|Rezension| "Niemand liebt November" von Antonia Michaelis
von Kueckibooks
Rezension
Erstmals: Ein riesiges Sorry das die Rezension erst jetzt kommt! Ich hatte wirklich vergessen, sie hochzuladen, obwohl sie 3 Monat (oder noch länger) auf meinem PC nun geschlummert hat. Aber nun werde ich sie hochladen:
Es gibt Autoren, die man entweder hassen oder lieben muss. Antonia Michaelis gehört für mich zu ihnen. Man muss ihren Stil, Bücher zu schreiben, einfach verstehen, man muss ihn mögen und greifen können, sonst ist man in ihren Büchern so rettungslos verloren wie auf hoher See ohne Segelboot. Sie schreibt poetisch, fast schon lyrisch anmutende Text, die zwischen Realität und Fantasy verschwimmen und oftmals man muss über einzelne Sätze mehrmals nachdenken, bevor man sie richtig greifen kann.
Eigentlich bin ich ein riesiger Fan ihrer Bücher. Ich habe sie als Kind gelesen und nachdem ich „Der Märchenerzähler“ als Jugendlicher verschlungen habe, hat sie es ganz nach oben auf die Liste meiner Lieblingsautoren geschafft. Auch „Nashville“ konnte mich verzaubern, sodass ich nicht gedacht hätte, dass „Niemand liebt November“ mich hätte enttäuschen können. Leider Gottes, aber das hat es.
Was Antonia Michaelis Bücher auszeichnet ist ihre Wortmalerei. Ich kenne kaum einen Autor, der es schafft derartig schön zu schreiben wie Antonia Michaelis. Sie kann mit ihren Wörtern Bilder malen, einen gefangen nehmen und mit sich ziehen. Ich habe keine Ahnung, wie sie das macht, oder wie sie das gelernt hat, aber es wirkt, als bestünde diese Frau nur aus Wörter und würde all diese Buchstaben aus ihren inneren wie Blut auf das Papier vor sich fließen lassen. Ihre Geschichte kann noch so schlecht sein, noch so langweilig: Ich denke nicht, dass sie irgendein Buch schreiben könnte, von dem man sagen müsste, es sei schlecht geschrieben. Ich ziehe meinen Hut vor ihrer schreiberischen Leistung.
Trauriger weise konnte mich die Story hinter diesem fehlerlosen Schreibstil weniger überzeugen. So schön der Schreibstil war, er konnte nicht kompensieren, was an Charakteren und Story fehlte.
Die Story an sich war wirklich bitter zu lesen. Mir kam es so vor, als hätte mir Michaelis ein paar Mal mit voller Wucht einen Dolch in den Rücken gerammt, sobald ich mich in Sicherheit fühlte. Allgemein kann man sagen, dass dieses Buch eine kratzende, beißende Bestie ist, die wirklich harten Stoff bietet, einen fassungslos zurücklässt oder auch den Tränen nahe bringt. Wie gesagt, mit einem so wundervollen Schreibstil wäre es auch wunderlich gewesen, wenn dieses Buch nicht voller Emotionen gewesen wäre.
Die Story an sich war mir allerdings einfach zu spannungsarm und zu konturiert. Es gab auf Ambers Suche nach ihren Eltern zu viele Zufälle, immer, wenn sie gerade an dem Punkt war, wo sie eigentlich aufgeben wollte, kannte doch jemand die Menschen auf ihrem Foto, hatte doch noch jemand einen Hinweis und irgendwann wurde das ganze einfach zu unrealistisch für mich. Auch war mir dieses Mal einfach dieses hin und her zwischen Realität und Fantasy zu viel, das es manchmal einfach anstrengend war zu lesen und man auch nicht wirklich Lust dazu hatte.
Amber war allerdings mein größtes Problem. Etwas, was ich eigentlich an Antonia Michaelis Bücher Liebe, ist ihre Fähigkeit, Personen zu erschaffen, die zwar gleichzeitig abgrundtief schlecht und gut sind, voller Facetten, die immer grau sind, niemals schwarz weiß, aber die man trotzdem mit all ihren Fehlern liebt. Amber sollte eigentlich genau so eine Person sein, aber ehrlich gesagt fand ich sie einfach nur nervig. Sie hat ein schlimmes Schicksal hinter sich, aber sie war mir einfach zu abstrakt, zu unnahbar, sie wirkte wie ein glitschiger Fisch in meinen Fingern, den ich einfach nicht zu greifen vermag.
Auch die Nebenfiguren blieben mir einfach zu blass, denn auch wenn sie aller sehr kreativ und lebensnahe gehalten waren, so fehlten mir doch oft ihre Motive, Gefühle und Beweggründe für ihr Handeln.
Insgesamt blicke ich mit bittersüßem Geschmack auf dieses Buch zurück. Während Michaelis Schreibstil mich wieder in seiner einzigartigen Schönheit vermochte gefangen zu nehmen, so hinke doch hier und da die Story, sodass ich insgesamt leider nicht mehr als 3.5 Sterne vergeben kann.