„Seit Mythen aufgezeichnet werden hat sich der Mensch kaum verändert. Zwar wurden die gesellschaftlichen Verhältnisse seit der Urgesellschaft mehrfach revolutioniert, zwar findet sich in Weltanschauungen und Lebensweisen kaum noch vergleichbares zu früheren Jahrtausenden, aber die Biologie des Menschen, einschließlich seiner biologischen Physiologie ist weitgehend unverändert geblieben. Heute findet die Wissenschaft heraus, was in Mythen – außerwissenschaftlich – schon seit Vorzeiten verankert ist.“ (S.107)
Zum Inhalt:
Bereits im Absatz zur Einführung des vierten Bandes der Lichtjahrserie wird ein neuer Schwerpunkt dieses Almanachs herausgestrichen: der SF-Film. Anhand beispielhafter SF-Filmklassiker – „Krieg der Sterne“, „Fahrenheit 451“, „2001- Odyssee im Weltraum“, um nur einige wenige zu nennen – setzt sich Wl. Gakov mit dem Phänomen des SF-Booms des 70er-Jahre-Kinos auseinander. „Schwerpunkt sind dabei die spezifischen Probleme, die sich bei der Umsetzung von Science-fiction-Stoffen ergeben.“ (S.40)
Neben SF-Schwergewichten wie den Strugatzkis mit ihrer Erzählung „Die Wunschmaschine“, finden sich Erzählungen von Autoren aus der Sowjetunion (Wl. Gakow, Michail Puchow), Bulgarien (Agop Melkonjan) und Polen (Adam Hollanek) ebenso wie solche aus der DDR (Thomas Fröhlich, Andreas Melzer, Hartmut Mechtel, Rolf Krohn, Wolfgang Kellner, Angela und Karlheinz Steinmüller). Dabei changieren die Inhalte – mehr als in den früheren Ausgaben – stark zwischen SF und märchenhafter Phantastik. Olaf R. Spittel steuert wieder einen Beitrag zur Bibliografie der SF in der DDR 1949–1979 bei.
Ausnehmend lesenswert ist aus meiner Sicht der Artikel „Die phantastische Methode“ (Hartmut Mechtel), der auf Abgrenzungsmöglichkeiten und Gemeinsamkeiten der Phantastik und der SF ein Auge wirft.
Zum Inhalt:
- Die Wunschmaschine – Arkadi und Boris Strugatzki
- Die Sternstunde des Science-fiction-Films – Wl. Gakow
- Die Bestie – Thomas Fröhlich
- Weit voraus die Sonne – Andreas Melzer
- Das Weinen nach dem Schmerz – Agop Melkojan
- Die phantastische Methode – Hartmut Mechtel
- Der Terminator – Michail Puchow
- Am Ufer der Unendlichkeit – Rolf Krohn
- Tödlicher Irrtum – Wolfgang Kellner
- Die Geliebte vom Mond – Adam Hollanek
- Das Wunderelexier – Angela Steinmüller
- Der Held im Gläsernen Berg – Angela und Karlheinz Steinmüller
Fazit:
Erik Simon ist es ein weiteres Mal gelungen eine Zusammenstellung zu kreieren, die gediegene Science-Fiction mit Phantasik in anregende Verbindung bringt. Profundes Wissen wirkt dabei eingebettet in die Erzählungen noch lange über deren Lektüre hinaus ebenso nach, wie die Eindrücke der künstlerisch ansprechenden Bildinhalte. Einen weitreichenden Fundus an literarischen Hinweisen stellt zudem noch Olaf Spittels akribisch zusammengetragene Bibliografie dar. Rundum lesens-, sehens- und empfehlenswert.
Zum Buch:
Wie bereits seine Vorgänger ist auch dieser Band aus der Reihe „Lichtjahr“ mit sehr viel Liebe zum Detail, einer Prise Avantgard und Mut zu künstlerischer Gestaltung entstanden. Das Format allein sticht schon aus der übrigen Buchwelt hervor und die Qualität des Druckes tut das ihre dazu. Entgegen dem farbenfrohen Schutzumschlag, mit Grafiken von Wolfgang Spuler, fällt in diesem vierten Band auf, dass Hochglanzfarbdrucke im Buchblock die Ausnahmen Bilden und mehr auf sparsamen Umgang mit Kontrasten gesetzt wurde. Auch in dieser Zusammenstellung finden sich wieder Texte die typografisch durch den Satz in Großschrift hervortreten, so z.B. Thomas Fröhlichs „Die Bestie“ oder Rolf Krohns „Am Ufer der Unendlichkeit“.
Der Buchblock überzeugt selbst in zur Gänze aufgeschlagenem Zustand durch eine stabile Fadenheftung, griffigen Bedruckstoff und stabilen flachen Buchrücken, sowie Buchdeckel. Als Gesamtkunstwerk für jeden Buchliebhaber eine Augenweide, für jeden Enthusiasten in Sachen wissenschaftlicher Phantastik eine wunderschöne Bereicherung der Bibliothek.