Cover des Buches Das Geheimnis des weißen Bandes (ISBN: 9783458175438)
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Rezension zu Das Geheimnis des weißen Bandes von Anthony Horowitz

Rezension zu "Das Geheimnis des weißen Bandes" von Anthony Horowitz

von Vicusnigri vor 12 Jahren

Rezension

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Vicusnigrivor 12 Jahren
Im November 1890 betritt der Galerist Edmund Carstein, ein elegant gekleideter Mann mittleren Alters, die Wohnung des berühmtesten Detektivs seiner Zeit in der Baker Street 221b. Er bittet Sherlock Holmes um Hilfe, da er sich seit einiger Zeit von einem raubeinigen Mann verfolgt fühlt. Was die Sache für ihn besonders bedrohlich erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass dieser Mann kein Unbekannter für ihn ist: Er kennt ihn von einem kürzlichen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dort sei der vermeintliche Schurke nämlich Teil einer berüchtigten Bostoner Verbrecherbande gewesen, der Flat Cap Gang, an deren beinahe radikaler Auslöschung Holmes‘ neuer Klient einen bedeutenden Anteil hatte. Jedoch soll einer der Bandenmitglieder überlebt haben und es scheint, als sei dieser Carstein nach London gefolgt, um sich an ihm zu rächen. Als Holmes und sein treuer Gefährte und Chronist Dr. Watson sich auf die Spur des mysteriösen Mannes heften, geraten sie in einen Sog der Gewalt und des Verbrechens, der selbst die kühnste Vorstellungskraft des Meisterdetektivs überschreiten und ihn bis ins Gefängnis bringen soll. Ein weißes Seidenband am Handgelenk eines zu Tode geprügelten Straßenjungen spielt dabei eine nicht unerhebliche Rolle … --- Bei dem hier vorliegenden Buch handelt es sich um den ersten offiziellen und vom „Sir Arthur Conan Doyle Literary Estate“ genehmigten Roman eines neuen Falles des berühmtesten Detektivs der Welt. Dem vor allem für seine Jugendbuchreihen „Ein Fall für Alex Rider“ und „Die fünf Tore“ bekannten Autor Anthony Horowitz wurde dabei die Ehre übertragen, diesen zu verfassen. Und dies macht er, um es gleich vorneweg deutlich zu sagen, richtig gut. --- Der Roman beginnt mit einem Vorwort, in dem ein gealterter und kurz vor seinem Tod stehender Dr. John Watson die Umstände der späten - weit über hundert Jahre nach den geschilderten Ereignissen - Veröffentlichung seiner Aufzeichnungen über diese „ungeheuerlichen und schockierenden Ereignisse“ plausibel und schlüssig erläutert. Nach einem unterhaltsamen Beginn, in dessen Verlauf Holmes seinem alten Freund Watson auf die ihm unnachahmliche Art und Weise seine absolute Meisterschaft auf dem Gebiet der Ratiocination demonstriert, entwickelt sich eine clever und absolut überzeugend konstruierte Erzählung mit zwei verschiedenen Handlungssträngen, die viel Raum für Spekulationen des Lesers offen lassen. Wie man es von einem Sherlock Holmes-Roman erwartet, spürt man auch hier auf jeder Seite die unvergleichliche Magie des viktorianischen Londons. Zum einen steigt man mit den beiden Protagonisten hinab in den Moloch des Verbrechens, der Opiumhöhlen und der verwahrlosten Straßenkinder, zum anderen bewegt man sich mit ihnen in den höchsten Kreisen der englischen Gesellschaft und kann sich dabei nie sicher sein, wo das wahre Böse lauert. --- Der Schreibstil von Horowitz ist dabei sehr gelungen und überzeugend. Auch wenn er nicht auf jeder Seite des Buches immer nahezu perfekt nach dem großen Arthur Conan Doyle klingt, schreibt er doch so nah am Original wie das heutzutage, etliche Dekaden später, wohl noch möglich ist. Über einen ganzen Roman von knapp 350 Seiten den Tonfall unverwechselbar nach Doyle klingen zu lassen, dürfte sehr schwierig sein. Die kleinen Abweichungen in der Ausdrucksweise fallen aber auch gar nicht großartig auf, und wenn doch, so trüben sie den Lesegenuss in keiner Weise. Verwunderlich und ein wenig befremdlich ist, dass der ansonsten als sehr nüchterner und doch eher gefühlskalter Analytiker bekannte Holmes im Laufe des Romans ungewohnte Emotionen zeigt, was jedoch in diesem spezifischen Fall den Ereignissen der Handlung geschuldet und somit durchaus glaubwürdig ist. Auch sonst können beim besten Willen keine größeren negativen Eindrücke geschildert werden. --- Insgesamt gefällt das Buch daher sehr gut und ist vorbehaltlos weiterzuempfehlen. Und zwar nicht nur Liebhabern der alten Geschichten um Sherlock Holmes, sondern jedem, der gerne gute Bücher liest. Die Erwartungen werden durch den geschickten Plot und die überraschende Lösung des Falles völlig erfüllt, es ist durchweg spannend und dank der guten Übersetzung auch sehr angenehm zu lesen. Horowitz hielt dem Druck der Erwartungen stand, kam mit den Anforderungen sehr gut klar und liefert hier eine erstklassige Arbeit ab. Das schöne Äußere des Buches rundet den absolut positiven Gesamteindruck noch ab.
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