Cover des Buches Den Mund voll ungesagter Dinge (ISBN: 9783453271036)
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Rezension zu Den Mund voll ungesagter Dinge von Anne Freytag

Manchmal wäre das Leben einfacher, wenn wir sagen, was wir denken

von krachfahl vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Frech, ehrlich mit zwei Hauptfiguren die Ecken und Kanten besitzen

Rezension

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krachfahlvor 7 Jahren
Um wie vieles wäre unser Leben leichter, wenn wir manchmal einfach aussprechen würden, was in uns vorgeht. Wenn wir unsere Bedürfnisse und Ängste einfach formulieren würden.

In einer erfrischenden plakativen Sprache, mir persönlich manchmal zu plakativ, erzählt Anne Freytag in diesem Buch die Geschichte von der siebzehnjährigen Sophie. Bisher lebte sie mit ihrem Vater in Hamburg allein. Ihre Mutter hat sie vor langer Zeit verlassen. Doch jetzt hat die Zweisamkeit ein Ende und nicht nur diese. Ihr Vater hat eine neue Freundin und beschließt kurzerhand nach München umzuziehen. Sophie, die eh nur einen Freund hat und ansonsten eine Außenseiterin ist, muss sich in einer neuen, ihr fremden Umgebung zurechtfinden.

Ich bin auch oft in meiner Kindheit umgezogen und weiß, wie es sich anfühlt die Neue zu sein. Anne Freytag hat das Thema gut aufgegriffen. Weder gibt es eine böse Stiefmutter, noch eine die bald die beste Freundin von Sophie ist. Stattdessen entwickelt sich sachte eine Beziehung zwischen den beiden, die vor allem von Sophie mit Skepsis betrachtet wird. Sophie ist kein netter Charakter, sondern einer mit echten Kanten. Sie macht viele Fehler, vor allem wenn es um Jungs geht. Wenn sie auf einer Feier mal wieder zu viel getrunken hat, lässt sie sich verführen. Sie möchte sich angenommen fühlen, geliebt werden und stellt jedes Mal fest, dass am Ende nichts bleibt als Leere.

Lukas ihr bester Freund aus Kindertagen ist der einzige, der sie wirklich versteht. Er nette Sophie, die ihn im Aussehen an die Märchenfigur Schneewittchen erinnert "Flittchen". Die Freundschaft zwischen den Beiden ist wirklich tief und Lukas ist oft der einzige Halt für Sophie. Doch auch er hat sie "verlassen" und ist seiner großen Liebe nach Paris nachgezogen. Dann lernt Sophie ein Mädchen von nebenan kennen - Alex. Zum ersten Mal in ihrem Leben hat Sophie eine Freundin.

Auf der Leipziger Buchmesse sprach Anne Freytag von dem Buch und ich konnte es wunderbar nachempfinden als sie erzählte, das Alex, die Figur sollte ein Junge sein, sie total blockierte. Er passte nicht in die Geschichte und erst als aus Alex ein Mädchen wurde, konnte sie die Geschichte schreiben. Schwierig wurde es dann erst, als sie dem Verlag die Veränderung des Geschlechts erklären musste. Aber so sind die Figuren in Büchern, sie wollen ihre eigene Geschichte erzählen und die kluge Autorin lässt sich darauf ein.

Ein paar Punkte haben mich an dem Buch gestört. Die Sprache war mir manchmal ein wenig zu plakativ. Das Lukas mit siebzehn einfach nach Paris zieht und dort sein Abitur macht - Hola. Es wird mit keiner Silbe erwähnt, ob das funktioniert oder wie seine Eltern dazu stehen. Vielleicht wäre das aber auch eine andere Geschichte gewesen. Die ständige Erwähnung der Songs fand ich am Anfang noch spaßig, nach einer Zeit störte es jedoch meinen Lesefluss.

Die Erwähnung des Films: Blau ist eine warme Farbe, hat mich am Ende so neugierig gemacht, dass ich ihn mir dieses Wochenende mal ansehen werde. Hat ja auch gute Kritiken bekommen. Ich finde es toll, wenn mich eine Autorin mit ihrer Geschichte neue Inputs gibt, worüber ich nachdenken kann oder ich gar neues entdecke. Und das ohne erhobenen Zeigefinger.

Ob ich das Buch meiner vierzehnjährigen Tochter zum Lesen gebe, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Ich finde es gut, wie offen Anne das Thema anspricht, das Sex einem Mädchen gar nichts geben kann, weil einfach mehr dazu gehört. Wohingegen wenn wir wahrhaftig lieben, manchmal allein ein Streichen uns in Ektase versetzen kann. In der Aussage finde ich das Buch gut. Ich weiß nur nicht, ob es nicht aus sehr abschreckend sein kann, was ja, denke ich in gewisser Weise auch gewollt ist.

Ich hörte das einige kritisieren, dass Sophie viel zu leicht zu haben ist und sich rasch auf Sex einlässt. Doch genau das ist ja einer der Knackpunkte mit dem Sophie zu kämpfen hat. Dass sie erkennen muss das Sex ohne Liebe und Sex mit Liebe, etwas vollkommen anderes ist. Das eine macht leer, dass andere mach voll.
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