Rezension zu "Sündenfall" von Anya Lipska
Der gebürtige Pole Janusz Kiszka lebt schon seit vielen Jahren in London. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er mit diversen Jobs, die nicht immer legal sind, und als Privatdetektiv. Er ist voll integriert in die polnische Gemeinschaft in London. So besucht er auch regelmäßig die Kirche und die Beichte. Als eines Tages eine junge polnische Kellnerin vermisst wird, bittet ihn der Priester, sich nach ihr auf die Suche zu machen. Die Suche führt ihn über London sogar zurück in seine eigenen Heimatstadt Gdansk, die er nie wieder besuchen wollte und begibt sich selbst in Lebensgefahr.
Zur gleichen Zeit wird aus der Themse eine Frauenleiche geborgen. Auf die Ermittlungen wird die Polizistin Natalie Kershaw angesetzt. Es geschehen weitere Morde und als eines Tages eine Tote die Visitenkarte von Janusz Kiszka im Mund hat, glaubt Natalie, auf eine heiße Spur gestoßen zu sein und hält Janusz als ihren Hauptverdächtigen.
Wird es Janusz gelingen, die vermisste Kellnerin zu finden und wird es ihm auch gelingen, die Vermutungen der Polizistin zu entkräften? ...
Das Erstlingswerk der Autorin Anya Lipska ist in zwei Handlungsstränge unterteilt.
Zum einen ist Janusz auf der Suche nach einer Kellnerin, die spurlos verschwunden ist. Seine Suche führt ihn zurück nach Polen und zurück in die Vergangenheit. In eine Zeit, in der Polen sich im Umbruch befand, wo ein Lech Walesa hoch gefeiert wurde und die Solidarnosc in Polen eine wichtige Rolle spielte.
Im Rahmen seiner privaten Ermittlungen gerät er in einen Sumpf von Bespitzelungen und Verrätern, die den Leser an die Staatssicherheit (Stasi) und ihre IM (inoffiziellen Mitarbeitern) denken lässt.
Hier erfährt man als Leser einen kleinen Einblick in die polnische Geschichte, die mir zum Beispiel so gut wie unbekannt war.
Zum anderen versucht die Polizistin Natalie Kershaw, in London den Mörder der Themseleiche und der anderen Mordopfer zu finden.
Sie hat es nicht leicht in der Domäne der Männerwelt bei der Polizei, sie muss sich beweisen und geht nicht immer den legalen Weg bei ihren Ermittlungen.
Als sie auf Janusz trifft, ist sie fest davon überzeugt, entweder den Mörder zu haben oder zumindest jemanden, der mehr weiß, als er zugeben will. Sie setzt ihn unter Druck, als sie merkt, dass er irgendwas weiß.
Sein Verhalten ihr gegenüber ist nur der Tatsache geschuldet, dass er weiß, wer die Tote mit seiner Visitenkarte im Mund ist.
Natalie und auch Janusz sind beides Protagonisten mit Ecken und Kanten. Richtig warm werden konnte ich jedoch nicht mit ihnen.
Natalie war mir ein wenig zu verschlossen, sie konnte nicht aus sich rausgehen, hatte Angst, etwas von sich preiszugeben, was sie ein wenig zum Einzelgänger machte.
Was Janusz anging, so konnte ich ihn anfangs nicht wirklich einschätzen, da das, was er tat, nichts mit seiner Tätigkeit als Privatdetektiv zu tun hatte. Ganz im Gegenteil, erschienen mit seine Tätigkeiten schon ein wenig kriminell. An ihn musste ich mich wirklich lange herantasten, um mit ihm "mitgehen" zu können.
Der Roman ließ sich vom Schreibstil der Autorin her sehr gut lesen. Er war flüssig geschrieben und der Plot war gut durchdacht.
Was mich jedoch penetrant störte, waren die polnischen Wortfetzen, die immer und überall auftauchten. Viele konnte man aus der Situation heraus übersetzen, andere wurden kurz erklärt, aber es bleiben immer noch Worte, die man einfach gelesen und nicht verstanden hat, weil es ohne polnische Sprachkenntnisse schlichtweg unmöglich ist, sie zu übersetzen. Sie waren an den meisten Stellen einfach deplatziert. Wenn schon soviel Fremdsprache mit in den Roman einbezogen wird, kann man als Leser eigentlich auch eine Fußnote oder ein Glossar erwarten.
Ich habe lange überlegt, wieviel Pfötchen ich vergeben soll. Meine Meinung hielt sich bei 3,5 Pfötchen, aber wir vergeben keine halben Punkte.
Da es eine gute Story ist und sie auch dementsprechend umgesetzt wurde, habe ich mich für 4 Pfötchen entschieden.