Rezension zu "»Ich hätte dir noch so viel zu erzählen«" von Annette Kolb
Annette Kolb war mir als Romanautorin bekannt, aber nicht nur das, sondern auch als Kämpferin für deutsch-französische Verständigung und als Verfasserin von Musikerbiographien. Dass sie auch Briefschreiberin war und mit zahlreichen bedeutenden Zeitgenossen im Austausch stand war mir nicht wirklich bewusst, bis ich das Buch las, welches diesen Briefwechsel thematisiert.
Ihre Briefpartner waren keine Geringern als z. B. Rilke, René Schickele, Thomas, Erika und Klaus Mann, Hesse, Carl Jacob Burckhardt, Hermann Kesten oder Dorothy Thompson Kolb wird dargestellt als kritische Zeitzeugin, spitze Kommentatorin und herzliche Freundin. Das Buch hat aber nicht nur diese verschiedenen Briefwechsel abgedruckt zu lesen, sondern bietet auch sachlich informative Erläuterungen, und geben damit ein persönliches und kurzweiliges Porträt dieser so besonderen Autorin und ihrer Zeit wider, die in den Briefwechseln natürlich eingebunden ist.
Glasklar drückte sie sich aus, aber mitunter auch mal emotional, wie es gerade in ihr aussah und wie sie ihrem Briefpartner begegnen wollte - wie es der Inhalt erforderlich machte. Auf Grund der so unterschiedlichen Persönlichkeiten erfährt man halt auch viel über diese und über die Zeit, in der dieser spezielle Brief geschrieben wurde. Eine gesamte Epoche wird zum Leben erweckt, da Kolb sich nicht nur ihrer Kunst widmete, sondern Stellung bezog.
Inhalt:
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Vorwort
La Belle Epoque - 1914
Zwischen den Fronten - 1914 - 1923
Die glücklichen Jahre 1923 - 1933
Im Exil 1933 - 1945
Die Rückkehr 1945 - 1967
Die Briefempfängerinnen und -empfänger
Verzeichnis der Briefe
Bildnachweis
Editorische Notiz
Personenregister
Nachwort und Dank
Leseprobe:
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An Thomas Mann
The Bedford 118 Eath 40th Street
16.IV.41
New York
Lieber verehrter Thomas Mann
Ihr Brief gestern Abend, Ihre Sorge um mich ist mir sehr nahe gegangen. Manche Zeiten am Himmel sind ja nicht unbedenklich, (So der Gouvernör (225 Herbert Henry Lehmann, Gouverneur des Bundesstaates New York 1941) und meine Rosinen betreffs seiner) dennoch liegt alles oder steht nicht so schlimm. ...
Mir hat dieses Buch sehr viel gegeben, aus der Sichtweise dieser tollen Schriftstellerin ihre Zeit zu erleben, wie sie die Veränderungen usw. wahrnahm und wie sie in ihren Briefen an die verschiedenen Briefpartner davon schrieb, was sie dachte und fühlte - dieser Austausch ist wirklich noch heute für uns Leser/innen sehr aussagekräftig und interessant in Bezug auf der Person Kolb und ihre Weggefährten sowie ihre Zeit. Aber es ist nicht nur informativ, es liest sich auch kurzweilig und stellenweise amüsant - also alles enthalten, was man sich von einem Buch wünscht - hervorragend !!!