Cover des Buches All the Light We Cannot See (ISBN: 9780008108199)
Rezension zu All the Light We Cannot See von Anthony Doerr

All the Light We Cannot See - Anthony Doerr

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Dies ist nicht einfach noch ein Zweiter Weltkrieg Buch. Es ist anders, es ist fesselnd, bewegend, teilweise herzzerreißend

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 9 Jahren
Inhalt

Saint-Malo 1944: Die erblindete Marie-Laure flieht mit ihrem Vater, einem Angestellten des »Muséum National d’Histoire Naturelle«, aus dem besetzten Paris zu ihrem kauzigen Onkel in die Stadt am Meer. Verborgen in ihrem Gepäck führen sie den wahrscheinlich kostbarsten Schatz des Museums mit sich. Werner Hausner, ein schmächtiger Waisenjunge aus dem Ruhrgebiet, wird wegen seiner technischen Begabung gefördert und landet auf Umwegen in einer Spezialeinheit der Wehrmacht, die die Feindsender der Widerstandskämpfer aufzuspüren versucht. Während Marie-Laures Vater von den Deutschen verschleppt und verhört wird, dringt Werners Einheit nach Saint-Malo vor, auf der Suche nach dem Sender, der die Résistance mit Daten versorgt.

Meine Meinung

Dieses Buch war eigentlich recht lange auf meiner Wunschliste. Es gab viele begeisterte Leser und, obwohl ich derzeit keine Lust auf noch eine WW2 Geschichte hatte, hat mich der Klappentext gereizt.

Wir verfolgen die Geschichte von zwei Kindern, Marie-Laure und Werner, über die Jahre bis ins Jahr 1944 in Saint Malo an der französischen Küste, in der Bretagne. Die Geschichte geht sogar bis ins Jahr 1934 zurück, als Marie-Laure gerade 6 Jahre alt war. Sie lebt in Paris mit ihrem Vater und ihr Sehvermögen verschwindet ganz rapide. Ihr Vater ist Schlosser und arbeitet im Museum. Er baut für sie ein maßstabgetreues Modell des Bezirkes, in dem sie leben. Sie kann mit ihren Fingerspitzen über das Model fahren und lernen sich blind auf den Straßen zu bewegen. Werner ist 7 und lebt mit seiner Schwester Jutta im Waisenhaus in Deutschland. Sein Schicksal scheint vorbestimmt; mit 15 wird er im Kohlenbergwerk arbeiten. Beide Kinder sind was Besonderes, ich habe sie ziemlich rasch ins Herz geschlossen. Aber vor allem Werner hat es mir angetan. Er ist klein für sein Alter, hat Segelohren und sein Haar ist weiß wie Schnee. Er stellt Fragen über Fragen, auf die ihm keiner eine Antwort geben kann: »Wissen Bienen, dass sie sterben werden, wenn sie jemand stechen?», »Können taube Menschen ihren Herzschlag hören?» Er hat eine große technische Begabung, lernt Radios zu reparieren, in dem er sie einfach studiert und weil es ihn brennend interessiert.

Anthony Doerr hat nicht nur diese zwei wunderbaren Protagonisten geschaffen. Jeder mit dem sie länger in Kontakt kommen, ist ein wunderbarer, einzigartiger Charakter. Der Vater von Marie, der komplizierte Modelle baut, damit sie ihren Weg finden kann. Ihr Groß-Onkel, Etienne LeBlanc, der sein Haus in Saint Malo nicht mehr verlässt. Frank Volkheimer, ein riesiger junger Deutscher der Werner mit fast zärtlicher Zuneigung begegnet, ihn beschützt. Frederick, ein Schulkamerad von Werner, der sich nur für Vögel interessiert, Widerstand leistet und so vieles erduldet. Der Autor lässt das Wesen von jeder Figur so lebendig werden, dass man sie ins Herz schließt oder auch absolut abstoßend findet.

Während wir miterleben was das Schicksal für Marie-Laure in Frankreich und Werner in Deutschland bereithält, bekommen wir ein eher ungewöhnliches Bild vom Zweiten Weltkrieg geliefert. Wie es war für die Kinder in Nazi-Deutschland aufzuwachsen, wie diese kindliche Unschuld ganz schnell korrumpiert werden konnte. Wie wenig sie Kinder sein konnten und wie jung sie in diese grausame Maschinerie des Krieges gezogen wurden. Aber auch in Frankreich müssen die Kinder schnell erwachsen werden. Auf dem Kontinent war diese Zeit sicherlich viel schwerer, grausamer und entsetzlicher als in England. Meine Eltern zum Beispiel haben den Krieg in England nicht so erlebt wie jene in Deutschland oder Frankreich.

Diese Geschichte ist erschreckend lebendig. Zu keinem Zeitpunkt dachte ich, dass es unwahrscheinlich wäre. Die Schilderungen sind reich an Details, die kleine Stadt Saint Malo, der Strand, das Meer, die Häuser, die Einrichtung, wirken alle sehr lebendig durch fühlen, Gerüche und Geräuschen, wie es so ist, wenn man blind ist. Diese beiden Kinder sind sicherlich nicht um vieles mutiger als tausend andere Kinder und Jugendliche in dieser Zeit. Es stellt sich aber für mich persönlich schon die Frage, wie ich an ihrer Stelle gewesen wäre, was ich getan hätte, wie ich reagiert hätte.

Die letzten Kapitel haben mich sehr berührt und ich gebe zu, dass ich teilweise schwer lesen konnte durch diesen Schleier aus Tränen. Ich fand es auch schön, dass die Geschichte nicht einfach im Jahr 1945 endet, sondern noch ein paar Kapitel von Ereignissen in den Jahren 1974 und 2014 erzählt. Dies ist nicht einfach noch ein Zweiter Weltkrieg Buch. Es ist anders, es ist fesselnd, bewegend, teilweise herzzerreißend und es ist in einer wunderbaren Sprache geschrieben. Anthony Doerr zeigt uns auch einzigartige Schönheit in all dem hässlichen, durch die Augen eines wissbegierigen Jungen und die eines blinden Mädchens.

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