Cover des Buches Kürzere Tage (ISBN: 9783518420577)
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Rezension zu Kürzere Tage von Anna Katharina Hahn

Rezension zu "Kürzere Tage" von Anna Katharina Hahn

von *Arienette* vor 15 Jahren

Rezension

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*Arienette*vor 15 Jahren
Kurzbeschreibung (amazon) Marco wohnt im Hochhaus an der Hauptstraße. Von hier ist es nicht weit bis zum Olgaeck, und hinter dem Olgaeck liegt die Constantinstraße, wo die Altbauten unter Denkmalschutz stehen und die Äpfel beim türkischen Feinkosthändler teurer sind als im Hauptbahnhof. Hier wohnen die Aufsteiger, Übermütter und ihre wohlerzogenen Kinder. Hier scheint alles in Ordnung - wenn man nicht vom Supermarkt ins Büro und vom Büro in den Kindergarten hetzt, so wie Leonie, wenn man nicht am Doppelleben als Karrierefrau und Mutter verzweifelt. Judith findet Halt in der Anthroposophie. Hingebungsvoll pflegt sie den Jahreszeitentisch für ihre Kleinen. Doch nachts helfen nur Tabletten gegen die Angst. Im Nebenhaus wohnen die alten Posselts. Sie haben geschafft, wovon die Enkelgeneration nur träumt, nämlich ein Leben lang zusammenzubleiben. Da versetzt Marco die Nachbarschaft in Aufruhr. Kürzere Tage ist eine wortmächtige Bestandsaufnahme und eine melancholische Abrechnung mit einer Gesellschaft, in der alle Werte fragwürdig geworden sind. Meine Meinung: Die beiden Hauptprotagonisten - Judith und Leonie - wohnen in Stuttgart. Judith ist mit Klaus verheiratet, hat zwei Kinder und ist Hausfrau. Sie hat sich der Anthroposophie zugewandt, ihre Kinder werden entsprechend erzogen. Ihr Mann kommt abends nach Hause, ist für sie da. Gegen Langeweile helfen Judith Zigaretten und heimliche Tabletteneinnahme. Judith ist zwar mit einem "Langweiler" verheiratet - Sex mit ihm ähnlich wie "Schwimmen am Warmbadetag" - aber Klaus verkörpert Zuverlässigkeit, Sicherheit und Geborgenheit. Trotzdem denkt Judith hin und wieder an ihren Exfreund Sören, den sie zu Zeiten ihres Studiums der Kunstgeschichte hatte. Leonie scheint da mehr zu leiden, da sie doch oft alleine da steht und in Judiths Familie eine Idylle sieht. Leonie ist ebenfalls verheiratet (mit Simon) und hat auch zwei Kinder - aber sie ist berufstätig. Ihr Mann kommt abends so spät nach Hause, dass er keine Zeit hat für ihre Kinder und auch nicht für Leonie. Beide kaufen in dem türkischen Laden um die Ecke ein. Nebenpersonen sind Marco, ein vernachlässigter Junge aus ärmlichen Verhältnissen und das alte Ehepaar Posselt. Marco, der von seinem Stiefvater wegen jeder Kleinigkeit verprügelt wird und von seiner Mutter keine Hilfe erwarten kann, will abhauen. Hahn beschreibt eine Welt zwischen arm und reich, agressiv und harmonisch - sowohl Judith, als auch Leonie denken über ihren Lebensentwurf nach. Die Protagonisten haben untereinander wenig gemeinsam, begegnen sich aber beiläufig und zwischen Judith und Leonie kommt es auch mal zu einer Unterhaltung. Sehr rührend fand ich die Geschichte des alten Ehepaars Posselt, ihre Perspektive und ihr Erinnern an das Kennenlernen ihres Mannes. Wenige kurze Szenen, die man aus der Sicht Judiths kennengelernt hat, wiederholen sich aus Frau Posselts Sicht. Ein durchaus lesenswertes Buch, auch wenn sich Hahn ein wenig der Klischees bedient.
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