische Abstammung belegen mussten, später wurden sogar Kinder aus Nordeuropa von ihren Familien fortgerissen und in diese Heime gegeben um sie anschließend zur Adoption freizugeben. Dieser Hintergrund fügt sich wunderbar in die Handlung des Romans ein. Ebenso authentisch war der Wiener Dialekt den die österreichischen Personen sprechen. In der direkten Rede tritt dieser mehrmals zu Tage. Im typischen Wiener Schmäh werden einige regionale Ausdrücke genannt, die man eventuell nicht versteht, wenn man mit dem österreichischen Sprachraum bislang noch nicht in Berührung kam. Ein weiteres kleines Manko sind wenige Rechtschreib- und ein logischer Fehler. Zu Beginn des Romans wird als Wohnebene von Majas Mutter einmal der 4. Stock und ein anderes mal das 3. Stockwerk genannt. Das Buch ist aus zwei Perspektiven geschrieben, aus Majas und aus einer weiteren, die man anfangs noch nicht einzuordnen weiß, was sich jedoch im Verlauf der Lektüre von selbst erklärt, da die dortigen Geschehnisse in der Handlung thematisiert werden. Besonders haben mir die flüssige Sprache und die vielen plastischen Beschreibungen gefallen. Sowohl dadurch, als auch durch die spannende Thematik des Romans ist man stets in der Handlung gefangen und es kommt zu keiner Zeit Langeweile auf. Eine unterhaltsame Lektüre, in der weder Krimi, noch Spannung oder Liebe fehlt. Dadurch kann das Buch von jung und alt, von Mann wie Frau gelesen werden.
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