Rezension zu "Triangel" von Anne Goldmann
Was passiert, wenn der persönliche Zufluchtsort plötzlich nicht mehr sicher ist? Wenn die sorgfältig etablierte Struktur des Lebens in Aufruhr gerät und ganz unvermittelt die Kontrolle über das eigene Leben schwindet?
Regina ist Schließerin in einer Justizvollzugsanstalt. Ihre Kindheit und das raue Berufsumfeld haben dazu geführt, dass sie sich eine harte Schale zugelegt hat, mit der sie ihre Umwelt auf Distanz hält. Nur im Garten ihres Hauses hinter den Grenzen der Stadt kann sie abschalten und entspannen. Doch diese Idylle ist keine Festung:
Feindselige Dorfbewohner, ein aus der Haft entlassener Sträfling und ein distanzloser Verehrer bedrohen Reginas Rückzugsort. Ihre Katze liegt mit gebrochenem Genick vor der Gartentür, im Blumenbeet findet sich ein menschliches Skelett und Regina wird immer klarer, dass sich die Welt nicht ausschließen lässt. Wem kann sie vertrauen?
Anne Goldmann erzählt ihre Geschichte in einem auffallend unaufgeregten und schnörkellosen Stil, ohne dabei nüchtern oder lieblos zu klingen.
Ganz im Gegenteil: Die Schauplätze in "Triangel" entstehen beim Lesen äußerst plastisch vor dem inneren Auge. Goldmann fängt alles wichtige ein - die Schweißtropfen auf der Stirn bei der mittäglichen Gartenarbeit genau so wie den muffigen Geruch im fensterlosen Personalraum der Haftanstalt. Dabei driftet sie aber nie ins Kitschige oder Metaphorische ab.
Es ist gerade diese Balance zwischen Einfachheit und Detail, die "Triangel" ausmacht. Die wenigen Hauptcharaktere sind präzise gezeichnet, authentisch charakterisiert und gewinnen schnell an Tiefe. Dabei zeichnet Goldmann ihre Protagonist*innen parallel zur Haupthandlung, ohne diese durch Abschweifungen zu unterbrechen.
Allgemein tut sich "Triangel" durch einen Hang zum ausgesprochen Unausgesprochenen hervor:
Anstatt sich der sehr ermüdenden Erzählpraxis zu bedienen, wirklich jeden Aspekt der Geschichte explizit auszuformulieren und aufzulösen, erfährt die Leser*in alles Relevante durch Perspektivwechsel. Dialoge, Wortfetzen und Details am Rande der Handlung, bleibt dabei aber vor langwierigen Darstellungen und Wiederholungen verschont.
Auch Goldmanns Erzähltempo ist überaus angenehm. Manchmal erzählt sie ausführlich und mit beinahe quälender Ruhe, an anderen Stellen rafft sie die Zeit und wechselt schnell zwischen einzelnen Szenen.
All dies führt dazu, dass "Triangel" trotz seiner kurzen Kapitel und dem unaufgeregten Erzählstil nach und nach immer fesselnder und spannender wird. Die bedrohliche Atmosphäre, die Verkettung der Ereignisse und das Aufeinandertreffen der Protagonist*innen nimmt zunehmend an Fahrt auf, die Geschichte wird immer rasanter und es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen.