Cover des Buches Alles, was ich bin (ISBN: 9783100215116)
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Rezension zu Alles, was ich bin von Anna Funder

Ein Stück deutsche Zeitgeschichte …

von Herbstrose vor 10 Jahren

Rezension

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Herbstrosevor 10 Jahren

Man schreibt das Jahr 1933, Hitler kommt an die Macht. Wie war die Situation damals? Warum mussten so viele Menschen aus ihrer Heimat fliehen? Warum wurden so viele von den Nazis umgebracht? Eine der Betroffenen war die jetzt 95jährige Ruth, die sich noch lebhaft an die Zeit der Flucht und Emigration in England erinnert. Sie überlebte, doch viele ihrer Freunde mussten ihr Leben lassen …

„Alles was ich bin“ ist ein Roman über Menschen, die damals das Zeitgeschehen wesentlich beeinflussten und heute nahezu in Vergessenheit geraten sind. Wem sind der Schriftsteller Ernst Toller, die Frauenrechtlerin Mathilde Wurm, der Philosoph Theodor Lessing oder der Journalist und Pazifist Berthold Jacob noch ein Begriff? Die Autorin Anna Funder hat deren Schicksal aufgegriffen und zu einem aufrüttelnden Roman verarbeitet, der hauptsächlich den Zeitraum von 1933 bis 1939 umfasst, in Rückblenden aber bis vor den 1. Weltkrieg zurück reicht. Ein besonderes Stilelement sind dabei zwei Ich-Erzähler. Da ist zum einen Dr. Ruth Becker, die damals mit Hans Wesemann verheiratet war und sich im Jahr 2001 als betagte alte Dame in Sydney zurück erinnert, und zum anderen Ernst Toller, der im Jahre 1939 in New York seiner Sekretärin Clara seine Erinnerungen diktierte und anschließend Selbstmord beging.

Die Geschichte erzählt eindringlich von den Gefahren, der sich Deutsche jüdischer Abstammung in jenen unruhigen Zeiten ausgesetzt sahen. Nirgends waren sie sicher, selbst in den eigenen Reihen gab es Verräter. Erzählt wird aber auch über diejenigen, die sich trotz aller Gefahren menschlich verhielten, die mit Mut und unter Einsatz des eigenen Lebens sich politisch betätigten und etwas zu ändern versuchten. Da ist Dr. Dora Fabian, die Geliebte Tollers und Cousine Ruths, die mit der ehemaligen Reichstagsabgeordneten Mathilde Wurm eng befreundet war und sich aktiv im Widerstand beteiligte. Beide Frauen wurden 1935 tot aufgefunden. War es ein Mord durch die Nazis oder doch Selbstmord, wie von offizieller Seite verlautet wurde?

Fazit: Hat man sich in dieses Buch erst einmal eingelesen, was aufgrund der vielen Namen und der Vor- und Rückblenden nicht ganz einfach ist, dann wird es zum Lesegenuss. Der Autorin gelang es großartig, Tatsachen aus verschiedenen historischen Quellen mit Fiktion zu verbinden und daraus eine ergreifende Geschichte zu gestalten, die noch lange zum Nachdenken anregt.

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