Cover des Buches Ein Hauch von Sterblichkeit (ISBN: 9783404149704)
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Rezension zu Ein Hauch von Sterblichkeit von Ann Granger

Rezension zu "Ein Hauch von Sterblichkeit" von Ann Granger

von rumble-bee vor 14 Jahren

Rezension

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rumble-beevor 14 Jahren
Bei erfolgreichen Buchserien, insbesondere bei Krimis à la Ann Granger, steht man als Rezensent vor gewissen Problemen. Unter Lesern sind diese Bücher gewissermaßen zu Selbstläufern geworden, die wohl kaum noch einer Werbung bedürfen. Auch verwendet gerade diese Autorin gewisse "Rezepte", die man sicherlich bei genauem Hinlesen erkennen kann. Doch schmälert das den Lesegenuss? Und hindert mich das in irgendeiner Weise daran, dennoch eine begeisterte Rezension zu schreiben? Nein, natürlich nicht! Ich möchte es einmal so formulieren (man verzeihe mir den etwas flapsigen Vergleich): Die Krimis von Ann Granger, gerade die aus der Reihe um Mitchell & Markby, ähneln einer prall gefüllten Tüte mit goldbraun frittierten Pommes Frites. Ja, natürlich wird es Zeitgenossen geben, die empört darauf hinweisen, dass Pommes Frites nicht gerade den Olymp lukullischer Genüsse darstellen - viel zu viel Fett, zu wenig Vitamine. Auch ist das einzelne frittierte Stäbchen von ferne kaum von seinen Geschwistern zu unterscheiden. Und dennoch - beißt man hinein, entscheidet man sich also bewusst für den Verzehr, dann sind alle diese Einwürfe letztlich unwichtig. Es ist einfach nur köstlich und knusprig, und allein das zählt ja. Alle anderen sollen halt im Bioladen einkaufen. Oder Denis Scheck schauen. Inhaltsangaben sind bei dieser Art Buch eher überflüssig - denn das Lesevergnügen entsteht hier eher aus der Atmosphäre, vielen liebevollen Einzelheiten, und den Charakteren - nicht aus der Handlung an sich. Deswegen wird man wohl kaum zu diesem Buch greifen. Von daher will ich mich lieber auf Einzelheiten konzentrieren, die mir positiv aufgefallen sind. Was ich bei Mitchell & Markby so liebe, ist die Tatsache, dass die Bücher so unkompliziert beginnen. Keine gestelzten Prologe, keine langatmigen Einführungen. Man landet als Leser mitten in einer Szene, vorzugsweise auf dem Land, in einer verfahrenen Situation, oder in einem Gespräch unter verschrobenen Menschen. Dies kombiniert mit dem Serien-Charakter lässt den Leser sehr leicht und schnell in das Buch einsteigen. So auch hier. Das Buch beginnt am Frühstückstisch der Postbotin, die in diesem Fall ein gefährliches Päckchen zustellt. Und von hier aus entfaltet sich ganz natürlich die Handlung, der Leser wächst in das Geschehen hinein. Wiedererkennungswert hat auch, dass es sich nicht um eine klassische Ermittlung handelt. Auf inoffiziellem Wege ermittelt Meredith Mitchell, die Freundin von Inspector Alan Markby, mindestens ebenso viel - wenngleich auch unabsichtlich. In diesem Buch stößt sie zum Beispiel auf etliche Hinweise, weil sie auf einer Auktion stöbert, und weil sie ihre beste Freundin gerade noch rechtzeitig vor einer fast tödlichen Vergiftung rettet. Dieser Fall dreht sich, zumindest an der Oberfläche, um Themen, die jeder Leser nachvollziehen kann, und die auch noch sehr britisch anmuten. keine großen Verbrechen, sondern erstens militante Tierschützer, und zweitens Nachbarschaftsstreitigkeiten um einen alten Mann, der seine Ziegen frei herumlaufen lässt. Um diese beiden Themen gibt es etliche köstliche Verwicklungen, bevor dem Leser dämmert, dass eigentlich ganz andere Dinge hinter den Vorgängen stecken. Die Auflösung ergibt sich wirklich erst ganz zum Schluss! Fairerweise muss man allerdings sagen, dass es einem als geübtem Leser durchaus möglich ist, die Lösung selber zu erahnen. Positiv zu vermerken ist auch der Mangel an Blut und Grausamkeiten. Die Spannung ergibt sich vielmehr aus zwischenmenschlichen Verstrickungen. Der Fall beginnt nicht mit einem Mord, sondern mit einer Briefbombe. Später gibt es zwar ein Todesopfer, aber lange ist auch hier nicht klar, ob es sich um einen gewaltsamen Tod handelt. Gut, die letztendliche Auflösung mag nicht die originellste gewesen sein. Aber der Weg dorthin - ich habe mich köstlich amüsiert! In welchem Buch hat man das schon, dass man bei einer spannenden Schlüsselszene Tränen lacht? Auch auf die Gefahr hin, zu viel zu verraten, muss ich das einfach erwähnen: den militanten Tierschützern wird ein riesiges Hühner-Kostüm geklaut, und der Täter schleicht sich, als Huhn verkleidet (!), mit einem Messer in der Hand an die Protagonistin heran... sogar einer der Constables, die den Fall später aufnehmen und per Funk durchgeben müssen, erleidet einen Lachanfall! Einzig das allerletzte Kapitel fand ich persönlich überflüssig. Mitchell und Markby treffen sich hier zum Essen, und im Gespräch werden alle losen Fäden des Falles aufgerollt und geklärt. Nun ja, das hätte nicht sein müssen - aber ein nettes Extra ist es allemal. Was mir allerdings, schon zum wiederholten Mal, negativ aufgefallen ist, ist die Übersetzung von Axel Merz. Ich ziehe nur deswegen keinen Stern ab, weil schließlich die Autorin nichts dafür kann. Allerdings würde ich dem Verlag dringend (!) dazu raten, in künftigen Neuauflagen diese Schnitzer zu beseitigen. Ich finde, es wirft ein schlechtes Licht auf den Verlag, und ist teilweise einfach nur peinlich - denn der Übersetzer hat eindeutige Schwächen bei idiomatischen Wendungen, die er immer wörtlich (!) übersetzt. Einmal kann das passieren, aber nicht fünf- oder sechsmal in einem Buch!! Ich nenne nur einige wenige Beispiele. "At the end of the day" heißt NICHT "am Ende des Tages", sondern "schließlich, zu guter Letzt". "I didn't have the heart to do XY" heißt NICHT "ich hatte nicht das Herz, XY zu tun", sondern "ich brachte es nicht fertig, nicht über mich". Und, für mich persönlich ganz grausam, ´"his new wife" heißt NICHT "seine neue Ehefrau", sondern "seine frisch angetraute Ehefrau"... ! Wie gesagt, einfach nur peinlich. Das dürfte nicht sein. *** Dennoch, ich würde jedem, der einmal prächtig und geruhsam britisch unterhalten werden will, eindeutig zu diesem Buch raten. Und zu der ganzen Reihe sowieso.
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