Die Wissenschaftsjournalistin Astrid Viciano entführt uns mit diesem Buch in das von den NS-Truppen besetzte Paris zwischen Juni 1940 und August 1944. Genauer gesagt in die Labors von Irène (1897-1956) und Frédéric Joliot-Curie (1900-1958), die seit einigen Jahren gemeinsam mit ihrem Team an den bahnbrechenden Forschungen zur Kernphysik arbeiten.
Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ist geprägt von weitreichenden Entdeckungen und Erfindungen, die nicht immer nur friedlichen Zwecken dienen, wie man unter anderen bei Fritz Haber sehen kann, dessen Ammoniaksynthese nicht nur zur Herstellung von Düngemitteln sondern zum Einsatz des daraus entwickelten Giftgas im Ersten Weltkrieg geführt hat.
Nun geht es um die Kernspaltung. Neben Paris wird dazu auch in Deutschland durch Lise Meitner, Otto Hahn und Fritz Straßmann geforscht. Während die jüdische Physikerin Lise Meitner im letzten Moment emigrieren kann, gelingt Hahn und Straßmann erstmals eine Kernspaltung. Wenig später bricht der Zweite Weltkrieg aus und Nazi-Deutschland setzt alles daran, eine Atombombe zu bauen.
Nach der Besetzung Paris‘ ab 1940 versucht das NS-Regime die Forschungsarbeiten der Gruppe um Joliot-Curie für ihre Zwecke zu kontrollieren. Besonders das neu entwickelte Zyklotron steht im direkten Fokus. Zur Überwachung der Forscher wird ausgerechnet Wolfgang Gentner (1906-1980) abgestellt, der in den 1930er-Jahren an der Sorbonne mit Marie Curie (1867-1934) zusammengearbeitet hat und mit dem Ehepaar Joliot-Curie befreundet ist. Gentner weiß um die Gefahren einer Atombombe und versucht mit allen Mitteln zu verhindern, dass die Technik in die Hände der Nazis fällt. Er nimmt Verbindung zu Admiral Wilhelm Canaris (1887-1945) auf, der schon seit 1938 zahlreiche Regimegegner heimlich unterstützt, während Frédéric Joliot-Curie sich der Résistance anschließt. Für Gentner beginnt ein gefährliches Vabanque-Spiel, dessen Ausgang völlig offen ist. Er muss nach außen hin an dem deutschen Uranprojekt festhalten, während er gleichzeitig Frédéric und seine Kollegen im Widerstand schützt.
An den Lebensdaten von Gentner und dem Ehepaar Joliot-Curie ist unschwer zu erkennen, dass sie den Krieg überlebt haben. Canaris wird nach dem missglückten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 verhaftet und 1945 im KZ Flossenbürg zum Tode verurteilt und gehängt.
Meine Meinung:
Der Wissenschaftsjournalistin Astrid Viciano gelingt es ausgezeichnet das komplexe Thema der Kernspaltung so in die Handlung zu integrieren, dass wir Leser nicht im physikalischen und chemischen Fachvokabular untergehen. Sie schreibt die beklemmende und gefährliche Atmosphäre in den Pariser Forschungsstätten. Neben Frédéric Joliot-Curie haben sich noch weitere Wissenschaftler wie Jacques Solomon und Paul Langevin dem französischen Widerstand angeschlossen und sabotieren die Forschungsarbeiten unter anderem am Zyklotron. Daneben erfahren wir einiges über das Privatleben der Joliot-Curies.
Der Schreibstil ist sachlich. Da die Autorin immer wieder die Perspektive verschiedener Personen in den Fokus rückt, kommt es einige Male zu Redundanzen und Wiederholungen.
Fazit:
Diesem Buch, das seinen Fokus auf die historischen Ereignisse legt und daher auch von physikalischen Laien sehr gut lesbar ist, gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.