Cover des Buches Stauffenbergs Gefährten (ISBN: 9783446241565)
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Rezension zu Stauffenbergs Gefährten von Antje Vollmer

Intensive und fundierte Portraits

von M.Lehmann-Pape vor 11 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 11 Jahren


Im nächsten Jahr jährt sich das Attentat der Gruppe um Claus Schenk Graf Stauffenberg auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 zum 70. Mal. Ein Attentat, das grundlegend, auch durch die „Nachgeschichte“ in Buch und Film hauptsächlich mit dem Namen Stauffenberg verbunden ist und bleibt.

Eine zwar verständliche, durchaus aber zu starke Verkürzung, denn viele waren beteiligt an diesem Versuch, dem Schreckensregime ein Ende zu setzen.

Antje Vollmer und Lars-Broder Keil führen dem Leser in klarer, flüssiger Sprache und sorgfältig recherchiert einige „der Anderen“ vor Augen. Was waren das für Menschen, die sich in der Endphase des zweiten Weltkrieges ein Herz fassten? Wo lagen ihre Motive, wie war ihr Werdegang, was prägte diese Menschen?

„Man muss eben mal den Kopf riskieren“ (Erich Fellgiebel).

So lapidar dahingesagt, aber eine Haltung, die nicht aus dem Nichts heraus im Raume stand, sondern das Ende einer Entwicklung kennzeichnet. Gerade was Fellgiebel angeht, der zu Beginn des Krieges die „unumschränkte Befehlsgewalt über alle Nachrichtenmittel des Heeres“ besaß. Einer, der auf vertraute und vertrauende Teamarbeit setzte, somit eine der Schlüsselfiguren über lange Zeit, der zunächst alles Nachrichtentechnische für den Erfolg des deutschen Heeres in Bewegung setzte. Und einer, der hautnah die Inkompetenz Hitlers seinen führenden Offizieren gegenüber miterlebte und nicht nur an den „Feldherrenfähigkeiten“ Hitlers zu zweifeln begann, sondern klarer noch an dessen charakterlicher Prägung und Eignung.

Hier arbeiten Vollmer und Keil hervorragend nachvollziehbar die innere Entwicklung eines zunächst linientreuen, aber immer eigenständig denkenden Mannes heraus, der aufgrund seiner Position den engsten Kontakt zu Hitler von allen Verschwörern hatte.

Wie in Hinsicht auf Fellgiebel, lassen die Autoren auch bei den weiteren Portraits die Ereignisse, die zum 20. Juli führten und die Phase des missglückten Attentats selbst aus Sicht der jeweiligen Widerständler vor den Augen des Lesers mit ablaufen, so dass sich auch aus dieser Hinsicht heraus ein sehr differenziertes Bild der Vorgänge im Lauf der Lektüre ergibt.

In einer Situation, in der es einen „Mittelweg“ nicht gab, wie Margarethe von Oven deutlich erkennt. Auch wenn sie weiß, dass sie sich „schuldig machen wird“, es ist ihre eigene und tiefste Überzeugung, „tun zu müssen, was sie nun tun wird“.

Innere Haltungen, klare Entscheidungen, das Wissen um die Gefährdung des eigenen Lebens und das der Freunde und der eigenen Familie, klar tritt aus den Schilderungen der große Druck heraus, unter dem alle Beteiligten innerlich wie äußerlich standen. Einfach gemacht hat es sich keiner und keine, von Klausing über Fellgiebel und Graf von Bernstorff, von Graf zu Dohna-Tolksdorf über Margarethe von Oven, Hans-Ulrich von Oertzen, Freiherr von Plattenberg, Georg Schulze-Büttger, Freiherr von Breidbach-Bürresheim, Hans Bernd Fisevius und, abschließend (mit einer sehr persönlichen Erinnerung im Buch vertreten als, zur Zeit der Entstehung des Buches, letzter noch lebender Teil der Gruppe des 20. Juli) Ewald Heinrich von Kleist.

Nur drei der Verschwörer, die im Buch portraitiert werden, haben den zweiten Weltkrieg überlegt und nur Gisevius hat sich ausführlich geäußert. Gerade dieses Portrait im Buch ist äußerst spannend zu lesen, denn Gisevius stellte sich als starker Kritiker der Bewegung des 20. Juli dar, der zudem höchst eigenmächtig die Fakten verzerrte. Auch diese Haltung wird in ihrer Motivation und im Rückgriff auf die Persönlichkeit des Mannes erkennbar offen gelegt.

Alles in allem ein faszinierendes, spannend zu lesendes und sorgfältig erarbeitetes Kaleidoskop an Portraits, dass einen differenzierten und fundierten Blick auf „das Gesamte“ des Attentatsversuches vom 20. Juli 44 wirft. Sehr lesenswert.

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