Anneleen Van Offel

 4,3 Sterne bei 8 Bewertungen
Autor*in von Hier ist alles sicher.

Lebenslauf

Anneleen Van Offel, 1991 in Antwerpen geboren, studierte Wortkunst am dortigen Königlichen Konservatorium. Sie hat Kolumnen für die flämische Zeitung "De Standaard" und Kurzgeschichten und Gedichte für verschiedene Literaturzeitschriften geschrieben. Sie arbeitet als Redakteurin für die Zeitschrift "Deus Ex Machina". Außerdem ist Anneleen Van Offel Programmgestalterin verschiedener literarischer Veranstaltungen. Von 2019 bis 2021 war sie Stadtschreiberin von Kortrijk. Für ihr Debüt "Hier ist alles sicher" reiste sie immer wieder nach Israel, sprach mit zahlreichen Israelis, israelischen (Ex-)Soldaten und deren Familien. Der Roman wurde in Belgien und den Niederlanden von der Presse gefeiert und für seinen einfühlsamen Stil gelobt. anneleenvanoffel.be | @anneleenvanoffel

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Anneleen Van Offel

Cover des Buches Hier ist alles sicher (ISBN: 9783772530319)

Hier ist alles sicher

(8)
Erschienen am 15.03.2023

Neue Rezensionen zu Anneleen Van Offel

Cover des Buches Hier ist alles sicher (ISBN: 9783772530319)
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Rezension zu "Hier ist alles sicher" von Anneleen Van Offel

Snowbird
Ein Riss durch das Leben

Nach Jahren der Funkstille bekommt Lydia eine E-Mail ihres Sohnes mit den Worten „Komm nach Israel, Mama.“ 10 Jahre zuvor war ihr jüdischer Ehemann mit dem damals 12-jährigen Jungen aus erster Ehe nach Israel ausgewandert und hatte seither den Kontakt zur Stiefmutter unterbunden. Lydia reagiert zunächst nicht. Als sie schließlich nach Israel reist, ist es zu spät: unmittelbar vor ihrer Ankunft hat ihr Sohn sich umgebracht. Nachdem sie den ersten Schock überwunden hat, begibt sie sich auf seinen Spuren auf eine Reise durch das Land und sucht die Orte und Menschen auf, die für Immanuel in seinen letzten Monaten von Bedeutung waren. Diese Reise bringt sie dazu, sich mit dem Land zu beschäftigen. Die Autorin verwendet das Bild eines Risses, den Lydia sieht und spürt, der sich vor ihren Füßen auftut. Dieser Riss geht durch das Land Israel und durch Lydias Leben, für das der Weggang von Joachim und Immanuel eine Zäsur bedeutete. 

Joachim sagte kurz nach der Ankunft in Israel zu seinem Sohn, hier seien sie sicher. Für Immanuel hat sich das nicht bewahrheitet. 

Das Buch liest sich nicht flott runter. Ich denke, dass die Sperrigkeit gewollt ist, um dadurch die Komplexität der Situation und des Gesamtzusammenhangs zu spiegeln. Die Charaktere sind keine Identifikationsfiguren, sie bleiben unnahbar und mir in weiten Teilen auch unsympathisch und sind voller Widersprüche, Zweifel und innerer Dämonen. Ihr Handeln ist – für mein Empfinden – nicht immer nachvollziehbar.

Warum hat Immanuel sich umgebracht? Eindeutig beantwortet wird die Frage nicht, aber das wäre auch zu einfach. 

Man merkt dem Buch an, dass die Autorin sehr viel Recherchearbeit investiert hat. Es ist eine Mutter-Sohn-Geschichte, eine Familiengeschichte, und es geht auch um den Konflikt Israel-Palästina. Sie erzählt ihre Geschichte nicht chronologisch, sondern vom Ende her. Dabei lässt sie Lydia und Immanuel zu Wort kommen. Beide wechseln mehrfach die Zeitebenen zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Lydias Recherchen docken dort an, wo Immanuel seine Geschichte nicht auserzählt. Aber nicht alle Lücken schließen sich, am Ende bleiben Fragen offen. 

Anneleen van Offel hat mit „Hier ist alles sicher“ ein unendlich trauriges Buch geschrieben. Aus dem Niederländischen übersetzt wurde es von Christiane Burkhardt.


Cover des Buches Hier ist alles sicher (ISBN: 9783772530319)
Mirja103s avatar

Rezension zu "Hier ist alles sicher" von Anneleen Van Offel

Mirja103
Interessante Einblicke aber zu viele offene Fragen

Lydia hat lange gewartet, bis sie sich auf den Weg nach Israel gemacht hat. Ihr (Stief-)Sohn hat inzwischen Suizid begangen. Auch am Ende des Buches ist mir nicht ganz klar gewesen, warum Lydia nicht stärker versucht hat, mit ihrem Sohn in Kontakt zu bleiben, da sie eigentlich eine enge Verbindung hatten. In Israel begibt sie sich auf Spurensuche. Sie will verstehen, wie Immanuel gelebt hat und warum er diese Entscheidung getroffen hat. Auch diese Frage bleibt am Ende leider sehr offen. 

Lydia beschäftigt sich in Erinnerungen viel mit der Trennung und setzt sich weniger damit auseinander, warum sie den Kontakt zu Immanuel nicht gehalten bzw. nicht wieder aufgebaut hat. Im Laufe des Buches gibt es Abschnitte aus der Sicht von Immanuel. Sie bieten aber nur kleine Einblicke.

Interessant fand ich, wie Israel und die Konflikte auf Lydia wirken. Durch die Beschreibungen bekommt man eine guten Einblick, wie das Leben dort ist.

Der Schreibstil der Autorin hat mir gut gefallen,  aber für mich sind am Ende zu viele Fragen offen geblieben und Lydias Handeln war für mich oft nicht nachvollziehbar. 

Cover des Buches Hier ist alles sicher (ISBN: 9783772530319)
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Rezension zu "Hier ist alles sicher" von Anneleen Van Offel

KataRaf
Komplexe Mutter-Sohn Geschichte

»Komm nach Israel, Mama. Welch Ironie, dass ich nach all den Jahren Funkstille nur  vier Wörter gebraucht habe, um wieder Kontakt zu dir aufzunehmen oder hat sogar ein einziges Wort genügt?« |130

Als Lydia Immanuels Ruf nach Israel folgt, ist es zu spät. Ihr Ziehsohn, der zehn Jahre zuvor mit seinem Vater ins jüdische "Mutterland" ging, ist tot. Immanuel war 22, Soldat und verlor den Halt. Hatte seine Rolle als Besatzer etwas damit zu tun? Wäre es ihm möglich gewesen, keine Schuld auf sich zu laden? Oder zogen sich die Konfliktlinien zwischen Halt und Verlust, zwischen Vereinnahmung und Selbstbestimmung durch sein Leben?
Was genau passierte, wer seinen Lebensweg mit zu verantworten hat, welche Risse und Schmerzen dem vorausgegangen sind und folgen werden, dem geht der Roman in der Perspektive von Lydia nach.

»Hier ist alles sicher« gehört für mich neben »Siegerin« von Yishai Sarid und »Eine Nebensache« von Adania Shibli zu einem der besten zeitgenössischen Romanen, die in Israel | Palästina spielen.
Für mich las sich diese ambivalente Mutter-Sohngeschichte als Spiegel für diasporische jüdische Identitäten in Europa und der konflikthaften "Wiederkehr" nach Israel. Das Terrain ist glitschig, eine Liebe unter Druck, die besteht und scheitert, die sich einmischt und loslässt. Die Belgierin entgeht dabei der Anmaßung, sich als Israelerklärerin aufzuspielen. Sie zeichnet vielmehr bis ins Persönlichste reichenden Konfliktlinien nach und wendet sich dabei universellen Fragen zu. Sprachlich ist der Roman nicht virtuos und die Figuren sind alles andere als zugänglich und sympathisch. Lydia wirkt beschränkt auf eine egozentrische Art, Joachim hart und verschlossen und auch Immanuel ungerecht, grenzüberschreitend und unzugänglich. Doch selten habe ich Figuren, Beziehungen und Konflikte gelesen, die
so psychologisch komplex und mit solch einem politischen Feingefühl ausgearbeitet wurden. »Hier ist alles sicher« braucht Geduld, denn die Geschichte, ihre Komplexität und Positionen erschließen sich nicht sofort. Erst gegen Ende und im Nachgang steigerte sich meine Begeisterung. Große Empfehlung.

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