Ein Roman mit Tiefgang, dem man sich widmen sollte, seiner Sprache, seiner Bezüge.
Horizonterweiterung.....
Ein Roman mit Tiefgang, dem man sich widmen sollte, seiner Sprache, seiner Bezüge.
Horizonterweiterung.....
Mir ist es noch nie so schwer gefallen, zu einem Buch eine schlüssige Besprechung abzugeben, wie bei diesem hier. Ich konnte mich diesem Roman nur partiell annähern und Stückwerk wird auch die Beschreibung meines Leseeindrucks bleiben. In meiner Ratlosigkeit greife ich auf meine rein subjektive Wahrnehmung zurück.
Unter anderem ist dies das Resultat eines für mich inhomogenen Plotgefüges. Science-Fiction-Szenen wechseln sich mit historischen Einschüben ab. Da ich persönliche nicht so gerne historische Romane lese, haben mich die doch recht ausgeprägten Exkursionen ins mittelalterliche Spanien (oder Portugal?) und nach Paris zur Zeit des Zweiten Weltkrieges deutlich weniger angesprochen. Die historischen Segmente unterbrechen den Erzählfluss der dystopischen Rahmenhandlung und wirkten auch insofern störend auf mich, als dass ich keinen rechten Zusammenhang erkennen konnte. Selbst nach Beendigung des Romans blieb für mich die Frage nach dem Warum. Die futuristische Story hätte auch gut für sich alleine stehen können. Was mich zu der Annahme führt, dass die historischen Teile einen wesentlichen Punkt der Prämisse in sich tragen, die diesem Roman zugrunde liegt. Auch hier könnte ich nicht eindeutig benennen, welche Intention die Autorin verfolgte. Meinem Empfinden nach könnte die Grundaussage des Romans sein, dass die Frau schon immer in die Opferrolle gedrängt wurde und sich das auch in einer fernen Zukunft nicht ändern wird.
Ganz unabhängig von meinem persönlichen Geschmack, sind die historischen Abschnitte nicht minder virtuos geschrieben als die in der Zukunft spielenden. Atmosphärische Schilderungen lassen die Figuren, ihre Erlebnisse und Gefühle dreidimensional erscheinen. Große Erzählkunst.
Der Tenor des Buches ist kein leichter, wie es die Klassifizierung einer Dystopie ohnehin nahe legt. Herausragend empfand ich die Gestaltung der Science-Fiction-Umgebung. Hier finden sich viele kreative, überraschende und neue Ideen. Dass die Autorin hierbei nicht viel erklärt, sondern dem Leser viele Freiheiten zur eigenen Interpretation lässt, hat mir sehr gut gefallen. Wahre Bilderfluten türmten sich in meinem Kopf auf.
Sprachlich ist der Roman fein gearbeitet, driftet manchmal vom Erzählerischen ins Bildermalerische ab, was zur Entschleunigung des Lesetempos führt.
Vordergründig gibt es in dieser Gesellschaft der Zukunft keine Geschlechtsunterschiede mehr. Das versucht die Autorin sprachlich darzustellen, in dem sie nicht mehr die Personalpronomen „sie“ und „er“ verwendet, sondern „es“. Und sofort fällt auf, dass unsere Sprache nicht dafür ausgelegt ist. Man kann eine Person als "es" bezeichnen, doch bereits bei den Possessivpronomen scheitert man. Die Autorin ist gezwungen, sich entweder für "ihre" oder "seine" zu entscheiden, was die Neutralität sofort aufhebt. Ohnehin existieren nach wie vor zwei Geschlechter, auch wenn sich die Unterschiede auf die Genetik beschränken und sich nicht mehr offensichtlich in Körperlichkeiten ausdrücken.
Als Resümee muss ich anfügen, dass ich nicht den Eindruck habe, den Roman verstanden zu haben. Er wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet. Ich würde ihn als intellektuelle Herausforderung bezeichnen.
Wir befinden uns sieben Jahre nach Ende des dritten Weltkriegs. Es gibt keine Geschlechterunterschiede mehr und Wirtschaftskonzerne regieren die Welt.
Ashur und Elf leben im Untergrund in virtuellen Räumen in U-Bahnschächten. Sie kennen sich beide nicht und doch haben sie Gemeinsamkeiten. Sie träumen von vergangenen Zeiten. In ihren Träumen werden sie zu anderen Personen in einer anderen Zeit. Ashur wird zu Adina und dann Ana Luz während Elf zu Emrys und dann zu Eva wird. Die Autorin erzählt eigentlich drei unterschiedliche Geschichten auf verschiedenen Zeit- und Erzählebenen (eine Dystopie, Spanien während der Inquisition und Paris zur Zeit der deutschen Besatzung).
Es handelt sich um einen sehr komplexen Roman, an dessen Aufbau sich der Leser erst einmal gewöhnen muss. Wann man sich aber eingelesen hat, merkt man wie die Autorin mit der deutschen Sprache arbeitet und die Phantasie des Lesers anregt, indem sie nicht jedes Detail ausformuliert hat. Ein wenig anstrengend fand ich beim lesen die geschlechtsneutralen Figuren. Immer wieder ertappte ich mich dabei, Hinweise auf das Geschlecht der Person zu suchen. So ein schönes, herrliches Buch habe ich schon lange nicht mehr gelesen.
Es gibt wirklich sehr viele Dystopien auf dem Büchermarkt, aber keine welche mich so in ihren Bann gezogen hat. Dieses Buch lebt von knappen Beschreibungen und Metaphern an der richtigen Stelle.
Wer ein Buch wirklich erleben möchte, sich vorstellen kann seine Phantasie dabei einzusetzen, der sollte dieses Buch unbedingt lesen.
Sieben Jahre nach Ende des dritten Weltkriegs. Wirtschaftskonzerne regieren den ehemaligen Nordblock. Geschlechterunterschiede gibt es nicht mehr. Zumindest an der Oberfläche.
Ashur und Elf leben im Untergrund. In virtuellen Räumen, in U-Bahn-Schächten, in der Kanalisation. Obwohl sie einander nicht kennen, haben sie etwas gemeinsam: Sie träumen. Von vergangenen Zeiten, von sich, von einander, in veränderter Gestalt. Ashur wird Adina wird Ana Luz. Elf wird Emrys wird Evita. Und nichts ist mehr, wie es schien.
»Träume Digitaler Schläfer« ist als »Bester deutschsprachiger Roman« nominiert für den »Deutschen Science-Fiction-Preis«.
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