Cover des Buches Allee der Kosmonauten (ISBN: 9783839001721)
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Rezension zu Allee der Kosmonauten von Anne Krüger

Allee der Träume

von Luc vor 9 Jahren

Rezension

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Lucvor 9 Jahren
Mathilda lebt in Berlin, die Mauer ist längst gefallen und die stärkste Erinnerung ihrer Kindheit und Ursprung ihrer Komplexe ist die Allee der Kosmonauten. Eine Straße, die den russischen Weltraumstürmern huldigen sollte. Ein gelebter Traum, der über die Eintönigkeit und Schalheit des DDR-Alltags hinweg trösten musste.

Und ihn in diesen Träumen und der wenig erbaulichen West-Realität ist Mathilda gefangen. Wie eine Schallplattennadel früherer Tage scheint die Heldin von Anne Krügers Roman „Allee der Kosmonauten“ in Trägheit, Kummer und Antriebslosigkeit fest zu hängen. Die Gegenwart wirkt auf Mathilda, wie ein fallen gelassenes Puzzle, deren Einzelteile nicht zusammen passen wollen. Zumindest verstehe ich die Ausgangssituation so.

Weder die Familie bietet Halt, der Supermarktberuf nach abgebrochenem Germanistikstudium sowieso nicht. Von den Männern ganz zu schweigen, die der Leichtgläubigen permanent zusetzen und Ihr ein Rätsel sind. Mit ihrer Naivität und Lebensuntüchtigkeit setzt Mathilda ohnehin Maßstäbe. Und so streunt Mathilda haltlos durch Berlin, eine Zigarette in der einen, ein Bier in der anderen Hand. An irgendwas muss sich ein Mensch festhalten.

Vielleicht ist es die Vaterfigur, die Ihr fehlt, ein Fixstern auf den sich die Möchtegernkosmonautin ausrichten kann. Die Autorin lässt viel Raum für Interpretationsmöglichkeiten, was schon einmal gut ist. Einzig ein Laden für verlorene Dinge scheint in der Trostlosigkeit ihres Alltags für Hoffnung zu sorgen. „Allee der Kosmonauten“ ist ein Entwicklungsroman, der mich nicht völlig überzeugen konnte.

Obwohl ich dem puristischen Schreibstil eine Menge abgewinnen konnte-die Autorin ist fürwahr Königin der Verknappung- hat mich die Botschaft nicht ganz erreicht. Was ich auf eine gewisse Unentschlossenheit zurückführe, die vor allem am Ende sichtbar wird. Vielleicht ist das Absicht, vielleicht. Stärkere Fokussierung auf das Wesentliche hätte dem Buch meiner Meinung nach gut zu Gesicht gestanden. Auf mich macht das Buch einen zusammengestoppelten Eindruck. So als wäre die Geschichte erst während des Schreibens entstanden, wie mit einer Machete hackt die Autorin durch die Sätze und reiht Szenen aneinander, die bisweilen ins Nirwana des Vergessens führen.

Trotz mancher Schwächen habe ich das Buch gerne gelesen. Ich finde Mathilda originell, wenn auch nicht absolut glaubwürdig. Ich finde den Schreibstil unkonventionell, frech und eigen. Ich habe Freude an dem skurrilen Ambiente. Ich mag die Grundidee, die dem Buch zugrunde liegt. Die Umsetzung ist allerdings etwas lau.

So haben die Kosmonauten-Träume wenig Aufklärung geboten und das Buch wirkt auf mich, wie ein beim Fußball über den Spann gerutschter Ball, der den Pfosten streift. Knapp daneben ist leider auch vorbei! Doch wird mir die junge Frau auf so eine irre Art im Gedächtnis bleiben. Wie einem nur Außenseiter und vielschichtige Persönlichkeiten im Gedächtnis bleiben.
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