Der großzügige Blick über den Tellerrand reicht nicht nur bis in diverse europäische Nachbarländer. Auch Asien, Amerika und Australien sind dabei, mit Algerien sogar ein afrikanisches Land. Stromlinie, ein ausschießliches Privileg des reichen, fortschrittlichen Westens? Nicht nur. Der Überblick ist in seiner Detailfülle einmalig und zeugt von jahrzehntelanger Beschäftigung mit dem Thema.
Viele der internationalen Baureihenporträts sind nicht weniger ausführlich geraten als die sattsam bekannter mitteleuropäischer Loktypen, egal ob es sich um australische, chinesische oder gar japanische Maschinen handelt. Interessant, dass gerade die japanischen Eisenbahnen schon lange vor Shinkansen & Co. auf stromlinienförmige Züge setzten und offenbar nicht nur von europäischen Schnelltriebwagen inspiriert wurden. Seltene Fotos und vom Verfasser selbst gezeichnete (!) Skizzen ergänzen die ausführlich recherchierten Texte und Tabellen.
Überhaupt bietet das Buch einen spannenden Lückenschluss bei der Abdeckung der Eisenbahngeschichte, wenngleich seine Struktur einige Fragen aufwirft. Zuweilen erscheinen die Loks nach dem Baujahr geordnet, dann wieder nach ihren Herkunftsländern, nach Bahngesellschaften beziehungsweise deren alphabetischer Reihenfolge. Nach dem ersten Schwung Lokomotivporträts finden sich mehrere Kapitel über die Grundlagen und Formen der Stromlinie - das würde man eher am Anfang eines solchen Buchs vermuten. Allem hinterhergeschoben wird am Schluss noch ein Kapitel namens "Streamstyling", als würden die darin enthaltenen Lokomotiven in keine andere Kategorie passen. Die Einleitung deutet den Grund dafür zwar an, insgesamt wäre eine stringent chronologische Auflistung sinnvoller und nachvollziehbarer gewesen.
Aller Kritik zum Trotz wird in jedem Fall die Absicht des leider bereits verstorbenen Autors deutlich, die Stromlinien-Dampfloks der Welt "darzustellen und sie auf diese Weise von der Vergessenheit zu entziehen". Egal wie umfangreich die eigene Fahrzeugbibliothek schon sein mag - dieses akribisch recherchierte Buch fördert Seltenheiten zutage, die kein anderer Titel je so umfangreich gezeigt hat.
seltener Schatz