Cover des Buches Unter der Drachenwand (ISBN: 9783446258129)
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Rezension zu Unter der Drachenwand von Arno Geiger

Ruhig, unspektakulär, eindringlich. Ein großartiges Buch.

von meppe76 vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Ein wunderbares Buch, das ganz ohne Effekthascherei auskommt und umso eindringlicher ist.

Rezension

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meppe76vor 6 Jahren

Die Geschichte spielt im Jahr 1944, also kurz vor Ende des 2. Weltkrieges. Veit Kolbe, 24 Jahre alt und aus Wien, ist verwundet worden und kehrt nach längerem Lazarettaufenthalt nun zum „Genesungsurlaub“ zu seiner Familie zurück. Aber zu Hause hält er es nicht lange aus, auch, weil ihm die Durchhalteparolen seines Vaters unerträglich sind. Und so macht er sich auf zu seinem Onkel in das beschauliche Örtchen Mondsee am Fuße der Drachenwand.

Hier lernt er Menschen kennen, die alle auf irgendeine Art ebenfalls Opfer des Krieges sind. Margot zum Beispiel, die mit ihrem Baby neben ihm wohnt und mit einem Frontsoldaten verheiratet ist. Oder der ‚Brasilianer‘, der in seinem Gewächshaus Tomaten anbaut, Orchideen züchtet und davon träumt, den Rest seines Lebens in Brasilien zu verbringen. Oder die Mädchen aus Wien, die im Rahmen der so genannten ‚Kinderlandverschickung‘ in einem nahe gelegenen Heim untergekommen sind.

Veits Leben, seine posttraumatische Belastungsstörung, seine Liebe zu Margot und dem Baby Lilo, seine Angst vor den anstehenden Überprüfungen seiner Verwendungsfähigkeit und eine damit verbundene Rückkehr an die Front machen den Haupterzählstrang des Buches aus. Daneben wird vor allem in Briefen auch das Leben der anderen Romanfiguren erzählt. Manchmal dauert es zu Beginn eines neuen Kapitels einen Moment, bevor man erkennt, um wen es sich gerade handelt, wer Verfasser und Adressat des Briefes ist, aber das klärt sich immer sehr schnell und stört den Fluss der Geschichte überhaupt nicht.

Der Roman ist in jeder Hinsicht unspektakulär, ohne große Spannungsbögen und ohne Effekthascherei. Gerade das macht ihn für mich so sensationell und so lesenswert. Die Geschichte fließt auf ruhige, unaufdringliche Art dahin, ist in sich stimmig und hat mich sehr berührt.

Ich habe erst am Ende erfahren, dass Arno Geiger offensichtlich auf einem Flohmarkt Dokumente gefunden hat, die die Grundlage für seine Geschichte bildeten. Er hat weiter recherchiert und kann dem Leser am Ende noch berichten, wie das Leben von Veit, Margot, dem Brasilianer und anderen Akteuren weiter verlaufen ist… oder wie es geendet hat. Das macht für mich die Geschichte zusätzlich noch rund und authentisch. Ein wunderbares Buch!

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