Dass die Menschheit viele Fehler begangen hat und weiterhin mit einer schon an Selbstzerstörung grenzenden Selbstverständlichkeit begeht, wissen wir nicht erst seitdem es den Klimawandel gibt. Dennoch halten internationale Gremien, wie etwa die Nato das Gleichgewicht irgendwie am Laufen. Doch was ist, wenn das derzeit womöglich noch abwendbare Ende der Menschheit nicht mehr abwendbar ist? Was, wenn alle Maßnahmen, die eine Apokalypse noch verhindern könnten versagen? In „Moonatics“ ist das Ende Gewissheit und es beginnt mit dem Versiegen des Golfstroms im Jahr 2022. Genau hier setzt der Roman „Moonatics“ an und stellt uns sogleich den Protagonisten dieses letzten göttlichen Scherzes vor: Darian Curtis.
Der Globetrotter Darian Curtis, erhält einundzwanzig Jahre nach diesem Ereignis das erste Mal von seinem ihm unbekannten Vater eine Nachricht und tritt eine Erbschaft in Form von Aktien der Firma BelTech an, die es ihm ermöglicht eine Reise zum Mond zu starten. 2043 ist dies alles keine Zukunftsvision mehr, sondern - zumindest für zahlungskräftiges Publikum - ein durchaus beliebtes Reiseziel. Die Welt jedoch hat sich geändert. Bestehende Staatenbündnisse, wie etwa die EU sind durch die Klimakatastrophe und den einsetzenden Runaway Effect zerbrochen. Und der Mond wurde von Seiten Pekings, kurz nach der ersten Landung einer chinesischen Kapsel am 8. Dezember 2022, zum chinesichen Hoheitsgebiet erklärt. Die wenigen Stationen, die also nicht in chinesischer Hand liegen, sind die amerikanische Station Port Luna und das Ziel von Darians Reise, das Hotel Levaria.
Hier angekommen lernt Darian nicht nur eine Menge merkwürdiger Gestalten kennen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, er wird auch mit einer ganz eigentümlichen Philosophie vertraut gemacht. Und diese wechselt sich ab, zwischen dem Glauben an eine Übermacht, in Form von Gaia, die sich bei den Hippies manifestiert hat und dem kapitalistischen Gedanken und dem damit verbundenen unerschütterlichen Glauben an eine Zukunft der Menschheit. Mit der Zeit erkennt er jedoch, dass es eine merkwürdige Verbindung zwischen seinem doch nicht ganz so willkürlichem Reiseziel Levaria und dem von seinem Vater erhaltenen Aktienpaket der Firma BelTech gibt. Doch was hat das womöglich letzte Paradies der Menschheit mit der größten noch existierenden Projekt- und Investmentholdingsfirma zu tun? Die Antwort darauf dürfte überraschend ausfallen.
Was kann man zu Ahlerts Roman „Moonatics“ sagen? Nun ein Vergleich zu Douglas Adams Reihe „Per Anhalter durch die Galaxis“ ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Es gibt an einigen Stellen sehr eindrückliche und offensichtliche Verweise darauf. Beispielsweise gleich zu Beginn, als Protagonist Darian von seinem ihn unbekannten Vater eine Erbschaft erhält und dies ausgerechnet zu seinem zweiundvierzigsten Geburtstag. Seine Reaktion darauf: „… »Und wieso gerade an meinem zweiundvierzigsten Geburtstag?« »Sie wissen schon - zweiundvierzig. Die Antwort auf alle Fragen.«“
Dennoch wird „Moonatics“ einem Vergleich zu „Per Anhalter durch die Galaxis“ nicht ganz gerecht, wenn auch die Philosophie - denn ja, in Ahlerts Roman stecken eine Menge auch unbequeme Wahrheiten (oder vielmehr denkbare Wahrscheinlichkeiten) - wieder an Adams aber auch Terry Pratchett erinnern lässt.
„Moonatics“ ist erfrischend und erschreckend zugleich. Manche Kapitel sind derart verstörend, dass man sich selbst dabei ertappt darüber nachzudenken, wie viel Wahrheit oder eher denkbare Wahrscheinlichkeit zwischen Ahlerts Zeilen zu finden sind. So ist ein durchaus dystopischer Aspekt des Romans die Geschichte selbst, die sich seit 2011 ereignet hat und sich in der digitalen Erdkugel, die sich im Spielzimmer - einem Teil des Hotels Levaria - befindet, manifestiert. Hier wird das gesamte Ausmaß der Zerstörung der Erde im Zeitraffer widergegeben. Von den anfänglichen Vorboten, die sich in Form von Waldbränden, Klimaerwärmung etc. zeigen, bis hin zum Versiegen des Golfstroms im Jahr 2022 und dem durch den Runaway Effect beschleunigten vermutlichen Ende aller „höheren Lebensformen“ im Jahr 2080.
Überhaupt changiert Ahlert in „Moonatics“ zwischen beißendem Zynismus, in Bezug auf Gesellschaftskritik die sich beim „Random Friday“ in Form der verschiedensten Persönlichkeiten - wie etwa Julius und Franziska Necker, Dr. Joseph Seidenschal oder Kenzo Tarawa - zeigt, als auch Humor und Weltuntergangsstimmung. All dies verpackt an diesem unwirklichen Ort, dem Mond - einem widersprüchlichen Paradies, der von Hippies - den Moonatics - am Laufen gehalten und von Kapitalisten geleitet wird. Hierzu kann abschließend nur konstatiert werden, dass Ahlert hiermit ein Geniestreich gelungen ist. Ein Roman, der sich von der ersten bis zur letzten Seite wunderbar lesen lässt und einen - zumindest gefühlt - ein bisschen weiser zurücklässt.