Antanas Škėma

 3,8 Sterne bei 4 Bewertungen

Lebenslauf

Antanas Škėma (1910–1961) wird im damals zum Russischen Reich gehörenden polnischen Łodź geboren. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs flieht die Familie ins russische Hinterland, Škėma durchlebt eine traumatische Kindheit, zunächst in Woronesch und dann während der russischen Revolution in der Ukraine. 1921 kehrt die Familie in das nun unabhängige Litauen zurück. 1929 beginnt Škėma in Kaunas Medizin, später Jura zu studieren. Ab 1935 widmet er sich zunehmend dem Theater, arbeitet als Schauspieler und als Regisseur am Staatstheater Vilnius. 1944 flieht er vor der sowjetischen Besatzung nach Deutschland, wo er mehrere Jahre in displaced-persons-Camps lebt. 1947 veröffentlicht Škėma einen Kurzgeschichtenband und verfasst erste Dramen, 1949 siedelt er in die Vereinigten Staaten über, wo er seinen Lebensunterhalt als Fabrikarbeiter und Liftboy verdient. In litauischen Exilkreisen engagiert er sich im Theater, verfasst Beiträge für die Emigrantenpresse und publiziert zwei weitere Novellenbände, Essays, Gedichte und seinen einzigen Roman »Das weiße Leintuch«. Wegen seiner existenziellen Themen wird Škėma als »litauischer Camus« bezeichnet. 1961 stirbt er bei einem Autounfall in Pennsylvania.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Antanas Škėma

Cover des Buches Das weiße Leintuch (ISBN: 9783945370100)

Das weiße Leintuch

 (4)
Erschienen am 15.02.2017
Cover des Buches Apokalyptische Variationen (ISBN: 9783945370261)

Apokalyptische Variationen

 (0)
Erschienen am 27.08.2020

Neue Rezensionen zu Antanas Škėma

Cover des Buches Das weiße Leintuch (ISBN: 9783945370100)
mabo63s avatar

Rezension zu "Das weiße Leintuch" von Antanas Škėma

2 Welten treffen sich
mabo63vor einem Jahr

In den frühen 50er Jahren geschrieben und erzählt die Geschichte von Antanas Garsva einem emigrierten, vor den Sowjets geflüchteten litauischen Schriftstellers der im pulsierenden New York u.a als Liftboy 'Nr.87' Arbeit findet.


Erzählt wird in zwei Strängen: von seiner eintönigen Arbeit in New York und in Rückblenden in seine Kindheit in Litauen.

Das Leben hat seine Spuren hinterlassen, seine Flucht, das Leben in den Lagern und nicht zuletzt der Verlust seiner Heimat lasten schwer.


'Der grüne Pfeil leuchtet auf, Antanas streckt die Hand mit dem weißen Handschuh aus, fertig. Wir fahren nach oben, er drückt den Griff, und die Tür schließt sich und der Aufzug fährt nach oben. Oben leuchten die Zahlen der Stockwerke auf: 1,2,3,4,5,6,7,8,9,10. Der 11., bitteschön, dankeschön, der Gast geht hinaus, Hand an den Griff, wir fahren nach oben, der Aufzug wird im 13. angehalten, die Tür öffnet sich, ein Gast kommt herein, ihre Etage, bitteschön, den Knopf, dankeschön, Hand an den Griff, 14,15, der 16. bitteschön, dankeschön der Gast geht hinaus.Hand an den Griff wir fahren nach oben 17, der 18. bitteschön. Alle gehen hinaus. Das rote Quadrat, der grüne Pfeil wir fahren nach unten, dasselbe Ritual wenn wir nach unten fahren'


☆☆☆


'Aber die Fahrt mit der Drahtseilbahn, sie war wirklich und nicht zu bezweifeln. Wir fuhren hoch. Ich saß am Fenster. Ich erinnere mich an Mamas Spitzenhandschuhe, an Vaters scharfen Schnauzbart, an die Tannen, die schief zurückfielen und an den Halt und die andere Kabine neben uns. In ihr lehnte ein Mann aus dem Fenster. Das Gesicht des Mannes war rot, und er ass Kirschen von der selben Farbe. Ich schaute die Kirschen an und der Mann mich. Und dann reichte er durch das Fenster zwei Kirschen heraus und bot sie mir mit irgendwelchen Worten an. Die Kirschen funkelten im Sonnenlicht. Ich nahm sie. Die Kabinen trennten sich der Mann polterte nach unten davon, und wir ächzten nach oben. Zwei klebrige, runde, rote Kirschen, zu schade zum Essen, lagen in meiner Handfläche. Ich steckte sie mir in den Mund und zog sie wieder heraus.'

Cover des Buches Das weiße Leintuch (ISBN: 9783945370100)
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Rezension zu "Das weiße Leintuch" von Antanas Škėma

Ein versunkenes Kleinod - für die deutschen Leser endlich entdeckt
Beustvor 7 Jahren

Der Exilroman "Das weiße Leintuch" von Antanas Skema ist eine literarische Wiederentdeckung für die Welt und eine Neuentdeckung für den deutschen Leser. Skema wurde noch im Zarenreich als Teil der litauischen Minderheit in Polen geboren, wurde seine Kindheit über von Ort zu Ort geschleppt, ehe er in der jungen baltischen Republik Litauen studieren konnte. Das künstlerische und kreative Zentrum des Landes - Kaunas und seien Theater - prägte ihn, seine Liebe für das Wort, das sprachliche Ornament, die leuchtenden Bilder, die emotionalen Schatten seiner Texte schärfte er im Medizin. und Jurastudium.

"Das weiße Leintuch" spiegelt Skemas Leben: die Repressalien durch die sowjetischen Besatzer, die Willkür der deutschen Truppen, die Jahre im elenden Exil im Lager für Displaced Persons und schließlich im Bodensatz New Yorks zwischen anderen Einwanderern. Der ebenfalls Antanas heißende Protagonist ist Dichter und Fahrstuhlführer und fährt mit dem Leser durch die Stockwerke der fantastischen Wahrnehmung des verhinderten Exildichters, durch seine Erinnerungsbilder und den erlebten Wahnsinn nebst Momenten im Irrenhaus und im Irrsinn der Wirklichkeit.

Der Roman ist nicht leicht zu lesen, denn die Überblendung von Erzählzeit und Vergangenheit, Wahrheit und Erinnerungen sind neblig wie das Erinnern, aber stets von poetischer Schönheit.

Eine Entdeckung!

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