Rezension zu "Ökumene in Zeiten des Terrors" von Klaus Mertes
Verkrustete Bewegung
Die Ökumene, die „Einheit“ zwischen katholischer und evangelischer Kirche ist ein mühsamer Prozess, der bereits seit Jahrzehnten in konkreten, wichtigen Fragen nicht wirklich von der Stelle kommt, vor allem nicht bei der Abendmahlsgemeinschaft, aber auch beim verschiedenen Verständnis des Stellenwerts von Dogma und Lehrtraditionen (wobei in anderen Fragen wie der Taufe und lebenspraktischen Erwägungen sowie in der vielfach „gelebten“ Ökumene vor Ort unterschiede stärker und stärker verschwimmen).
Klaus Mertes und Antje Vollmer wenden sich in ihrem kritischen Briefwechsel, der die Grundlage dieses Werkes bildet, nun noch einmal und mit „frischen Kräften“ der Frage nach der „Einheit der christlichen Kirchen“ zu. Und dies angesichts äußerer Fakten und Bedrohungen, die eine Einheit zumindest in den Grundhaltungen und im öffentlichen Auftreten geradezu herbei fordern, vor allem aber wichtig wären als eine „Bastion gegen den Terror“ (nicht gegen den Islam per se!).
Ausgelöst allerdings wurde der Briefwechsel beider Autoren bereits im Jahre 2010 im Rahmen des „Missbrauchsskandals“ innerhalb vor allem der katholischen Kirche, erhält seine Aktualität aber vor allem durch die Terroranschläge ab dem Jahr 2015.
„Die Überwindung der Spaltung zwischen Konfessionen und zwischen Religionen ist kein Thema der Vergangenheit, sondern betrifft unmittelbar die Gegenwartsaufgabe, Hass und Verzweiflung zu überwinden“.
Dass dabei ein lutherisches „Hier stehe ich und kann nicht anders“ eher hinderlich wäre, das erläutert Vollmer als ev. Theologin explizit in den Briefen, betont aber zugleich, von den „hohen Gedanken“, die allgemein theologische Streitigkeiten und das Ringen um kleinteilige Details ausmachen, sich zu lösen und Ökumene ganz irdisch mit beiden Beinen auf dem Boden als Aufgabe praktisch und konkret anzugehen. Während Mertes genau an diesem Punkt Unterschiede verdeutlicht.
Wobei es für den ökumenischen Prozess durchaus entscheidend wichtig ist, was Merts im Folgenden formuliert.
„…. dass es wohl auch unterschiedliche Denktraditionen sind, in denen wir stehen und die konfessionell geprägt sind, ohne konfessionstrennend zu sein“. Zumindest sein zu müssen.
Dies scheint der mögliche Weg zu sein, den Schritten in Richtung Einheit des Christentums neue (oder wieder einmal, denn der Gedanke an sich ist nicht neu) Impulse verleihen könnte.
Dass von dogmatischen Lehrstreitigkeiten eher der Blick auf sich gerichtet wird und „Denktraditionen“ anstelle von „ewigen Wahrheiten“ in vielen Fällen treten könnten, die dann das Gespräch auf eine weniger verhärtete und mehr miteinander konstruktiv ringende Kommunikation lenken könnte. Für die dieser Briefwechsel, in dem alle wichtigen Themen von Einheit und Trennendem angesprochen werden, ein gutes und nachahmenswertes Beispiel gibt.
Die „Methode der gegenseitigen Gastfreundschaft in der unbegrenzten Einladung zum gemeinsamen Abendmahl“, das ist für Antje Vollmer jener Schritt, jener vor allem öffentliche Schritt, der in der vorfindlichen Gegenwart ein starkes und sichtbares Zeichen in die Gesellschaft und die Gläubigen abgeben könnte und sollte.
Dem Mertes gar nicht grundsätzlich widerspricht, sondern auch hier auf einen „menschlichen“ Grund rekurriert, der nicht genug betont werden kann.
„In der katholischen Kirche werden Regelüberschreitungen geduldet, wenn sie nicht allzu sehr an die große Glocke gehängt werden“.
Es geht also. Und es geht in den verschiedenen Lehrverständnissen. Und nun müsste es nur noch öffentlich gehen können. Vielleicht ein „Gesichtsverlust“ auf der ein oder anderen Seite, aber ein nötiger und wichtiger Schritt im gemeinsamen Handeln gegen die komplexen Bedrohungen der Welt.