Rezension zu Kürzere Tage von Anna Katharina Hahn
Rezension zu "Kürzere Tage" von Anna Katharina Hahn
von oblomov
Rezension
oblomovvor 14 Jahren
Bestimmt fehlt mir der Lokalpatriotismus, um „Kürzere Tage“ die Beschreibung Stuttgarts zu entlocken, die als virtuos angepriesen wird. „Stadt ohne Gesicht“ tauft ein Nebendarsteller jene Stadt. Das bleibt Stuttgart nicht, aber es bleibt eine Fassade. Und damit schreibt Frau Hahn ein in sich geschlossenes Buch. Eine seichte Geschichte über die Kluft zwischen Schein und Sein, Arm und Reich, Wollen und Können. Mit einer Sprache die sich in die oberflächlich heile Welt mühelos einfügt. So sehr, dass es manchmal bemüht wirkt, wenn sie mit Gliedsätzen ebendieser Sprache einen derben Unterton verleihen will. „[…] Er küsst sie schnell und ohne Zunge, […]. Der Tempowechsel, der mit der zu Tage tretenden Gegensätzlichkeit vollzogen werden soll, wird durch den gewählten Duktus nicht den getragen. Die ausführliche Bildhaftigkeit ihrer Sprache hilft eingangs sehr gut die Stimmung aufzubauen, aber untergräbt die Hilflosigkeit mit der sie ihre Charaktere ins Unglück stürzt. Mir gefällt das sorgfältige Einhüllen mit dem sie beschreibt, vielleicht stört mich deswegen die Art der Katastrophe. So vorhersehbar, so geplant, aber zugleich so anteilnahmslos.