Cover des Buches Komm, gehen wir (ISBN: 9783100751270)
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Rezension zu Komm, gehen wir von Arnold Stadler

Rezension zu "Komm, gehen wir" von Arnold Stadler

von JulienS vor 15 Jahren

Rezension

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JulienSvor 15 Jahren
Stadler hat in einem anderen Buch als dem, um das es hier geht, ein Motto von Goethe verwendet, aus den Maximen und Reflexionen”: „Man geht nie weiter, als wenn man nicht mehr weiß, wohin man geht.” Die drei Protagonisten des neuen Romans, Rosemarie, Roland und Jim, wissen nicht, wohin sie gehen – und gehen weit. Einen Tag und eine Nacht verbringen sie gemeinsam auf Capri: Von da an liegt auf allen und auf ihrem Leben ein anderes Licht. Sie haben sich zufällig auf Capri kennen gelernt, Ende der 70er Jahre ist das, Jim kommt aus Florida. Jetzt ist er in Italien auf der Suche nach seinen Vorfahren. Rosemarie möchte, um in Freiburg an eine größere Wohnung zu kommen, Roland heiraten. Das Aufgebot ist bestellt, die Wohnung schon bezogen, da kommt Jim am Strand auf Capri und fragt nach einem Schluck Wasser. Mit Rosemarie richtet auch Roland seinen Blick am Strand auf den neuen Freund. Was dann passiert, passiert in einer Nacht, hat einen kurzen, ein paar wenige Tage dauernden Nachklang, und später hatten sie im Leben etwas, was sie nicht vergessen konnten. Erzählt wird, ausgehend von diesem rauschhaften Moment, das Leben der drei Protagonisten, die, wie alle Figuren Arnold Stadlers, „sich mit dem Leben weh” tun. Es sind wie immer Erzählungen und Erinnerungen, Geschichten, in denen die Liebe der drei und vor allem auch die Liebesgenealogien ihrer Vorfahren als ein „Glaube“ erzählt werden, „der Berge nicht versetzt”. „Die Liebe“, heißt es, „war ein Phantomschmerz, der so groß war wie ich”. Drei melancholische Lebens- und Liebesgeschichten also, und ihre drei melancholische Liebesvorgeschichten. Wenn es bei den Eltern und Großeltern schon immer schief ging mit der Liebe, wenn auch die schon immer von etwas anderem geträumt haben, und sich nicht getraut, es nicht getan, es verpasst haben – egal ob im Bodenseenahen Gebiet, in Florida oder am Fuß der Appalachen, oder in Süditalien (alles in den bunten Farben der Vergangenheit, also so herrlich grau wie Husum) – wie sollte es dann bei den Nachgeborenen besser werden? Unsere drei Helden mit dieser Liebes-Unglücks-Vorgeschichte: „Eigentlich noch am Anfang”, wissen sie „schon nicht mehr, wie es weitergeht”. Und so geht es in diesem Buch über 27 Jahre, es beginnt nämlich mit der Wahl Karol Woytilas zum Papst – wir erleben das auf dem Petersplatz mit – und er endet mit dem Konklave, in dem Kardinal Razinger das höchste Amt der Katholischen Kirche übernimmt. Der Roman endet zugleich mit Rolands traurigem Abschied von Jim, Jim geht nämlich. Wie sollte es auch anders sein. Dieser Schmerz ist in Stadlers Roman Die Schwester der Erinnerung und also der Grund der Erzählung, die große Sehnsucht und „Einsamkeitserklärung eines Übriggebliebenen“. So viel über die „Würde, (die) Komik, (die) Kläglichkeit“ der Liebe hat man selten gelesen. Und schon gar nicht so viel sau’gscheites.
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