Eine Frau und ein Mann im Spannungsfeld zwischen Verantwortung und Gefühlen: Kaila nimmt ihre Pflicht als Königin ihres Landes Velatien sehr ernst, doch einmal im Jahr kann sie aus ihrem goldenen Käfig ausbrechen und ihren Gefühlen nachgeben. Versteckt hinter einer Maske trifft sie so auf Airy, der ihr sofort unter die Haut geht. Doch die Maskennacht ist kurz und wird von einem schrecklichen Ereignis überschatten, das Krieg mit einem benachbarten Königreich, dem Hochland, auslöst. Auf dem Schlachtfeld treffen Kaila und Airy wieder aufeinander und wandern auf einem schmalen Grat zwischen Liebe, Neugier und Verantwortung, denn Vertrauen muss verdient sein und fremde Kulturen sind oft schwer zu verstehen….
Die Schreibweise ist - wie bei dieser Autorin - gewohnt auf den Punkt gebracht; die verschiedenen Intentionen der Charaktere kommen sehr gut durch ihre Handlungen zur Geltung und werden nicht groß erklärt, worauf man sich in der ein oder anderen Szene einlassen muss. Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven der Protagonisten erzählt, wodurch man als Leser einen besseren Überblick über die Geschehnisse hat und auch die vielleicht erst unpassend wirkenden Verhaltensweisen verstehen kann. Zudem wird hier diesmal viel Zeit auf die Beschreibung des Hochlandes verwendet, was ich persönlich sehr schätze. Die Landschaft erwachte so sehr gut vor meinen inneren Auge zum leben.
Spannung kommt durch verschiedene Aspekte auf, die sich mal überschneiden und dann wieder getrennt voneinander laufen, aber sich doch beeinflussen. Ein großer Aspekt ist der Krieg und die über allem schwebende Frage, wie es mit dem Hochland weitergeht. Parallel läuft die Entdeckung einiger Geheimnisse des Hochlandes und seiner Kulturen, die der Leser zusammen mit Kaila entdecken darf. Doch auch die Geheimnisse Valatiens, die längst nicht alle enthüllt sind, bringen neue Spannung. Zum anderen weiß man als Leser sehr früh von einer Verwicklung, die drohend über allem schwebt und man wartet nur darauf, wann die sprichwörtliche Bombe platzt und ob und wie es danach weitergehen kann.
Die Figuren sind gewohnt komplex und mehrdimensional. Sie machen es nicht immer einfach, sie zu mögen, und den ein oder anderen würde man gerne schütteln. Dennoch sind die Handlungen durchdacht und nachvollziehbar. Kaila ist eine ungewöhnliche Königin, die sich die Meinungen ihres Beraterstabes anhört und in Betracht zieht, bevor sie eine Entscheidung trifft; auf der anderen Seite ist sie eine sehr gefühlvolle Person, die auch einfach nur glücklich sein möchte.
Ihr Umfeld besteht aus vielen Charakteren, die sehr stark in ihrer Meinung sind. Gegenpart aus dem Hochland ist Airy, bei dem von Anfang an klar ist, dass er viele Geheimnisse hat und der eine sehr andere Art als Kaila hat. Neben seinem Aussehen und seinem Charme, zeichnet er sich aber auch als Manipulator aus, der genau weiß, wie er mit seinem Umfeld umzugehen hat und deshalb hoch angesehen ist, denn er würde alles für sein Land geben und setzt seine Gaben eher weniger ein, um anderen zu schaden.
Groß im Fokus steht der Glaube der einzelnen Figuren. Damit ist zum einen der wahre Glaube im Form der verschiedenen Religionen gemeint, aber auch die Weltanschauungen, Werte und Normen, mit denen jeder Mensch aufwächst und nur selten hinterfragt. In Laufe der Geschichte treffen sehr unterschiedliche Perspektiven aufeinander, von denen aber alle absolut nachvollziehbar aufgezeigt sind, auch wenn man als Leser oft anderer Meinung ist.
Typisch für die Autorin ist, dass wieder sehr viele starke Frauen eine Rolle spielen und die Männer des Hochlandes auch Gefühle zeigen. Dies wird auch nicht nur durch Handlungen gezeigt, sondern spiegelt auch den Unterschied der beiden Länder deutlich wieder. Ansonsten wird bei der Bandbreite der Figuren auch das Spektrum unserer Gesellschaft deutlich, so gibt es Fanatiker, typische Politiker aber auch einfach liebenswerte Figuren. Darüber hinaus gibt es auch mehr als nur menschliche Figuren, die teilweise sehr ungewöhnlich sind und auf die sich nicht nur Kaila einlassen muss, um die Unterschiede zu verstehen und diese zu respektieren.
Das Buch hat eine Message an jeden Leser und weckt Reiselust, die Vorbilder für die fantastische Welt zu entdecken. Im Vergleich zu den anderen Büchern der Autorin wird hier deutlich mehr der Mainstream angesprochen, dennoch bleibt sich Anke Becker treu in ihren Ansichten und Charaktermerkmalen. Dies ist der erste Teil einer Reihe und in sich in Bezug auf den romantischen Aspekt abgeschlossen, dennoch sind viele Fragen offen und ich bin sehr gespannt, mehr über Kaila und Airy zu lesen und mehr von Velatien kennen zu lernen.