Anne Richter

Ich las den Roman, als ich nach drei Monaten aus zwei Krankenhäusern entlassen worden war. Eine Zeit, in der ich ohne Hilfe lieber Mitmenschen, Freunde und Verwandter vielleicht......Die Geschichte von Marc und Paul hat mich von daher durchaus berührt, sie ist ein Appell zu unbedingter Solidarität und Loyalität gegenüber seinen Liebsten und Nächsten,, umso mehr,, wenn staatliche Fürsorge nicht mehr greift. Oder ist sie nicht doch vielmehr ein Weckruf, dass wir generell auf unsere Mitmenschen mehr aufpassen sollten? Wir haben es selbst in der Hand, dass wir uns in dieser Welt, in der so vieles "verrückt" erscheinen mag, wohl(er) fühlen!

Schon am ersten Tag seines Mathematikstudiums in Jena lernt Marc den oppositionellen Kreisen angehörenden Paul und wenig später auch Hanka kennen. Trotz ihrer unterschiedlichen Gemüter freunden sie sich an. Jeder von ihnen strebt jedoch nach Veränderung, sucht der Unvollkommenheit ihrer Leben zu entfliehen und so trennen sich nach dem Studium ihre Wege.

Als sie sich Jahre später wieder begegnen, scheint alles im Gleichgewicht.

Paul komponiert avantgardistische Stücke, ist in einer Beziehung mit der integren Siri, studiert.

Hanka, schon immer freiheitsliebend, bereist die Welt und jobbt als Dolmetcherin.

Und Marc bleibt in Jena, macht Karriere, lebt in geordneten Bahnen und ist verliebt in Hanka - war es immer.

Zu viert beschließen sie eine Reise nach Rumänien, doch die gemeinsame Zeit fördert bislang unausgesprochenes zutage und treibt einen erneuten Keil zwischen die alten Freunde.

Wieder verstreichen Jahre, bis sich die Wege unserer Protagonisten kreuzen sollen und wieder entwickeln sich ihre Lebensumstände weiter auseinander. Nur Hanka scheint in beider Leben eine Konstanze.

Das Buch enthält keine reisserisch plotierten Handlungsstränge, es erzählt vielmehr still von den Geschichten, die das Leben schreibt. Die Figuren und das Setting werden nachfühlbar beschrieben und erlauben einen Blick in die Umbruchsstimmung der DDR kurz vor der Wende. 

Marc und Paul studieren Mathematik in Jena. Mit dem Untergang der DDR trennen sich ihre Wege. Beide auf der Suche nach Vollkommenheit finden sie schließlich nur Kompromisse. Stets im Hintergrund klingt der gesellschaftliche Umbruch dieser Zeit. Keine spektakulären Handlungen, aber durch die großartige Sprache ein wirklicher Lesegenuss.