Cover des Buches Tage der Schuld (ISBN: 9783785725740)
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Rezension zu Tage der Schuld von Arnaldur Indriðason

so muss das

von derMichi vor 7 Jahren

Rezension

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derMichivor 7 Jahren
Nachdem im Genre des "Nordic Noir" schon so ziemlich jede Art von Verbrechen vorgekommen ist, erwartet man als treuer Leser eigentlich eine neue besonders fiese Mordmethode, die alles bisherige in den Schatten stellt. Island liegt bekanntlich noch deutlich weiter nördlich als Dänemark, Norwegen und Schweden, daher sollte es in der Seele der Mörder eigentlich noch finsterer aussehen. In dieser Hinsicht ist Indriðasons neuer Krimi streng genommen relativ unspektakulär. Und irgendwie ist das die größte Stärke des Buches.

Anstatt das Rad neu zu erfinden erzählt der Autor schnörkellos drauflos. Hier und da werden Details über die ambivalente Beziehung der Isländer zu den amerikanischen "Gästen" eingestreut, insgesamt geschieht das aber derart dezent, dass man der geradlinigen Handlung ohne Probleme folgen kann. Ein zusätzlicher Fall, der aufgrund von Erlendurs Vergangenheit dessen Interesse erregt, bringt zusätzlichen Schwung in die Handlung, auch wenn man sich fragen muss, warum Erlendurs Partner und Vorgesetzte seine ständige Abwesenheit tolerieren. Offenbar geht man die Dinge in Island auch bei der Polizei ein wenig lockerer an, was vor allem beim Culture Clash mit den streng obrigkeitshörigen Amerikanern klar wird.

Eine mögliche Verschwörung rund um militärische Transporte verschafft dem Island-Krimi ein wenig internationales Flair und veranschaulicht die Paranoia des Kalten Krieges zwischen den Weltmächten Sowjetunion und USA. Erlendur und Kollegen müssen ein ums andere Mal erleben, dass vor ihrer eigenen Haustür Dinge geschehen, die nicht einmal sie als Polizisten kontrollieren oder gar unterbinden können. Ein zeitloses Thema, das gerade heute angesichts deutlicher Drohgebärden zwischen gewissen Staaten wieder an Bedeutung gewinnt. Die beiden Ermittler dürfen sich in diesem Zusammenhang noch ein paar Fragen über den Zustand ihres Landes stellen, doch bevor es allzu politisch oder gar moralisch werden kann nimmt der Fall eine unerwartete Wendung. Auch das endgültige Mordmotiv ist in der Krimiwelt nichts neues, Indriðason versteht es aber seine Geschichte so zu verpacken, dass man nicht aufhören will zu lesen.

Fazit: Oberflächlich betrachtet mag "Tage der Schuld" (dessen deutscher Titel übrigens wenig mit der Handlung zu tun hat) kein allzu großer Wurf sein. Handwerklich wurde aber sauber gearbeitet und ein spannendes Lesevergnügen ist allemal garantiert. In jedem Fall macht der Roman Lust auf mehr und dürfte sich sowohl für eingefleischte Erlendur-Fans, als auch interessierte Neueinsteiger eignen.

Originaltitel: "Kamp Knox"
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