Cover des Buches Das Institut der letzten Wünsche (ISBN: 9783426653654)
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Rezension zu Das Institut der letzten Wünsche von Antonia Michaelis

Melancholisch und verträumt, mit wundervollen Figuren und einem tollen Humor

von FrauNightingale vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Unglaublich wortgewandt, stimmungsvoll und in jedem nur erdenklichen Maße bezaubernd. Man verliebt sich erneut in die deutsche Sprache.

Rezension

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FrauNightingalevor 9 Jahren

Der Plot

Die verträumte Mathilda arbeitet für das Institut der letzten Wünsche, eine Organisation, die sterbenden Menschen dabei hilft ihre letzten Träume zu erfüllen. Ein letztes Mal Schneeflocken mitten im Sommer auf der Haut spüren, die große Maria Callas live erleben oder in einem stillgelegten Vergnügungspark Riesenrad fahren. All das ist kein Problem für Mathilda und ihre Chefin Ingeborg, kleine Tricks inbegriffen. Das ändert sich, als Mathilda dem todkranken Anwalt Birger begegnet. Er wünscht sich, vor seinem Tod noch einmal seine frühere Freundin Doreen und ihr gemeinsames Kind wiederzusehen. Mathildas Aufgabe scheint nicht unmöglich, denn so schwer kann es nicht sein, Doreen zu finden. Zu dumm aber, dass Mathilda sie gar nicht finden will, denn sie hat sich auf den ersten Blick in Birger verliebt.

Meine Meinung

Das in diesem Frühjahr erschienene Werk DAS INSTITUT DER LETZTEN WÜNSCHE lässt bereits im Klappentext vermuten, das sich sehr intensiv mit dem Tod beschäftigt wird. Während des Lesens habe ich aber vor allem eines gespürt: die Sehnsucht zum Leben und die Schwierigkeit es loszulassen. Antonia Michaelis lässt in diesem Roman durch Protagonistin Mathilda wahrlich letzte Wünsche wahr werden. Doch diese Wünsche sind eher ungewöhnlicher Natur, die einigen Interpretationsspielraum brauchen, was wiederum dem Plot den gewissen Pepp gibt.

Bevor ich zu Protagonistin Mathilda komme, möchte ich die Nebenfiguren unbedingt erwähnt haben. Denn während Mathilda in manchen Phasen erschöpft, ja gar Lebensmüde, wirkte, sprudelten die todkranken Klienten über vor Leben. Ein alter Uhrenmacher, der noch einmal die Zeit zurückdrehen und eine WG-Party schmeißen möchte. Eine kurzatmige Dame, die die große Callas live auf der Bühne hören möchte. Und ein stets zerzauster Birger Raavenstein, der auf der Suche nach seiner großen Liebe ist und dabei jemandes anderes Herz im Sturm erobert. Es sind Personen so unvollkommen und voller Energie, die man umarmen und nicht gehen lassen möchte.

Mathilda hat mir als Protagonistin ausgesprochen gut gefallen. Ihre Launen schwanken stark zwischen motiviert, neugierig und aufgeweckt, bis hin zu erschöpft und manchmal des Lebens überdrüssig. Insbesondere ihr schlagfertiger, aber sehr trockener Humor fliest harmonisch in die Handlung ein. Ihre Arbeit im Institut nimmt Mathilda, seit sie ihr Medizinstudium hingeschmissen hat, sehr ernst. Sie hat immer ein offenes Ohr, was auch dazu führt, dass sie sich emotional übernimmt. Sie wirkt etwas schräg, unendlich einsam und blieb für mich mit ihren selbstbestickten Pullis, bis zum Schluss ein kleines Rätsel.

Eine Liebesgeschichte gibt es auch, aber diese hat mich bei weitem nicht so mitgerissen, wie das Geschehen drum herum. Auch hat mich die Romanze zwei ganz anderer Figuren in diesem Buch noch viel mehr verzaubert.

Abzüglich kleiner Streckungen in der Handlung und einem, für meine Verhältnisse, zu nüchternen Ende, hat mich Antonia Michaelis sehr überzeugt. Sie gehört für mich zu den deutschen Autoren, die sich der deutschen Sprache nicht nur mächtig sind, sondern sie sich auch vollends Zunutze macht.

Fazit

Mit DAS INSTITUT DER LETZTEN WÜNSCHE lädt die Autorin durch ihren poetischen Erzählstil ein zu Stunden voller Melancholie, nachdenklicher Träumerei, aber auch wolliger Lacher. Ich habe mich während des Lesens nicht nur ein bisschen in Protagonistin Mathilda und ihren >Wischmopp< Eddie verliebt, sondern ein Stück mehr in die deutsche Sprache. Antonia Michaelis schreibt wortgewandt, stimmungsgewaltig und in jedem nur erdenklichen Maße bezaubernd. Da überwiegt die Verzückung die Kritik. Somit bleibt in mir der Wunsch zurück, dass es irgendwo solch eine Institution wirklich gibt.

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