Cover des Buches Die Tote von Rosewood Hall (ISBN: 9781477821183)
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Rezension zu Die Tote von Rosewood Hall von Annis Bell

Jane, und ihre Suche nach Mary

von pallas vor 9 Jahren

Rezension

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pallasvor 9 Jahren

Ein herrlicher Auftakt einer hoffentlich bald fortgesetzten Serie. Die Handlung spielt im 19. JH.

1860: Lord Pembroke gibt zu Ehren seiner Nichte Jane ein Fest und hofft somit, dass sie unter den vielen Anwesenden einen Verehrer findet.
Janes Eltern sind während ihres Aufhenthaltes in Indien einer Choleraepidemie zum Opfer gefallen. Seit dieser Zeit lebt Jane bei ihrem geliebten Onkel Henry.
Beim Fest mangelt es nicht an Verehrern, doch ist Jane ein ausgesprochener Freigeist und möchte daher auch in der Ehe in jedem Fall auch weiterhin die Freiheit genießen, die sie bei ihrem Onkel erleben durfte. Doch welcher Mann des ausgehenden Neunzehnten Jahrhunderts würde sich auf so eine Liaison einlassen?
Im Verlauf des Festes stößt Jane zufällig während eines kurzen Spaziergangs durch den Garten auf ein zierliches Mädchen, das fiebernd und abgezehrt im Gebüsch liegt. Mit Hilfe von Captain Wescott, der ihr zu Hilfe eilt, bringen sie das Mädchen in einem abgeschiedenen Raum im Wintergarten unter, während die Festlichkeiten weiterhin in vollem Gange sind. Dieses nahezu schon gänzlich verhungerte Geschöpf bittet sie nach "Mary" zu suchen bevor sie schließlich stirbt. Dieses Geheimnis teilt Jane nun mit Captain Wescott.

Wescott weiß um den Wunsch Janes, auch in der Ehe in Freiheit leben zu können und so macht er ihr ein attraktives Angebot. Zumal ihr Onkel sehr schwer erkrankt ist, wird sich Jane bald entscheiden müssen.
Dieser außerordentlich gelungene und hochinteressante Roman spiegelt die Welt des viktorianischen Zeitalters ungewöhnlich in präziser, facettenreicher Form wieder und beschenkt den Leser mit erstaunlichen Details aus dieser Zeit.
All die heute oft so fremd anmutenden sozialen Gepflogenheiten sowie die Verhältnisse und Schranken zwischen Herrschaft und deren Diener werden lebensecht und historisch detailliert auf unterhaltsame Weise eingesetzt, um den geeigneten Rahmen der packenden Story zu gestalten.
Die Personen sind hervorragend gewählt und so detaillert herausgearbeitet, dass im Leser sofort emotional gefüllte Bilder eines authentischen Lebens des Neunzehnten Jahrhunderts entstehen. Über die außerordentlich facettenreichen Hauptfiguren beginnt der Roman zu leben und umgibt die Geschichte mit einem ganz eigenen Flair, dem man sich nicht entziehen kann.
Der Leser wird von den Erlebnissen Janes - die sich als mutige Privatdetektivin entdeckt und auf den Weg nach Mary macht - in den Bann gezogen und durchlebt mit ihr den gemeinsamen Lebensweg mit ihrem attraktivem aber oft mürrischen Ehemann.
Der Autorin gelang es eine wunderbare Atmosphäre zu entfesseln, die den Leser in eine ganz andere Zeit entführt. Diese erscheint uns über die völlig andere Gesellschaft des Neunzenten Jahrhunderts einerseits so fremd, so eigenartig aber andererseits in vielen sozialen Aspekten wiederum sehr aktuell: Reichen, die allen materiellen Besitz ihr Eigen nennen, und die arme Bevölkerung, der skrupellos noch das Letzte genommen wird.

Der Roman zeigt in seinem Verlauf eindringlich, was mit Geld alles erreicht werden kann - leider nicht nur Gutes.

Das Werk hat mich von der ersten Seite an gefesselt und im Sturm erobert. Er gab mir viele wertvolle Edelsteine des Wissens - zum Beispiel über das Leben von Waisenkindern im Neunzehnten Jahrhundert, die ihrer Menschenwürde völlig beraubt dahinvegetieren. Ein solches Waisenkind ist - sozial ungeschützt - in den Augen mancher Mitmenschen dieser Zeit einfach ein "Nichts" das man bis an die Missbrauchsgrenze ausnutzen kann.

Diesen ergreifenden und spannenden Roman kann ich jedem nur empfehlen, der ein solches Genre mag. Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung und das Wiedersehen mit den mir so lieb gewordenen Hauptfiguren. Ein ganz herzliches Dankeschön an Anne Bell für dieses aufschlussreiche und unterhaltsame Buch. Es muss eine ungeheuere Anstrengung gewesen sein, all diese vielen hochpräziesen Details und Informationen aus dieser geschichtlichen Epoche zu finden und für dieses Werk vorzubereiten. So lange es solche Autoren gibt lebt in meinen Augen die Romankunst ein gutes, vorbildliches Leben.
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