António Lobo Antunes

 4 Sterne bei 103 Bewertungen
Autorenbild von António Lobo Antunes (© Goncalo Figueiredo Augusto)

Lebenslauf

Von Krieg, der Geschichte Portugals und wichtiger Literatur: António Lobo Antunes ist im Jahr 1942 in Portugal geboren. Er studierte wie sein Vater Medizin, spezialisierte sich jedoch auf Psychiatrie, da er bereits als Jugendlicher Schriftsteller werden wollte und Parallelen zwischen Literatur und Psychologie sah. 1970 wird er zum Militär eingezogen und arbeitet mehrere Jahre lang als Militärarzt in Angola während des Kolonialkrieges. Nach seiner Rückkehr ist er weiter als Mediziner tätig und steigt 1985 zum Chefarzt und Psychiater in einer Nervenklinik in Lissabon. Zusätzlich macht er erste Gehversuche im Bereich der Literatur. In seinem Debütroman „Judaskuss“ von 1979 verarbeitet er seine Erfahrungen während des Krieges in Angola. 1985 schließt Lobo Antunes seine Karriere als Mediziner ab und widmet sich fortan ausschließlich dem Schreiben. Auch weitere Romane von ihm werden erfolgreich publiziert und heute zählt António Lobo Antunes zu den wichtigsten zeitgenössischen Schriftstellern Portugals. In seinen Werken beschäftigt er sich vor allem mit der Geschichte seines Heimatlandes, aber auch Tod, Trauer, Liebe und Einsamkeit sind wichtige Elemente und Motive in seinen Geschichten.

Neue Bücher

Cover des Buches Am anderen Ufer des Meeres (ISBN: 9783630877358)

Am anderen Ufer des Meeres

Neu erschienen am 06.11.2024 als Gebundenes Buch bei Luchterhand.

Alle Bücher von António Lobo Antunes

Cover des Buches Das Handbuch der Inquisitoren (ISBN: 9783641242275)

Das Handbuch der Inquisitoren

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Erschienen am 06.08.2018
Cover des Buches Die natürliche Ordnung der Dinge (ISBN: 9783641321802)

Die natürliche Ordnung der Dinge

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Erschienen am 11.05.2024
Cover des Buches Der Judaskuß (ISBN: 9783641249922)

Der Judaskuß

 (7)
Erschienen am 21.01.2019
Cover des Buches Portugals strahlende Größe (ISBN: 9783641302665)

Portugals strahlende Größe

 (7)
Erschienen am 14.12.2022
Cover des Buches Elefantengedächtnis (ISBN: 9783641111410)

Elefantengedächtnis

 (7)
Erschienen am 29.03.2013
Cover des Buches Drittes Buch der Chroniken (ISBN: 9783641321833)

Drittes Buch der Chroniken

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Erschienen am 11.05.2024
Cover des Buches Einen Stein werd ich lieben (ISBN: 9783641321819)

Einen Stein werd ich lieben

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Erschienen am 11.05.2024
Cover des Buches Die Vögel kommen zurück (ISBN: 9783641249939)

Die Vögel kommen zurück

 (4)
Erschienen am 21.01.2019

Neue Rezensionen zu António Lobo Antunes

Cover des Buches Die letzte Tür vor der Nacht (ISBN: 9783630876283)
Nils avatar

Rezension zu "Die letzte Tür vor der Nacht" von António Lobo Antunes

Keine Leiche, kein Verbrechen
Nilvor 2 Jahren

Es gibt zwar eine brutal ermordete Leiche, aber es handelt sich nicht um einen Krimi! Es verschwindet ein Geschäftsmann in Schwefelsäure und hat sich praktisch aufgelöst, aber das ist nicht der Fokus des Romans. Denn es ist klar wer die Mörder sind. Fünf Männer, die dubioser nicht sein könnten: ein zwielichter Rechtsanwalt und sein Bruder, ein sehr gewissenloser Kräuterhändler sowie zwei Geldeintreiber. Es ist ein fein ausgetüfteltes Psychogram dieser fünf Täter. Die anfängliche Gewalt dient António Lobo Antunes nur als Ausgangspunkt. Vor allem fußt dieser Leichenfund auf einer realen Begebenheit, die sich in der Nähe Portos zutrug.

Kein Roman, der sich nebenbei weglesen lies. Ich tat mich etwas schwer, vor allem wegen der Syntax. Oder besser, wegen der fehlenden Syntax. Wenig Satzenden, keine Anführungszeichen, nur Spiegelstriche, wenn gesprochen wird. Dann die doch sehr poetische offene mäandernde Sprache, die volle Aufmerksamkeit bedarf. Das machte mir den Lesefluss nicht sonderlich einfach.

Mich hat der Roman „Die letzte Tür vor der Nacht“ gereizt, weil der mittlerweile 80jährige António Lobo Antunes schon des Öfteren genannt wurde als Anwärter auf den Literaturnobelpreis! Der Portugiese hat schon viele Romane geschrieben und dies ist sage und schreibe der 29.! Spannend ist auch, dass er von Hause aus Psychiater ist und lange Zeit als Chefarzt in einer psychiatrischen Klinik arbeitete.

Und hier kommen wir zum großen Punkt der Überzeugung dieses Romans. Er ist ein Meister sich in die inneren psychischen Windungen anderer Menschen einzufüllen und zeichnet uns großartige nach in welchem Seelenzustand die Täter sind. Die abwechselnde Erzählperspektive lässt uns komplett eintauchen und wir ergründen sie alle.

Und da António Lobo Antunes in einem Interview mal sagte: „A good reader is hard to find“ (‚Ein guter Leser ist selten zu finden‘) überlasse ich es euch, ob ihr es wagen wollt!

Cover des Buches Mein Name ist Legion (ISBN: 9783630872957)
leseleas avatar

Rezension zu "Mein Name ist Legion" von António Lobo Antunes

„Gott kümmert sich heute nicht um uns.“ (S. 135)
leseleavor 3 Jahren

In einem sozial schwachen Viertel von Lissabon terrorisiert eine aus hauptsächlich Migranten bestehende Jugendgang Anwohner und die umliegenden Gemeinden. Sie überfallen Häuser und Tankstellen, verdingen sich als Zuhälter, verkaufen Hehlerware und schrecken auch nicht vor schwerer Körperverletzung zurück. Die Polizei beobachtet das Viertel über mehrere Monate, infiltriert es, befragt Zeugen und landet schließlich einen großen Coup, bei dem mehrere Todesopfer zu beklagen sind. Dieses Ereignis sowie die Entwicklungen, die zu ihm geführt haben, haben Auswirkungen auf eine Vielzahl von Figuren: den Polizisten, der die Operation hauptverantwortlich leitete, die Eltern der kriminellen Jugendlichen, ihre Geschwister, Komplizen, Nachbarn und schließlich auch die Gangmitglieder selber. Und sie alle erzählen davon – und von dem, was sie noch in ihrem Leben beschäftigt.

...aber wenn so viele alte Erinnerungen brodeln, entzieht sich einem der Kopf, ich höre, wie er alte Begebenheiten bewegt, Menschen und Dinge von ihrem Platz verrückt und Unglück wieder hervorholt, das ich vergessen glaubte, das aber letztlich bleibt... (S. 67)

António Lobo Antunes gilt als einer der bedeutendsten portugiesischen Schriftsteller der Gegenwart und wird seit Jahren als Anwärter auf den Literaturnobelpreis gehandelt. Dass man es mit anspruchsvoller Literatur zu tun hat, wird jedem Leser aber schon selbst nach der Lektüre der ersten Seite eines jeden seiner Romane bewusst: Lobo Antunes weist einen unverwechselbaren Schreibstil auf, der sich durch wilde Assoziationen, eine reduzierte Interpunktion sowie radikale Introspektion der sprechenden Figur auszeichnet. In seinem Roman Mein Name ist Legion von 2007 lässt er insgesamt 12 Charaktere auf knapp 450 Seiten zu Wort kommen. Sie alle blicken mit denen ihnen eigenen Perspektive auf das Leben im Bairro (portugiesisch für Stadtvirtel), das sich durch Armut, Gewalt, Perspektivlosigkeit und strukturellen Rassismus auszeichnet. Die Vorurteile der Weißen in diesem Roman sitzen tief, das N-Wort wird fast auf jeder Seite in den Mund genommen; gleichzeitig kann jede schwarze Figur von Diskriminierungserfahrungen seit frühester Kindheit berichten. Die Grenze von Schwarz und Weiß ist in Mein Name ist Legion scharf gezeichnet, ebenso die zwischen Arm und Reich sowie Mann und Frau.

Und doch sind sich alle Figuren in diesem Roman verbundener, als sie selber glauben: Sie alle kämpfen mit Einsamkeit und emotionaler Kälte in ihrem Leben, die Vergangenheit lastet auf allen von ihnen, bei manchen ist sie mit Schuld, bei anderen mit schweren Verletzungen beladen. Positive Momente sind rar in Lobo Antunes‘ Geschichte, das Elend ist allumgreifend, es schillert nur bei jeder Figur in einem anderen (Erzähl-)Ton. Diese inhaltliche Schwere trägt fast genauso wie der anspruchsvolle Stil dazu bei, dass die Lektüre des Romans recht viel Zeit braucht. Doch lässt man sich voll und ganz ein auf Lobo Antunes‘ Art des Erzählens, statt verkrampft zu versuchen, zu verstehen, entfalten seine Bilder eine enorme Stärke: Geht man mit seinem Rhythmus, hört man den Stimmen, die er ertönen lässt wirklich zu, dann kann man in die Gedankenströme eintauchen und aus den einzelnen Erinnerungsfetzen eine komplexe und verzweigte Handlung ableiten.

Ein Roman wie Mein Name ist Legion macht weder inhaltlich noch stilistisch viel Spaß und trotz aller Bewunderung für das schriftstellerische Können des Autors ist eine gewisse Müdigkeit – die manchmal in Langeweile übergehen kann – beim Lesen nicht auszuschließen. Zugleich wird man mit einer vielschichtigen und vielstimmigen Erzählung belohnt, die Raum für Zwischentöne, Unbewusstes und eigene Interpretationen lässt. Wer es hin und wieder mag, sich durch ein Buch durchzukämpfen und experimenteller Literatur generell offen gegenübersteht, der muss Lobo Antunes eigentlich lesen. Mein Name ist Legion bietet aufgrund des sehr kurzgeschichtenartigen Aufbaus meiner Meinung nach dafür den idealen Einstieg. Also: Traut euch!

Cover des Buches Bis die Steine leichter sind als Wasser (ISBN: 9783630876276)
Gwhynwhyfars avatar

Rezension zu "Bis die Steine leichter sind als Wasser" von António Lobo Antunes

Aber wie es bei Kunst so ist, sie trifft nicht immer den Geschmack.
Gwhynwhyfarvor 3 Jahren

Interesse am Thema war vorhanden, Kolonialismus, die Nelkenrevolution; ich lese gern gute Literatur. Der portugiesische Altmeister António Lobo Antunes stand mehrfach auf der Liste für den Literaturnobelpreis. Hohe literarische Kunst. Aber wie es bei Kunst so ist, sie trifft nicht immer den Geschmack. Ich verneige mich – aber es tut mir leid, ich mochte nach 50 Seiten nicht weiterlesen. 


Der erste Satz:


«Meine Mutter war deren Cousine ersten Grades, will heißen Cousine ersten Grades des Vaters, nicht die des schwarzen Sohns, der überhaupt nicht sein Sohn war, obwohl er ihn wie einen Sohn behandelte und der Ne... ihn wie einen Vater, der Cousin meiner Mutter hat ihn im Alter von fünf oder sechs Jahren aus dem Krieg in Angola mitgebracht, damals war ich noch nicht geboren, ich kam später, und ich erinnere mich daran, wie mein Stiefvater auf meine Frage, wieso der Cousin mit einem Kind zurückgekommen war, das wahrscheinlich im Busch, wo er es gefunden hat, glücklicher wäre, antwortete, dass fast alle Soldaten mit Erinnerungsstücken zurückkamen, mit einer Maske, einer Holzfigur, einem Ohr in einer Flasche mit Alkohol, einem Jungen, einem Arm weniger, Schweigen mitten in Gesprächen, in denen sie sich in sehr weite Ferne zurückzogen und dennoch hierblieben, in der Ferne konnte man, jedenfalls war mir so, fast Schüsse und Schreie hören, mein Stiefvater war wegen seines Klumpfußes nicht in Afrika, doch Nachbarn hier aus dem Dorf sind dort gewesen und waren anders als er, ungesellig, unwirsch, fast alle seltsam, das entnahm ich den Klagen ihrer Frauen, im Gemüsegarten auf einem Stein sitzend, schauen die Männer wer weiß wohin oder lauschen dem Laub mir unbekannter Bäume, einer von denen durchtrennte seinem Hund, anstatt ihn mit dem Stiefel wegzuscheuchen, mit der Hacke die Kehle ...»


Dieser Satz ist noch lange nicht zu Ende; er umfasst circa die Hälfte, fließt fast über zwei Seiten. Es geht in diesem Erzählstil weiter. Nach 50 Seiten habe ich in die Mitte und nach hinten geblättert, ein wenig gelesen, es wird sich nichts ändern. Atemlos galoppiert der Autor in langen Schachtelsätzen durch die Seiten, innerhalb des Satzes die Perspektive gewechselt, kurz eine wörtliche Rede integriert. Der Adoptivsohn berichtet – die Gegenstimme der Vater – Gedankensplitter – das mitten im Satz. Das Gebilde legt sich mir eher als Textlandschaft dar, ein Baum mit Ästen und Wurzeln, die in alle Richtungen ausschlagen – und das mehrfach in einem langen Schachtelsatz. Ein Text, der fordert. Kein Problem für mich, auch mit langen Sätzen kann ich mich gut anfreunden. Hier haben wir es mit einem speziellen Stil zu tun, einer aufzählenden Erzählweiseweise, die ja Tempo macht. Doch dieses Tempo fährt durch das gesamte Buch. Dazu kommt, dass wir es hier nicht mit einer Erzählung im üblichen Sinn zu tun haben, mit einer folgerichtigen Handlung, die eine Geschichte mehr oder weniger vom Anfang zum Ende erzählt. Kopfkino auf das Papier gebracht, wütend, querbeet. Das ist hohe Kunst und man muss sie mögen. Wer damit klarkommt, dem wird das Buch ein Genuss sein.


Worum geht es überhaupt? Angola zurzeit des Kolonialkriegs. Ein afrikanischer Junge überlebt als einziger ein Massaker, das portugiesische Soldaten in seinem Dorf anrichten, brandschatzen, Menschen verstümmeln. Ausgerechnet der Mann, der seine Eltern getötet hat, nimmt diesen Jungen mit nach Portugal, adoptiert ihn. Doch in Lissabon wird er nie akzeptiert werden, Diskriminierung steht auf der Tagesordnung. Der Junge wird nie ein Portugiese sein, egal was in seinem Pass steht. Und die Erinnerungen an den Krieg verfolgen sowohl den Vater als auch den erwachsenen Adoptivsohn. Die Handlung macht sich an einem alljährlichen Schlachtfest auf, berichtet von den Grauen des Krieges. Brutaler Kolonialismus, Rassismus sind das Thema.



António Lobo Antunes wurde 1942 in Lissabon geboren. Er studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges 27 Monate lang Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. In seinem Werk, das mittlerweile mehr als zwanzig Titel umfasst und in vierzig Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich intensiv und kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander. Er erhielt zahlreiche Literaturpreise und wurde 2018 in die Bibliothèque de la Pléiade aufgenommen, die höchst renommierte Sammlung von Klassikern der Weltliteratur.


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Zusätzliche Informationen

António Lobo Antunes wurde am 01. September 1942 in Benfica (Portugal) geboren.

Community-Statistik

in 161 Bibliotheken

auf 37 Merkzettel

von 5 Leser*innen aktuell gelesen

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