„Schon wieder eine Autorin, die er über Twitter entdeckt hat? Macht er auch noch was Anderes?“ Ja, stellt euch ruhig diese Fragen – mir egal *g*. In der Tat entdecke ich mehr und mehr Autor:innen über Twitter, die mir sonst verborgen geblieben wären und die wesentlich (mehr) Aufmerksamkeit verdienen. Eine von ihnen hört auf den Namen Annette van den Bergh und hat mit „Lost Paradise“ Ende 2022 ihren zweiten Kurzgeschichtenband veröffentlicht.
Die acht (bzw. sechs davon) darin versammelten Geschichten (von 5 bis 30 Seiten Länge) wurden von Künstlern wie Paul Klee, Edvard Munch, Marc Chagall usw. inspiriert. Nicht jede Geschichte kann ich (persönlich) einem Künstler zuordnen (außer natürlich „Der Schrei“, da das titelgebende Bild in der gleichnamigen Geschichte vorkommt *g*) – ein Hinweis auf die genauen Inspirationen (Gemälde oder Zitate etc.) wäre hier evtl. hilfreich gewesen. Aber das ist mein persönlicher Eindruck und schmälert meine Begeisterung für „Lost Paradise“ keinesfalls. Vielleicht gibt es ja auch jemande:n unter den zukünftigen Leser:innen, der/ die alle Inspirationen erkennt *g*.
Denn Annette van den Bergh „malt“ bzw. kreiert auch bildende Kunst – nicht mit dem Pinsel, sondern mit Worten. Die inhaltlichen bzw. (meine) assoziativen Variationen der Geschichten reichen dabei von poetisch-sinnlich über kafkaesk-bewegend bis hin zu nachdenklich stimmend und selbstreflektierend.
Als ich die Autorin während der Lektüre fragte, ob ihre Geschichten autobiografisch seien, meinte sie (O-Ton): „Um Gottes willen, nein, viel Beobachtung, viel Fantasie, viel Berlin und meine Gedanken dazu…Fiction halt!“ Und diese über jeden Zweifel vorhandene großartige Beobachtungsgabe spürt man als Leser:in in jeder oder den meisten Zeilen und Geschichten. Böse Zungen könnten behaupten „Es sind doch „nur“ Alltagsgeschichten, die das Leben schreibt.“ Ja, mag sein – aber Alltag in solch lebendige Short Stories, bei denen die Leserinnen und Leser mittendrin statt nur dabei sind, zu integrieren ist schon was Besonderes. Noch ein O-Ton dazu: „Ich lebe mit den Geschichten, halte sie beim Schreiben immer für die Wirklichkeit...“
Die Wirklichkeit ist manchmal hart und grausam – die Geschichten von Annette van den Bergh sind es nicht. Ich werde „Lost Paradise“ immer mal wieder in die Hand nehmen, um mir einen Schluck edlen „Lost Paradise“-Whiskey zu gönnen *g*.
Vollmundige, äh – vollste Leseempfehlung und daher 5*.
©kingofmusic