Anna Enquist

 4,1 Sterne bei 136 Bewertungen
Autorin von Letzte Reise, Die Betäubung und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Anna Enquist wurde 1945 in Amsterdam geboren und ist Konzertpianistin, Psychoanalytikerin und Schriftstellerin. Sie veröffentlicht mehrere Gedichte, Romane und Essays, die vielfach ausgezeichnet und in bis zu fünfzehn Sprachen übersetzt wurden. Anna Enquist lebt in den Niederlanden.

Alle Bücher von Anna Enquist

Cover des Buches Letzte Reise (ISBN: 9783641141288)

Letzte Reise

 (52)
Erschienen am 10.03.2014
Cover des Buches Die Betäubung (ISBN: 9783442747627)

Die Betäubung

 (19)
Erschienen am 11.08.2014
Cover des Buches Kontrapunkt (ISBN: 9783442739691)

Kontrapunkt

 (19)
Erschienen am 08.02.2011
Cover des Buches Das Meisterstück (ISBN: 9783641159955)

Das Meisterstück

 (15)
Erschienen am 27.11.2014
Cover des Buches Streichquartett (ISBN: 9783442715305)

Streichquartett

 (13)
Erschienen am 14.08.2017
Cover des Buches Denn es will Abend werden (ISBN: 9783630876047)

Denn es will Abend werden

 (5)
Erschienen am 24.06.2019
Cover des Buches Die Erbschaft des Herrn de Leon (ISBN: 9783641159931)

Die Erbschaft des Herrn de Leon

 (2)
Erschienen am 27.11.2014
Cover des Buches Die Eisträger (ISBN: 9783803127587)

Die Eisträger

 (1)
Erschienen am 22.04.2016

Neue Rezensionen zu Anna Enquist

Cover des Buches Denn es will Abend werden (ISBN: 9783641241476)
S

Rezension zu "Denn es will Abend werden" von Anna Enquist

Zwischen Vergangenheit und Zukunft
StefanieFreigerichtvor 4 Jahren

Einst waren sie Freunde, spielten gemeinsam als Streichquartett, zwei von ihnen als ein Paar. Dann erlebten sie gemeinsam einen Nachmittag voller Gewalt, Angst, Verlust. Jetzt ist jeder von ihnen allein. Heleen hat sich komplett von allen anderen abgesondert, ihren früheren Beruf gekündigt, ist gar optisch zu einer ganz anderen geworden. Jochem lebt in seinen Ängsten, vergittert Fenster, lebt lieber provisorisch in seinem gesicherten Atelier mit seiner Wut als mit seiner Frau Carolien. Carolien hängt in einer Art Zwischenwelt, fühlt sich betäubt, nicht zu einer Reaktion fähig. Einzig Hugo scheint mit der ihm eigenen Leichtigkeit mit den Ereignissen klarzukommen, dabei hat er den Kontakt zur für ihn wichtigsten Person verloren, ist nach Shanghai gegangen deshalb.  

Wieder zeichnet Autorin Anna Enquist wunderbar die verschiedenen Charaktere. Der Verlag ließ zu diesem Buch verlauten, es setze da an, wo „Streichquartett“ endet, sei aber vollständig eigenständig. Nun, ja – es ist ein ganz anderes Buch. Und nein – wer dieses Buch liest, ist gespoilert für den Vorgänger. Und dieses Buch bezieht sich in jedem Satz derart auf die Vergangenheit, dass es einfach unsinnig ist, NICHT beide hintereinander zu lesen. Ich finde allerdings das aktuelle Buch noch deutlich besser. Die Sprache, die detailreiche Darstellung der Personen, das haben beide. Im aktuelleren jedoch „fehlen“ die Punkte, die ich mich das ältere Buch als zu überladen mit Themen empfinden ließen.

Dafür hat „Denn es will Abend werden“ einiges mehr, in dieser leicht melancholischen Grundstimmung, das innehalten und darüber nachdenken lässt. So etwa, als der frühere Lehrer von Hugo und Carolien beerdigt wird und sie sinniert: „Der, der sie kannte, ist weg, und dadurch ist sie selbst auch zu einem Teil nicht mehr vorhanden. Letztlich bleibt, wenn du alle Freundschaften aufgibst, nichts von dir übrig, und du bist nur in der Gegenwart durch deinen dürren Leib vertreten.“


„Caroliens Gedanken schweifen wieder ab, sie überlegt sich, unter welchen Voraussetzungen einem solche vertraulichen Eingeständnisse möglich sind. Wenn man sich sicher fühlt, wenn man weiß, dass die anderen einen nicht verurteilen oder auslachen werden. Wenn man unter Freunden ist.“

https://www.lovelybooks.de/autor/Anna-Enquist/Streichquartett-1428487455-w/rezension/2476180421/

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Cover des Buches Streichquartett (ISBN: 9783641152949)
S

Rezension zu "Streichquartett" von Anna Enquist

Machtlos
StefanieFreigerichtvor 4 Jahren

Das namengebende „Streichquartett“ besteht aus vier Hobbymusikern, einzig Hugo, die erste Geige, hat sein Studium am Konservatorium beendet. Der geschiedene Vater einer dreijährigen Tochter arbeitet aber nur mehr in der Verwaltung der Musik, als Leiter des (Musik-) Zentrums, das aufgrund schrumpfender Subventionen mehr schlecht als recht fortbesteht. Seine ältere Cousine Heleen ist die zweite Geige – die typische Überengagierte, die sich immer kümmert, um ihre drei Söhne, als Mitglied einer Gruppe von Brieffreunden für Häftlinge, um Pflanzen, das Essen, als Krankenschwester. Hier arbeitet sie zusammen mit der Ärztin Carolien, der Cellistin, die ihr Musikstudium zugunsten der einträglicheren Medizin aufgegeben hat – und für eine Familie mit Jochem, Bratsche und Instrumentenbauer.

Anna Enquist zeichnet diese Charaktere für mich jederzeit nachvollziehbar und lebensnah in aller Tiefe und all ihren Unterschieden, mit ihren Nöten. Besonders das Ehepaar Carolien und Jochem muss mit einem schweren Schicksalsschlag klarkommen, dem Jochem bislang nur Zorn entgegensetzen kann, Carolien hingegen Sprachlosigkeit, Erstarrung, Abmagern.
Einzig im Musizieren finden alle regelmäßig Trost, gewinnen aber auch aus der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Stücken - ich habe früh begonnen, in einiges davon bei der Lektüre hineinzuhören, es später allein zu genießen. Die Autorin schafft es, mir als Nicht-Musikerin das Wechselspiel im Quartett nahezubringen, die besondere Wirkung der Werke und ihrer Teile, die Instrumente; das, was ich gar nicht verstand, hielt sich sehr in Grenzen. Soweit ein Genuss:
„Gottverdammt, denkt Jochem, eine richtiggehende Ansprache. Das ist lange her. Was will sie jetzt? Zustimmung will sie, die Erlaubnis, für immer und ewig in Trauer bleiben zu dürfen. Ich höre es, aber ob ich es auch verstehe? Sein Blick wandert über das Instrument [Anmerkung: eine Gambe], das auf der Werkbank liegt. Man kann es so nehmen, wie es ist: bescheidener Klang, schwer zu regulieren, für ein begrenztes Repertoire geeignet. Man kann auch auf Veränderung aus sein, sich einen größeren Klang wünschen, von einer Form träumen, die eine breitere Entwicklung ermöglicht: einem Cello also. Er nickt. Das ist der Unterschied, den sie meint.“

Als das Hobbyquartett beschließt, ein Stück einzustudieren für den Geburtstag von Caroliens Praxis-Mitinhaber Daniel, stürzt ein unerwarteter Besucher das Leben aller ins Chaos. Und hier kommen meine Bedenken – brauchte es diesen zweiten Eingriff des Schicksals? Ich hatte eine Art Kontrapunkt erwartet zu dem Verlust von Carolien und Jochem, etwas, was beiden wieder einen Sinn gibt oder ihren Verlust einordnet, keinen zweiten Schnitt, im wahrsten Sinne. Das allein wäre vielleicht noch gegangen für mich, wenn es nicht so unabdingbar eine Fortsetzung gäbe; allein dadurch bekommt das Ende etwas, bei dem ich als Leser nicht einmal wusste, ob das offen oder geschlossen sein sollte. Auch vom Nebenstrang mit dem früheren Lehrer von Carolien und Hugo, Rainier van Aalst, der erkennt, dass er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters mehr Unterstützung benötigt, und sich im wahrsten Sinn des Wortes über seine Vorurteile und Ängste hinaus-wagt, hätte ich mir ein anderes Hinzulaufen auf die Haupthandlung gewünscht, vielleicht über die gemeinsamen Bezüge Kinder, Hoffnungen, Verlust, Musik,…

Dazu spart die Autorin nicht mit Sozialkritik in ihren Spitzen gegen das niederländische Gesundheitswesen und die Politik, besonders zu den Themen Altenpflege (mehr schlecht als recht), Kulturförderung (schlecht, da ohne Budget inexistent), Immobilien und Verkehrswesen (ganz schlecht, da mafiös) – übrigens sei das Buch an diesen Stellen leicht dystopisch, so die Süddeutsche Zeitung, aha, deshalb konnte ich dazu nichts finden, aber das versteht so richtig wohl nur ein Niederländer. Ich habe übrigens in der Realität noch nie erlebt, dass sich vier Personen so einig zur Politik waren - für mich schoss das reichlich über das Ziel hinaus, weil es mir rüberkam wie „Person geht in den Wald – einer der Politiker war mal im Wald, Politiker ganz schlecht“ – „Politiker benutzt Löffel – Politiker hat mal alten Leuten Löffel weggenommen, ganz schlecht“. Inwiefern die Aussagen in der Realtät fußen, haben ich zur Gesundheitspolitik nachzuvollziehen versucht, kam aber auf keinen grünen Zweig (ja, es gab Änderungen, so eindeutige Zuständigkeiten von Ärzten für bestimmte Patienten. Wer wie meine Familie nahe einer Großstadt lebend letztens miterleben durfte, KEINE Termine bei akuter Lungenentzündung oder in einem anderen Fall bei Bronchitis seit 5! Wochen zu bekommen, teils trotz Privatversicherung, WILL aber auch in Deutschland Änderungen, statt zum Bereitschaftsdienst zu gehen).

Ohne diese Anteile wäre der Roman bei mir also mit fünf Sternen plus zum Ende gekommen, doch so mag ich nur vier geben (auch, weil der Krimileser in mir nicht nachvollzieht, warum sich vier Personen nicht gegen eine zur Wehr setzen – siehe Spoiler). Der Folgeroman liegt bereits bereit.

Spoiler: Hugo flieht ohne seine Tochter? Die nehmen sich den Eindringling nicht gemeinsam vor, sondern gehorchen brav? Welche zusätzliche Komponente gibt es dadurch, dass Rainier als zweites Opfer alt ist, darauf wird sehr herumgeritten? Rainier kann das Fenster öffnen – danach aber nicht durch selbiges hinaus sich in Sicherheit bringen? Sein Eindringling ist sich seiner Sache so sicher, dass er Rainier nicht fesselt, einsperrt, ähnliches, während er duscht? Warum benutzt die Polizei keine Richtmikrophone am Boot, war das Geld auch da zu knapp – aber für Sprengstoff reicht es? Überhaupt Rainier: er soll über achtzig sein, Carolien aber war vor 25 Jahren achtzehn. Damit wäre sie jetzt 43, damit Rainier mindestens 37 Jahre älter als sie – sie hätte somit mit achtzehn ein Verhältnis mit einem über 55jährigen gehabt, und das, bis sie heiratete und Kinder bekam, was ja – das älteste Kind war vor zwei Jahren zwölf, sie trennte sich für die Familiengründung – also bis gut in ihre Zwanziger Jahre gedauert haben dürfte, er also längst Anfang Sechzig war. Ja, gibt’s – aber so oft dann doch nicht mit so einem heftigen Altersunterschied. Abgesehen davon: was bringt hier genau diese gemeinsame Vergangenheit, Lieblingsschülerin reichte nicht?

Dissonanzenquartett von Mozart https://www.youtube.com/watch?v=6zbNgyJkzdw
Bach: Präludium der ersten Suite https://www.youtube.com/watch?v=mGQLXRTl3Z0
Bach: Kunst der Fuge https://www.youtube.com/watch?v=YqXZtGyFyDo
Mozarts Quintett in g-Moll https://www.youtube.com/watch?v=hEFu9iV0Zxw
Haydn für Streicher …es wird nicht gesagt, welches Stück, daher: Überraschung! https://www.youtube.com/watch?v=mBmCcSz6HWw&list=RDQMgAGi01CAV9s&index=4
Mozart Quartett in d-Moll https://www.youtube.com/watch?v=_dSaoEvodhg
Schubert Der Tod und das Mädchen https://www.youtube.com/watch?v=ovEYC-mFjvU

https://www.perlentaucher.de/buch/anna-enquist/streichquartett.html
https://www.deutschlandfunkkultur.de/anna-enquist-streichquartett-filigrane-verwebungen-von.1270.de.html?dram:article_id=335621


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Cover des Buches Denn es will Abend werden (ISBN: 9783630876047)
Claris avatar

Rezension zu "Denn es will Abend werden" von Anna Enquist

Schicksale
Clarivor 4 Jahren

In geheimnisvoller Weise führt uns Anna Enquist auf die Spuren eines Streichquartetts, dessen Mitglieder durch einen dramatischen Überfall und Unfall auseinandergerissen wurden.
Holland ist der Ort des Geschehens.
Carolien ist die Hauptprotagonistin, aus deren Blickwinkel die Geschichte aufgerollt wird.

Sie hat durch den besagten Überfall einen kleinen Finger verloren und will keinesfalls mehr ihr Instrument, das Cello, anrühren. Auch ihrem Beruf als Ärztin glaubt sie nicht mehr nachgehen zu können. Ihr Mann Jochem, ein Instrumentenbauer, hat sich in ein Atelier verkrochen, in dem er sich mit vielerlei Sicherheitsvorkehrungen eingeigelt hat. Diese beiden scheint der Unfall ganz aus dem Gleise geworfen zu haben. Am wenigsten hört man von Heleen. Hugo, der Bootsbesitzer, dessen Boot bei dem Überfall in die Luft gesprengt wurde, hat sich als Konzertmanager nach China abgesetzt.
Dorthin führt dann auch eine Reise von Carolien, die ihrer damit Trauer zu entfliehen hofft. Die Chinaeindrücke beherrschen denn auch lange die ganze Geschichte.

Die Autorin umkreist ihr Sujet, und nur aus Andeutungen lässt sich die Geschichte nach und nach rekonstruieren. Alle sind sich fremd geworden und können keinen Gedankenaustausch finden. Gab es da nicht sogar Kinder von Carolien und Jochem? Darüber wissen wir gar nichts.

Wir tappen lange im Dunkeln, bis wir allmählich verstehen, dass besonders Carolien und Jochem doppelte Traumata zu verarbeiten haben.

Die Unfälle sind m.E. ein wenig zu zahlreich und drastisch aufgetragen. Wie die Fische im Wasser ziehen alle ihre eigenen Bahnen, um dem Unheil der Erinnerung zu entkommen. Man folgt gebannt den einzelnen Begegnungen, Handlungen und Gesprächen, um die Zusammenhänge zu verstehen. Charaktere sind unterschiedlich, und genauso unterschiedlich sind ihre Verarbeitungsstrategien. Missverständnisse, Naivität, mangelndes Selbstwertgefühl nach dem vorübergehenden Verlust der Selbstbestimmung und tiefe Ohnmachstgefühle bei einigen zeigen, was Schicksalsschläge aus Menschen machen können.

Die Atmosphäre, die in dem Roman beschrieben wird, ist melancholisch bis ängstlich-depressiv.
Wie werden die Beteiligten nur aus diesem Drama herauskommen?
Die Autorin zeigt uns mit ihrem Erzählstil, wie es um die Seelen ihrer Protagonisten bestellt ist.

Die Sprache ist subtil und differenziert, so dass man lange gefesselt bleibt.
Das Ende ist überraschend und sehr unerwartet aber gekonnt aus dem Wissen einer Therapeutin entwickelt.
Ein solches Ende erwartete man nicht. Es könnte leicht kitschig wirken, entgeht diesem Klischee aber knapp.

Anna Enquist ist neben ihrer Schriftstellerarbeit Psychoanalytikerin. Man merkt ihrem Roman an, dass sie sich aus langen Jahren der Erfahrungen mit den Ängsten, Sorgen und Nöten von traumatisierten Patienten gut auskennt.
Sie lebt in Amsterdam.

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Zusätzliche Informationen

Anna Enquist wurde am 19. Juli 1945 in Amsterdam (Niederlande) geboren.

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