Cover des Buches Mascha, du darfst sterben (ISBN: 9783579086347)
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Rezension zu Mascha, du darfst sterben von Antje May

Wenn der Tod Erlösung ist

von 19angelika63 vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Unfassbar, was Mascha durchmachen musste, bevor sie endlichen gehen durfte und eine Frage bleibt ... wer bestimmt, wann man sterben darf?

Rezension

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19angelika63vor 8 Jahren
Klappentext
Das letzte Versprechen am Totenbett: Ich hoffe, du wirst durch dein Schicksal etwas bewirken, Mascha. Es war nicht umsonst. Ich möchte Menschen zum nachdenken anregen, Ärzte, Pflegende, Angehörige. Letztendlich alle Menschen. Auch ich habe einmal daran geglaubt, dass es immer andere trifft. Ein schlimmes Ereignis, eine Tragödie. Doch wir werden alle eines Tages sterben. Auf welche Art kann niemand ahnen. Vielleicht werden wir uns aufgrund der guten Intensivmedizin auch eine Weile in einem Stadium zwischen Leben und Tod befinden – und dann hoffentlich jemanden an unserer Seite wissen, der die Kraft und den Mut hat, in unserem Sinn zu handeln.
Antje May



„Nie wieder zusammen lachen. Nie mehr unterhalten. Nichts mehr zusammen unternehmen. Ich hatte doch noch so vieles mit dir vor … nie mehr, nie mehr, nie mehr. Habe ich dir genug gegeben? Hatten wir genug Zeit? Mir ist so klargeworden, dass jeder Moment, den man gemeinsam verbringt, der Letzte sein kann. Jederzeit. Mir war dies vor deinem Tod durchaus bewusst. Meine Mutter hat dazu beigetragen, indem sie uns Kinder lehrte, man sollte sich immer nett voneinander verabschieden, auch im Streit, denn es kann jederzeit die letzte Begegnung gewesen sein.“ (Seite 12)

Antje May ist 2009 alleinerziehende Mutter von zwei Kindern. Mascha und Raphael. Die drei sind gerade umgezogen, in eine Wohnung mit günstiger Busanbindung. Somit sind die beiden Jugendlichen mobiler und von ihrer Mutter unabhängiger, die im Schichtdienst arbeitet. Doch dann passiert nach drei Monaten das Unglück.

Mascha möchte die Karnevalstage bei einer Freundin verbringen. Sie wollte den Bus nehmen, da die Haltestelle direkt vor bzw. gegenüber der Wohnung lag. Nach dem Abendessen packt Mascha ihre Sachen und verabschiedet sich dann von ihrer Mutter. Mascha läuft die Treppe runter, Antje schaut aus dem Fenster und sieht den Bus vorfahren. Dann hört sie einen dumpfen Aufprall. Antje denkt noch … es wird wohl nichts passiert sein … und läuft mechanisch die Treppe runter auf die Straße und sieht ihre Tochter Mascha auf dem Boden liegen. Scheinbar unverletzt … doch dann sieht Antje May die tiefe Wunde am Kopf …

Mascha kommt ins Krankenhaus. Die Diagnose lautet schweres Schädel-Hirn-Trauma. Für Antje May und ihre Tochter Mascha beginnt eine schwere Zeit … fünf Monate später darf Mascha endlich einschlafen.

„Alles ist eins
Es ist der Tod, der wie ein Stern
Unverhofft vom Himmel fällt
Und irgendwo am Horizont lautlos im Meer versinkt.
Und wenn er kommt, hab keine Sangst,
jedes Ende ist ein Neuanfang,
um zu sterben, leben wir ein Leben lang –
alles ist eins und gehört zusamm‘.
Unsere Zeit ist immerzu auf der Flucht vor uns,
irgendwann holen wir sie ein, das wird unser Ende sein.
Und wenn er kommt, hab keine Angst …
Das Leben und der Tod sind ein Liebespaar,
was wäre der Tag ohne Nacht?
Alles ist eins und gehört zusammen,
es gibt immer wieder einen Neuanfang.“ ((Seite 89)aus „Kinder und Tod“ von Elisabeth Kübler-Ross)

Während ich hier sitze, über das gelesene nachdenke und schreibe habe ich einen dicken Kloß im Hals. Tränen steigen mir in die Augen …

Ich habe dieses Buch gelesen und oft gedacht, ich kann nicht weiter lesen … Aber dieses Buch muss man lesen, mit all den schlimmen Dingen die passieren. Mich hat die Geschichte um Mascha traurig gemacht und zugleich auch wütend.

Traurig, weil man den Schmerz und die Hilflosigkeit Antjes spürt. Man hat Antje so oft mit Sorgerechtsentzug gedroht, nur weil sie ihrer Tochter z.B. keine weitere OP zumuten wollte, die letztendlich nichts bewirkt. Sie schaltet Anwälte ein, die ihr jedoch sagen, dass sie letztendlich nichts bewirken können und ihre Klage durch alle Instanzen gehen würde …

Wütend, weil ich persönlich die sogenannte Apparatemedizin als reine Geldmacherei sehe. Der Mensch zählt nicht. Mir scheint, die Ärzte und Pfleger gingen davon aus, da Mascha im Wachkoma lag, dass sie nichts mitbekommt, von dem was man mit ihr macht. Ist das so? Wer garantiert das? Wer sagt und beschließt, dass Menschen im Wachkoma nichts mitbekommen?

Ehrlich gesagt war ich erleichtert, als Mascha endlich in eine Hospiz entlassen wurde und sie dort endlich ihren Frieden fand. Ich habe geweint und auch jetzt ist der Gedanke daran nicht einfach. Es tröstet mich, dass sie jetzt, wo auch immer sie ist, keine Schmerzen mehr hat und vielleicht sogar fröhlich ist.

„Und was ist letztendlich mit der Annahme des Todes? Können und dürfen wir loslassen, um Leiden zu verringern? (Seite 179)

Diese Geschichte um Mascha ist ein wichtiger Beitrag zum Thema „würdevoller Tod“ und dem Umgang damit. Ich gestehe bis dato habe ich hin und wieder einmal über eine Patientenverfügung nachgedacht, aber mich nie näher damit beschäftigt. Mein Mann und ich haben in letzter Zeit mehrfach über Maschas Situation gesprochen. Für uns ist es wichtig, dass der andere weiß, was wir in einer solchen Situation möchten und was nicht. Die Patientenverfügung wird in der nächsten Zeit ausgefüllt. Und dann hoffe ich sehr, sollte es einmal soweit sein, dass mein Mann oder auch ich dann den Mut haben diese auch so umzusetzen wir es jeder von uns möchte.

„Seit Maschas Tod lebe ich bewusster, habe Zusammenhänge in verschiedenen Richtungen geklärt. Mir ist es wichtiger denn je, mit den Menschen, die mir am Herzen liegen, Zeit zu verbringen.“ (Seite 184)

In diesem Sinne …




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