Anne Schuster

 4 Sterne bei 6 Bewertungen
Autorenbild von Anne Schuster (© Annabelle Wienand / Quelle: kalliope paperbacks)

Lebenslauf

Anne Schuster wurde 1947 in Johannesburg geboren und lebt in Muizenberg, in der Nähe von Kapstadt. Sie unterrichtet kreatives Schreiben und leitet Workshops u.a. für die Summer School der Universität von Kapstadt und für das African Gender Institute. Das National Arts Council würdigte ihren Debütroman Foolish Delusions (deutsche Übersetzung Begegnung mit einer Vergessenen, 2008) mit einer finanziellen Unterstützung. Weitere Veröffentlichungen: Time of the Stilted People (1993), Foolish Delusions (2005) sowie Beispiele der literarischen Arbeiten ihrer Workshop-Teilnehmerinnen in drei Bänden: A Woman Sits Down to Write (2003), Women Flashing (2005) und Living on the Fence (2007).

Alle Bücher von Anne Schuster

Cover des Buches Begegnung mit einer Vergessenen (ISBN: 9783981079838)

Begegnung mit einer Vergessenen

 (6)
Erschienen am 01.02.2008

Neue Rezensionen zu Anne Schuster

Cover des Buches Begegnung mit einer Vergessenen (ISBN: 9783981079838)
Dions avatar

Rezension zu "Begegnung mit einer Vergessenen" von Anne Schuster

Rückblick auf ein Leben in Südafrika
Dionvor 7 Jahren

Maria liegt in einer Irrenanstalt in Südafrika im Sterben, gelähmt und unfähig zu sprechen. Angeblich soll sie ihren Ehemann umgebracht haben. In ihrer Erinnerung wird ihre gesamte Vergangenheit wach.

Hundert Jahre später möchte Marias Urenkelin Anna sich schriftstellerisch versuchen und wählt hierfür die Geschichte ihrer Urgroßmutter..... Dabei denkt sie auch über ihr eigenes Leben und ihre Vergangenheit nach.

Die Geschichte der Maria fand ich sehr interessant, besonders ihre heimliche Emanzipation und ihre Unterstützung für misshandelte Frauen in Südafrika. Hierbei hat sich die Autorin die Mühe gemacht, genauestens zu recherchieren und historische Bezüge herzustellen.

Die Geschichte von Anna hat mich extremst gelangweilt. Ihre Gedankenspielereien über eine fiktive Geschichte ihrer Urgroßmutter (welche dann ja - oh Wunder - auch ohne Beweise zutrafen) waren für mich einfach nur nervig.
Schade, denn das Buch ist eigentlich sprachlich sehr gut gelungen. Hätte man die Figur der Anna weggelassen und sich nur auf Maria konzentriert, ich wäre begeistert gewesen.


Cover des Buches Begegnung mit einer Vergessenen (ISBN: 9783981079838)

Rezension zu "Begegnung mit einer Vergessenen" von Anne Schuster

Eine Emanzipationsgeschichte zweier Frauen in Südafrika
Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren

Das Buch „Begegnung mit einer Vergessenen“ von Anne Schuster ist in deutscher Übersetzung 2008 bei kalliopepaperbacks verlegt worden. Ein Verlag, der sich klitzekleine Perlen der Literatur herauspickt.

Das Cover ist in dezentem Rosa gestaltet, welches den Blick auf ein offensichtliches Psychiatriebett lenkt – zu erkennen an den Fesselgurten.

Kurz vor der Jahrhundertwende (1874) liegt Maria stumm und gelähmt in der Psychiatrie und fragt sich selbst ob sie wohl ihren Mann getötet haben kann.

Anna Betrand 2004 in Kapstadt ist ihre Enkelin. Sie hat sich schon immer als heimliche Schriftstellerin verstanden und möchte über ihr Leben reflektieren. Ein Kurs „schreibe die Geschichte deines Lebens“ ist wohl Anlass zur Spurensuche einerseits – andererseits wohl auch der Grund für die eingestreuten Übungen zum autobiographischen Schreiben.

Maria teilt sich das Zimmer mit Dorothy Feather, die Tochter eines Kapstadter Arztes, der den Leiter der Einrichtung noch aus Londoner Studienzeiten kennt.

Dr. Feather hat sich aus den Londoner Slums nicht nur als Arzt emporgearbeitet sondern hat auch eine Adelige geheiratet. Als äußerst misogyner Mensch scheint er seine Familie schikaniert

und seine Töchter missbraucht zu haben. Diese Vermutung bestätigt sich mir im Verhalten von Dorothy nach dem Tode seiner Frau und im ärztlichen Attest zur Zwangseinweisung in die Psychiatrie. Eine in damaligen Zeiten nicht unübliche Methode problematische Familienverhältnisse zu verschleiern – Freud hat Missbrauch ja auch eher als Penisneid interpretiert.

Dr. Feather ist ein seitens Marias Ehemann besonders geschätzter Gast des Hotels, seine besondere Rolle in diesem Roman wird auf den letzten Seiten geklärt.

Anna beginnt einen fiktiven Schriftwechsel mit Maria. Es zeigt sich, dass sie beide einige Gemeinsamkeiten haben. Das Aufbegehren gegen das enge gesellschaftliche Korsett, das sie in ihrer Entwicklung behindert sowie das Interesse an der Verbesserung der Lebensumstände von Sexarbeiterinnen. Im Kapstadt von 2004 dargestellt an einem Prozess um den Mord an einer Hure – der wohl auch in der Realität unendlich oft verschoben wurde, in den 1870ern eine Mordserie die an Prostituierten verübt wird. Auch lieben beide Frauen...

Marias Mutter, wohl eine Farbige, verstirbt als diese erst neun ist. Sie darf zwar noch weiter zu Schule gehen, das Lehrerstudium wird ihr jedoch verwehrt, sie muss mit 13 die Schule verlassen um ihrem Vater im Geschäft und Haushalt zu helfen. Das Ehemündigkeitsalter zu diesem Zeitpunkt ist 10 (!) Jahre.

Sie heiratet Traugott wohl auch deshalb um ein wenig Leben in ihr Vaterhaus zu bringen, welches sie als dunkel und zu still empfindet – im Gegensatz zum Haus ihrer Ouma wo immer buntes Treiben herrscht. Traugott jedoch, selbst durch seine Kindheit traumatisiert reduziert sie auf ein Dasein als Hausfrau, Ehefrau und vor allem Mutter. Rücksichtslos macht er ihr 6 Kinder obwohl er sehr gut weiß, dass er seine Frau damit in Lebensgefahr bringt und wirft ihr vor sich weiteren Kindern zu verweigern und somit seinem Recht als Ehemann.

Seinen Anfällen von Jähzorn entgeht sie teilweise durch Flucht zur Ouma, nach deren Tod durch Flucht ins Café Royal.

Anna erinnert sich an ihre Kindheit und Jugend der 50er und 60er Jahre im Südafrika der Apartheid und erinnert sich der räumlichen Lebensstationen welche sie als unangepasster Teenager schließlich von Johannesburg nach Kapstadt geführt hat wo sie sich endlich zu einer selbstbewussten Frau entwickeln durfte. Sie benennt die Demos der 80er Jahre, die in der BRD gleichzusetzen sind mit Widerstand gegen AKW, Startbahn West, Häuserkampf in Berlin – in Südafrika aber wohl eher unter „Free Nelson Mandela“ gelaufen sein werden.

Die Emanzipation Marias wird ausgelöst durch den Mord an einer Prostituierten namens Emily, die zur Gründung der Women`s Union führt – auch in Europa beginnt zu dieser Zeit die Emanzipationsbewegung der Frauen, in Großbritannien z. B. mit den Sufragetten. Sie erfährt, dass es nicht nur Emily getroffen hat sondern dass es wohl eine ganze Mordserie an – bislang „nur“ farbigen – Huren gibt. Und sie macht es sich zur Aufgabe Prostituierte an einen – von Nonnen geleiteten – sicheren Ort zu begleiten. Die Arbeit als Hure war ja zumeist nur notgedrungen aufgenommen worden wenn eine andere Arbeit, z.B. als Wäscherin oder Dienstmädchen, nicht zur Verfügung stand.

Die Personen Anna und Maria werden durch verschiedene Schrifttypen getrennt sodass das Lesen sehr flüssig wird.

Da ich nur einen Roman lesen wollte hätte ich gern auf die eingestreuten Übungen zum autobiographischen Schreiben verzichtet, zumal diese sehr unruhig in gleich mehreren Schrifttypen gesetzt sind.

Eine beeindruckende Geschichte zweier starker Frauen, für die ich gern 4 Sterne vergebe.

Cover des Buches Begegnung mit einer Vergessenen (ISBN: 9783981079838)
bri114s avatar

Rezension zu "Begegnung mit einer Vergessenen" von Anne Schuster

Ein tolles Buch über 2 starke Frauen
bri114vor 7 Jahren

Das Buch umhüllt ein schöner Einband. Der Schutzumschlag wirkt auf den ersten Blick sehr ansprechend und erscheint in einem blassen Rosa. Konträr dazu die mittig über dem Titel angeordnete Zeichnung, die ein Krankenbett mit Fesseln in schwarz-weiß darstellt, aus einem darüberschwebenden Blickwinkel.

 

Anne Schuster hat hier ein sehr ungewöhnliches Buch vorgelegt.

Voller Spannung berührt es doch zutiefst.

Neben offen politischer Stellungnahme zum Frauenrecht und der Selbstfindung durch Vergangenheitsbewältigung der Ich-Erzählerin geht es auch um den Mord an ihrem Urgroßvater. Es ist also mehr als genreübergreifend und das als Erstlingswerk der südafrikanischen Autorin.

 

Durch unterschiedliche Schrifttypen werden die 3 Handlungs- und Zeitebenen voneinander abgegrenzt, sodaß man die verschiedenen Perspektiven jederzeit nachvollziehen kann.


1.) Anna Bertrand sucht in Kapstadt 2004 in den Archiven nach Hinweisen zu ihrer Urgroßmutter Maria Jacoba Schultz, die ihr letztes Lebensjahr in der psychiatrischen Anstalt (ihrer Sprache beraubt, der Körper gelähmt) verbringt. Sie stellt ihr viele Fragen, da sie nicht nachvollziehen kann, warum Maria dort untergebracht wurde. Da sie nur weniger Fakten fündig wird, entspringt das meiste ihrer einseitigen Zwiesprache ihrer Phantasie.

 

2.) Ihre Urgroßmutter Maria erinnert sich in der Psychiatrie an ihr schweres Leben mit einem kaltherzigen, herrischen Ehemann und 6 Kindern. Zugleich beschreibt sie ihr Kapstadt Ende des 18. Jahrhunderts mit all der Diskriminierung von Frauen und dem Rassismus, sowie ihre derzeitige Umgebung in der Irrenanstalt.

 

3.) Hier finden sich Anweisungen/ Übungen an/ für fiktive Teilnehmerinnen eines Schreib-Workshops oder der Leserschaft, die sich thematisch mit Autobiographie und Erinnerungen auseinandersetzen sollen.

Diese scheint die Autorin im Anschluß daran gleich im Roman umzusetzen.

 

Während Maria in einer Irrenanstalt dahinvegetiert, und ihre Situation als bedrückend und ausweglos beschrieben wird, findet Anna auf der Suche nach Erkenntnissen zu ihrer Urgroßmutter nicht nur diese in der Vergangenheit, sondern vor allem sich selbst und zu einem selbstbestimmten, hoffnungsvollen Leben.

 

Ihnen gemein ist ein großes Gerechtigkeitsempfinden, welches sich vor allem im Kampf für die Rechte von Frauen, insbesondere der Prostituierten, widerspiegelt.

Während Maria sich zu ihrer Zeit auch um die, von der Gesellschaft geächteten, "Sexarbeiterinnen" kümmerte, verfolgt Anna den Prozess an einer Prostituierten.

Und läßt sich dabei auch nicht durch einen tätlichen Übergriff zur Aufgabe zwingen.

 

Ein Buch, das seinen Lesern einiges abverlangt, durch seine vielfältige Thematik, die nichts an Brisanz verloren hat und der Erkenntnis, daß bei aller Ungerechtig- und Auswegslosigkeit doch immer Hoffnung besteht.

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