Rezension zu "Eyjafjallajökull" von Ari Trausti Guðmundsson
Innerhalb Europas gab es wohl Niemanden, der zwischen Mitte April und Anfang Mai 2010 nicht auf ein bisher einmaliges Chaos im Flugverkehr aufmerksam wurde. Schuld an der zeitweise vollständigen Sperrung des europäischen Luftraumes war ein Vulkanausbruch auf Island. Unter dem in Südisland gelegenen Gletscher Eyjafjallajökull brach in dem gleichnamigen Vulkanmassiv ein Spaltenvulkan auf. Die dabei produzierte Aschewolke reichte in Höhen von über neun Kilometern und behinderte so den gesamten Flugverkehr Nord- und Mitteleuropas.
Mit beeindruckenden Bildern zu den unterschiedlichen Stadien des Vulkanausbruches und mit einer Fülle von geologischen Hintergrundinformationen kann der Leser dieses jüngste vulkanische Ereignis Europas noch einmal Revue passieren lassen und sich nie gesehener Details aus nächster Nähe widmen. "Eyjafjallajökull. Der ungezähmte Vulkan" setzt sich aus abwechslungsreichen Fotostrecken zusammen, die immer wieder durch erläuternde Textpassagen ergänzt werden.
So stehen fast wie zu erwarten die besonders fotogenen Lavaströme und die erschreckenden Aschewolken im Mittelpunkt vieler Fotographien. Und doch gehen die Autoren ebenso mit viel Fachwissen und Sensibilität auf die unmittelbaren Gefahren und langfristigen Folgen dieses Naturschauspiels für Mensch und Tier ein. Mit jedem Foto und jedem Satz wird sehr deutlich, dass die beiden Autoren mit diesem Bildband vor allem zweierlei vermitteln wollen: Eine tiefe Liebe zu ihrer geologisch betrachtet noch sehr jungen Heimatinsel und eine fast magische Ehrfurcht vor den sich abspielenden Naturgewalten.
Der isländische Geophysiker Ari Trausti Guðmundsson und der isländische Fotograf Ragnar Th. Sigurðsson haben sich für den wunderschönen wie informativen Bildband "Eyjafjallajökull. Der ungezähmte Vulkan" nicht zum ersten Mal zusammen getan. Die optimale Kombination aus geologischem Fachwissen und geschultem Auge haben die beiden Mitglieder des weltweiten 'The Explorer Club' schon in mehreren Büchern über Islands jungen Vulkanismus bewiesen.
Neben den wirklich augenöffnenden Fotographien hat mich vor allem die thematische Karte direkt auf den ersten Seiten des Buches gefesselt. An Hand dieses Kartenausschnittes konnte ich erstmals nachvollziehen, wo exakt auf Höhe des neu entstandenen Spaltenvulkans der sogenannte Laugavegur verläuft. Dieser sehr bekannte Fernwanderweg beginnt an der Südküste Islands und hat vor einigen Jahren auch schon mir den Weg ins Hochlang gewiesen. Dass ich damals zwar direkt unter meinen Wanderschuhen das kalte Gletschereis sehen konnte, sich in einer viel tieferen Schicht jedoch schon heißes Magma sammelte, löst bei mir noch heute ein leichtes Kribbeln im Nacken aus.
Für Island-Kenner und -Interessierte ebenso ein phantastischer Bildband wie für alle Leser, die sich gern einmaligen Naturphänomenen widmen.