Cover des Buches Sherlock Holmes (vier Romane) - Eine Studie in Scharlachrot - Der Hund der Baskervilles - Das Zeichen der Vier - Das Tal der Angst (ISBN: 9783868204414)
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Rezension zu Sherlock Holmes (vier Romane) - Eine Studie in Scharlachrot - Der Hund der Baskervilles - Das Zeichen der Vier - Das Tal der Angst von Arthur Conan Doyle

Deduktion, oder: Was man von Sherlock Holmes lernen kann

von der_buchschubser vor 3 Jahren

Kurzmeinung: Obwohl ich bislang nur sehr wenig Krimis überhaupt gelesen habe, waren die Sherlock Holmes Romane nichtsdestotrotz fesselnd zu lesen.

Rezension

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der_buchschubservor 3 Jahren

#lbthemenchallenge2021

Eine Studie in Scharlachrot
9. Lest ein Buch, dessen Kapitel nicht einfach nur nummeriert sind, sondern wo jedes Kapitel eine eigene Überschrift hat

Das Zeichen der Vier
25. Lest zwei Bücher von der / vom selben Schriftsteller*in

Der Hund der Baskervilles
26. Lest ein Buch, das zeitlich vor dem 20. Jahrhundert spielt.

Das Tal der Angst
Gelesen ohne Erfüllung eines Lese-Challenge-Themas

Dies ist eine Rezension, die sich auf alle vier Sherlock-Holmes-Hauptromane bezieht, die ich gelesen hatte, nachdem ich, obwohl mir Arthur Conan Doyles Detektiv schon immer bekannt war, vom Visual Novel „Dai Gyakuten Saiban: Naruhodō Ryūnosuke no Bōken“ (dt.: „Das Abenteuer von Ryūnosuke Naruhodō“) auf ihn aufmerksam gemacht worden bin, und der darin eine entscheidende Hauptrolle spielt, einschließlich Watson und andere aus den Romanen bekannte Figuren.

Nun, ich glaube, dass ich nicht mehr sehr viel über Sherlock Holmes selbst sagen muss. Wenn man die Romane und Kurzgeschichten nicht gelesen hat, kennt man ihn allemal aus den, bis heute zahlreichen existierenden, Adaptionen in Serie, Film oder Videospiel, etc., die großen Einfluss auf unsere Popkultur haben. So zum Beispiel auch die Anime-Serie „Moriarty the Patriot“ (jp.: „Yuukoku no Moriarty“) die das Sein und Schaffen von Holmes wohl ebenbürtigsten Erzfeind beleuchtet, der sein Genie gegen das Wohl der Menschheit richtet und für aber Dutzende Verbrechen verantwortlich ist, an denen sich Holmes beinahe die Zähne ausgebissen hat. Von Moriarty hätte ich in den Hauptromanen mehr lesen wollen, der darin allerdings nur namentlich genannt wird und in den Kurzgeschichten eine physische Rolle spielt.

Arthur Conan Doyle hatte sich im Alter von Ende 20 zu Sherlock Holmes inspirieren lassen, da er selbst von den Kriminalromanen gelangweilt war, die er las. In diesen Kriminalromanen sei nie ersichtlich gewesen, wie die Beamten auf die Lösung des Falls kamen, sondern immer bloß intuitiv oder zufällig, ohne konkrete Gedankengänge zu liefern. Das wollte er ändern. Er erschuf also Sherlock Holmes, seines Zeichens selbsternannter Detektiv, der der Kriminalpolizei Scotland Yard beratend zur Seite steht, wenn sich ein Fall als äußerst skurril und schwierig herausstellt. Er geht dabei forensisch vor und liefert wissenschaftliche Arbeitsmethoden, die seinerzeit sehr revolutionär waren. Er erfasst seine Beobachtungs- und Kombinationsgabe in einem Wort zusammen: Deduktion („Science of Deduction“).

Die Fälle der Hauptromane sind, könnte man sagen, immer in zwei Teile geteilt: 1. die Deduktion des Verbrechens und dadurch die Auflösung des Falls und 2. die Rückblende in die Vergangenheit, die das Motiv des Täters liefert. Alledem voran sind Holmes Klienten, die ihn und seinen Freund, Biograf und Mitbewohner Dr. Watson, in der Wohnung auf der Baker Street aufsuchen und von denen Holmes die Fälle annimmt, von denen er besonders fasziniert ist. Die Fälle befassen sich beispielsweise mit folgenden Themen: Geheime Organisationen, kriminelle Banden, Hass, Rache, Liebe, Drohungen, unbewältigte Vergangenheit eines Menschen, Schätze, Geld, Erbe, Reichtum, Diebstahl, Legenden, Flüche, etc.

Ich bin allerdings, was die Romane angeht, besonders zwiegespalten in meiner Empfindung. Einerseits ist der Schreibstil anspruchsvoll und der Lesefluss dynamisch. Die Geschichten sind zudem sehr exotisch zum Beispiel im Hinblick auf den viktorianischen Zeitgeist und Lebensstil, nicht zuletzt wegen den Gemeinschaften wie Mormonen und Freimaurer und die Schauplätze wie eine Salzwüste, Bergbauregion oder einem dunklen Moor, das unzählige Geheimnisse birgt. Andererseits hat mich die Beziehung zwischen Holmes und Watson innerlich und verständnislos aufgewühlt. Warum?

Nun ja, Holmes ist ein Schöngeist und interessiert sich für sonderbare Bereiche der Wissenschaft, Literatur, Musik und Kunst, und er macht sich dadurch auch zu einem sonderbaren Menschen, der seine Mitmenschen gleichermaßen fasziniert und verblüfft. Er nimmt sich allerdings auch nicht raus, sich über seine Mitmenschen zu stellen und auch auf sie herabzublicken. So zum Beispiel stellt er wissentlich die Polizei von Scotland Yard in seinen genialen Schatten und lässt sie zu seinen Gunsten agieren, als seien es Schachfiguren. Lestrade und Gregson zum Beispiel geben sich dadurch aber keine Blöße, solange der Fall gelöst wird und sie die Lorbeeren einsammeln können, die Holmes selbst aber durch Watson genießt, der einerseits die Fälle biographisch dokumentiert und veröffentlicht (Watson ist der Ich-Erzähler der Romane) und durch Watsons absolute Anbetung und Unterwerfung.


Eigentlich ist Watson ein praktikabler, wissenschaftlicher, rationaler, bodenständiger Mann von Verstand, Vernunft, Reflexion und Bildung, Das alles hat er aber in dem Moment weggeworfen, als er mit Holmes in die gemeinsame Wohnung gezogen ist, ohne den er sich die Wohnung hätte gar nicht leisten können, nachdem er als Kriegsarzt in Afghanistan chronisch verletzt/erkrankt ward und zwangspensioniert und dadurch zur Armutsgestalt wurde.

Die beiden hatten sich alle vier Romane über so gut wie nie in der Wolle gehabt. Ich finde es unauthentisch, wenn Mitbewohner, Freunde, Kollegen über eine lange Zeit hinweg nicht streiten, obwohl sie durch Höhen und Tiefen gegangen sind. Das einzige Mal, wo Watson etwas aufsässig wurde gegenüber Holmes war, als Holmes, weil er Langeweile nicht erträgt, sich in den Drogen verloren hat, da er täglich mehrmals Kokain und Morphium konsumiert und das auch noch vor Watson, der Arzt ist, zur Schau stellt. In allen anderen Momentan, wo ich persönlich Holmes eine aufs Maul gegeben hätte, wäre ich an Watsons Stelle gewesen, hatte es bloß ausgereicht, dass Holmes Watson Honig um den Mund schmiert mit seinen charmanten charismatischen Worten, und alles wurde wieder vergessen und mit der Genialität Holmes‘ entschuldigt. Obwohl Watson der Reaktion des Lesepublikums entspricht, der alles hinterfragen sollte, erschien er mir konsequent viel zu kleinlaut und hündisch. Schade.

Obwohl ich bislang nur sehr wenig Krimis überhaupt gelesen habe, waren die Sherlock Holmes Romane nichtsdestotrotz fesselnd zu lesen, gerade weil anspruchsvoll zu lesen und wegen der genialen Beweisführung. Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass ich zukünftig zu einem weiteren Sammelband greifen werde, in dem die anderen 56 Holmeschen Kurzgeschichten geschrieben stehen.

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